Orbán zu Merkel Ungarn möchte keine Asylsuchenden zurücknehmen

Freundlich im Ton, hart in der Sache: Viktor Orbán betont in Berlin, dass Ungarn an seiner Flüchtlingspolitik festhalten wird. Kanzlerin Merkel erklärt, die EU könne sich nicht einfach von der Not "abkoppeln".
Angela Merkel und Viktor Orbán

Angela Merkel und Viktor Orbán

Foto: AXEL SCHMIDT/ REUTERS

Viktor Orbán war deutlich bei seinem Besuch in Berlin. Ungarns Premier erklärte, sein Land werde keine Asylbewerber aufnehmen, die von Deutschland nach den Dublin-Regeln der EU zurückgeschickt werden.

Ungarn fühle sich "gar nicht verantwortlich für die Bearbeitung der Asylanträge", sondern stehe auf dem Standpunkt, dass dies "nichtregistrierte Flüchtlinge aus anderen Ländern, vor allem aus Griechenland, sind", sagte Merkel.

Hintergrund ist der Asylstreit in der Union, der CDU und CSU zuletzt beinahe entzweit hat. Innenminister Seehofer wollte im Alleingang durchsetzen, dass Asylbewerber an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden, wenn sie bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Er wollte damit die Zuwanderung nach Deutschland begrenzen. Kanzlerin Merkel hingegen setzte auf eine europäische Lösung oder viele binationale Vereinbarungen - Ungarn macht da, als ein Land von vielen, aber offenkundig nicht mit.

Deutschland und Ungarn seien beim Schutz der EU-Außengrenzen und der Fluchtursachenbekämpfung einer Meinung, betonte die Kanzlerin. Bei dem Gespräch seien aber auch "unterschiedliche Sichtweisen" zutage getreten. So sei die Bundesregierung im Gegensatz zum ungarischen Ministerpräsidenten der Auffassung, dass sich Europa nicht einfach von der Not der Flüchtlinge "abkoppeln" könne.

Ungarn fühlt sich ungerecht behandelt

Orbán erklärte hingegen, sein Land fühle sich durch die deutsche Wahrnehmung der ungarischen Migrationspolitik unfair behandelt. "Es verletzt uns, wenn wir von Deutschland beschuldigt werden, dass wir keine Solidarität zeigen." Die Solidarität bestehe darin, dass Ungarns Grenzpolizisten Tausende Migranten abwiesen, die andernfalls nach Deutschland reisten, sagt er.

Es war Orbans erster Besuch bei der Kanzlerin seit Mai 2014. Orban galt in der EU lange Zeit als schärfster Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik. Nach der Dublin-III-Verordnung ist im Regelfall das EU-Land für den Asylantrag zuständig, in dem ein Schutzsuchender erstmalig registriert wurde; oftmals sind das Mittelmeeranrainerstaaten wie Griechenland. Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa wenn jemand in einem anderen Staat Familienangehörige hat.

dop/Reuters/dpa
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