Gedenkgottesdienst für die ermordeten Herero und Nama in Berlin
Foto: HAYOUNG JEON/ EPA-EFE/ REX/ ShutterstockHeute wurden in einem Gedenkgottesdienst in Berlin zwischen den Kirchen in Namibia und Deutschland die sterblichen Überreste von Herero und Nama an die Delegation aus Namibia zurückgegeben.
Die Vernichtung der Herero war der erste Völkermord im 20. Jahrhundert, begangen von den deutschen Truppen im damaligen Deutsch Südwestafrika, heute Namibia, beginnend ab 1904.
Im Jahre 2004 habe ich als Ministerin der Bundesregierung unter Gerhard Schröder auf der Gedenkfeier aus Anlaß des 100. Jaherstages dieses Völkermordes vor Tausenden von Herero und Nama und auch Damerer in Namibia für die Bundesregierung gesprochen.
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Jahrgang 1942, war von 1987 bis 2013 SPD-Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Von 1998 bis 2009 war sie Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Ich habe zum ersten Mal den Begriff Völkermord verwandt und gesagt: "Vor hundert Jahren wurden die Unterdrücker - verblendet von kolonialem Wahn - in deutschem Namen zu Sendboten von Gewalt, Diskriminierung, Rassismus und Vernichtung. Wir Deutschen bekennen uns zu unserer historisch-politischen, moralisch-ethischen Verantwortung und zu der Schuld, die Deutsche damals auf sich geladen haben. Ich bitte Sie im Sinne des gemeinsamen "Vater unser" um Vergebung unserer Schuld."
Dieses Schuldbekenntnis hat der damalige Paramount Chief der Herero, Riruako, der nach mir sprach, ausdrücklich anerkannt.
Gleichzeitig habe ich damals eine "Versöhnungsinitiative" auch finanziell angestoßen, die insbesondere den Nachfahren der damaligen Opfer zugutekommen sollte.
Das ist jetzt 14 Jahre her. Völkermord verjährt nicht!
Es ist endlich an der Zeit, dass die Bundesregierung auch eine formelle Entschuldigung gegenüber den Menschen in Namibia ausspricht und dabei offiziell anerkennt, dass die Deutschen Truppen damals Völkermord an den Herero und Nama begangen haben.
Das sind wir den Nachfahren der Opfer schuldig! Das sind wir aber auch der historischen Wahrheit gegenüber unserer eigenen Geschichte schuldig.
Wer die Türkei, wie das im Deutschen Bundestag und auch in einer Erklärung des damaligen Bundespräsidenten Gauck geschehen ist, an ihre historische Verantwortung für den Völkermord an den Armeniern erinnert, der sollte doch als erstes auch die historische Verantwortung für den Völkermord an den Herero und Nama anerkennen, der während der deutschen Kolonialherrschaft ab 1904 begangen wurde.
Es braucht bei den Verhandlungen mit Namibia endlich auch die Teilnahme der Vertreter der Herero und Nama.Und es braucht endlich auch die Zusage einer umfassenden finanziellen Unterstützung der Regionen in Namibia, in denen die Nachfahren der damaligen Opfer heute leben.
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Vitjitua Ndjiharines Urgroßvater war deutscher Soldat in Deutsch-Südwestafrika. Nun ist die 29-jährige Künstlerin aus Namibia nach Deutschland eingeladen, um gemeinsam mit der Künstlerin Jacob Nashilongweshipwe Mushaandja and Nicola Brandt das koloniale Erbe aufzuarbeiten.
Im Hamburger Museum für Völkerkunde liegt ein Fotoschatz aus der deutschen Kolonialzeit. Die Bilder sind oft verstörend: Dieses Bild aus Namibia, damals Deutsch-Südwestafrika, stammt aus der Sammlung von Alexander von Hirschfeld. Es zeigt Mädchen mit Kriegsgefangenenmarken.
Ebenfalls aus der Sammlung Hirschfeld stammt das Foto von der Frau beim Gleisbau.
Der Kolonialhistoriker Jürgen Zimmerer erklärt, auch bei der Zwangsarbeit seien viele Herero umgekommen. Noch heute finde man entlang der alten Bahntrassen, welche die Deutschen in Namibia bauen ließen, Knochen von verscharrten, an Erschöpfung gestorbenen Männern und Frauen.
Besonders wertvoll aus historischer Sicht sind Bilder, die Herero in ihrer Tracht aus der Zeit vor dem Völkermord zeigen.
Als Volk von Viehzüchtern bestand die traditionelle Kleidung und der Schmuck überwiegend aus Knochen und Tierhäuten.
Ein Mensch als Ding: "Auf einem Foto steht ein weißer Mann stolz im Vordergrund, dahinter, aufgereiht vor einer Hütte, Werkzeuge und ein einheimischer Herero. Wie ein Ding, im Besitz des weißen Herren", sagt Ndjiharine. "Diese Haltung ermöglichte Konzentrationslager und schließlich auch den Völkermord."
Die Deutschen zerstörten zu großen Teilen auch die eigene Kultur der Herero und Nama. Die Überlebenden schufen sich eine neue Herero-Identität - und in der fanden sich sowohl britisch-viktorianische Kleider als auch deutsche Uniformelemente wieder.
Deutscher Herr, Hund und eine Flasche Cognac: Manche Bilder sollten auch vermitteln, dass es in Deutsch-Südwestafrika, wo Abertausende Einheimische ermordet wurden, typisch deutsch und gemütlich zuging.
Die Fotos entstammen dem Archiv des Völkerkundemuseums in Hamburg, in dem Ndjiharine für die nächsten Monate arbeiten wird. Schon vor ihrer Reise nach Deutschland hat sie Bilder aus der Kolonialvergangenheit in Collagen verarbeitet.
Als Ndjiharine ihren Vater das erste Mal nach der Kolonialzeit fragte, sagte der: Die Weißen nahmen uns unseren Glauben. Sie gaben uns Bibeln, sagten, wir sollen die Augen schließen. Dann nahmen sie uns das Land weg.
Herrenmenschen, erniedrigte Herero und Nama: Für ihre Collagentechnik nennt die namibische Künstlerin die Deutsche Hannah Höch als Vorbild.
Neben der Collagenkunst will sich Ndjiharine auch durch Malerei dem Kolonialthema widmen. Zusammen mit einer Videokünstlerin und einer Doktorandin arbeitet sie an dem Projekt "Visual History of the Culutural Genocide", das auch in Namibia gezeigt werden soll.
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