Verfassungsschutzreform Bosbach fordert Bündelung der Landesämter

CDU-Mann Bosbach: "Kein Systemversagen" bei Bundesbehörden
Foto: dapdBerlin - Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach, plädiert als Konsequenz aus der Mordserie des Neonazi-Trios für den freiwilligen Zusammenschluss kleinerer Landesämter für Verfassungsschutz. Statt der jetzt 16 seien neben dem Bundesamt acht oder neun Verfassungsschutzämter der Länder denkbar, sagte der CDU-Politiker in Interviews. Auf Landesebene sei nicht die Zahl der Verfassungsschutzämter entscheidend, sondern deren Schlagkraft und Effizienz. Denkbar sei ein Zusammengehen etwa in der Region Berlin-Brandenburg. Das müssten die Länder entscheiden, der Bund könne das nicht anordnen. Eine Konzentration der Verfassungsschutzaufgaben beim Bund lehnte Bosbach in Gesprächen mit ARD und Deutschlandfunk ab.
Zuvor hatte sich bereits Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) für eine Fusion der Verfassungsschutzämter ausgesprochen.
Ausdrücklich verteidigte Bosbach die Arbeit des Bundesverfassungsschutzes im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Zwickauer Terrorzelle. Auf Bundesebene gebe es überhaupt keinen Grund zur Annahme, dass gravierende Fehler gemacht worden seien oder sogar ein Systemversagen vorliege, so der CDU-Politiker im ARD-"Morgenmagazin".
Der von Bosbach geleitete Innenausschuss des Bundestags berät am Montagvormittag über die Folgen der Mordserie und mögliche Versäumnisse der Sicherheitsbehörden. Die Abgeordneten wollen in der Sondersitzung außerdem Klarheit über den aktuellen Ermittlungsstand bekommen.
An der Sitzung werden Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Generalbundesanwalt Harald Range und die Präsidenten von Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz, Jörg Ziercke und Heinz Fromm, teilnehmen. Erwartet wird auch Thüringens Verfassungsschutzpräsident Thomas Sippel. Die Landesbehörde steht wegen Fehlern bei ihrer Arbeit besonders in der Kritik. Bosbach hatte am Sonntag die Sicherheitsbehörden aufgefordert, in der Sitzung alle Erkenntnisse auf den Tisch zu legen. "Wir haben eine erhebliche Vertrauenskrise in unseren Verfassungsschutz. Und diese Krise darf nicht zur Staatskrise werden. Wer jetzt glaubt, etwas zurückhalten zu können oder zu relativieren oder zu beschönigen, hat den Ernst der Lage nicht begriffen."
Man sei erst am Anfang der Aufklärung, Analyse und "Fehlerermittlung dieser Pannenserie", sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger am Sonntag im ZDF.
Aus der SPD kam die Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Neonazi-Verbrechen. Man brauche nicht nur eine Aufklärung innerhalb der Geheimdienste und der Polizei, sagte Sigmar Gabriel am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "Es muss auch eine parlamentarische, eine öffentliche Aufklärung geben." Es gehe darum, an alle Geheimdienstakten zu kommen. "Wenn das ein Sonderermittler allein könnte, ginge das. Aber ich glaube, es wird eher auf einen Untersuchungsausschuss hinauslaufen."
Eine Mitschuld der etablierten Politik an der Ausbreitung rechtsextremen Gedankenguts sieht der Vorsitzende der antirassistischen Initiative "Gesicht zeigen", Uwe-Karsten Heye. Die konservativen Parteien hätten die Gefahr von rechts stets verniedlicht, sagte er der "Berliner Zeitung". Es habe seit der deutschen Einheit 140 Todesopfer rechter Gewalt gegeben, doch jetzt erst spreche der Bundesinnenminister von Rechtsterrorismus.