Ärger um Volker Wissing Jetzt mischt sich auch die SPD in den grün-gelben Dieselstreit ein

Die künftigen Regierungsparteien scheinen sich in der Verkehrspolitik zu verhaken, noch vor dem Start der Ampel. Die Grünen zeigen sich empört über den designierten FDP-Minister – und die SPD heizt den Streit noch an.
Der designierte Verkehrsminister Volker Wissing, hier noch auf dem Weg zu den Koalitionsverhandlungen

Der designierte Verkehrsminister Volker Wissing, hier noch auf dem Weg zu den Koalitionsverhandlungen

Foto: Chris Emil Janssen / imago images/Chris Emil Janßen

Der Vorstoß des künftigen Verkehrsministers Volker Wissing (FDP) für niedrigere Kfz-Steuern auf Dieselautos belastet zunehmend die künftige Ampelkoalition. Nachdem sich zunächst die Grünen über Wissing empört hatten, geht nun auch die SPD auf Distanz – stößt mit ihrer Begründung zugleich aber die Ökopartei vor den Kopf.

Im Koalitionsvertrag sei lediglich vorgesehen, dass die Kfz-Steuer überprüft werde, falls die Abgaben auf den Dieselkraftstoff steigen, sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post der »Welt«. »Der Koalitionsvertrag  sieht nicht vor, dass die Steuern auf Dieselkraftstoff erhöht werden.«

Das wiederum dürfte die Grünen auf die Palme bringen – sie rechnen fest damit, dass die Energiesteuer auf Diesel steigt, so sei es vereinbart. »Der Koalitionsvertrag sieht eine Angleichung der Diesel- an die Benzinkosten vor«, sagte der Grünen-Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar dem SPIEGEL.

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Dem habe die FDP zugestimmt, daran werde sich auch Wissing halten müssen, betonte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Über eine Neufassung der Kfz-Steuer müsse überdies das Parlament entscheiden. Im Koalitionsvertrag sei lediglich ein Prüfauftrag formuliert.

Dass nun möglicherweise die SPD von höheren Dieselsteuern nichts wissen will, erschwert die Lage für die Grünen. Und es verstärkt den Eindruck, dass Sozialdemokraten und Liberale gerade beim Thema Verkehr gemeinsame Sache gegen sie machen .

Wissings Worte falsch verstanden?

Wissing hatte in der »Bild«-Zeitung vom Samstag vor zusätzlichen Belastungen für Dieselfahrzeuge und deren Fahrer gewarnt und gesagt: »Die FDP wird dafür Sorge tragen, dass höhere Energiesteuern auf Dieselkraftstoffe durch geringere Kfz-Steuern ausgeglichen werden.« Besonderes Augenmerk gelte den kleinen Unternehmen, die auf Dieselfahrzeuge noch angewiesen seien. Konkret nannte Wissing Lieferdienste und Handwerker.

Die Grünen hatten sich darüber empört, obwohl Wissing höhere Diesel-Kraftstoffsteuern nicht explizit infrage gestellt hatte, sondern nur einen möglichen Ausgleich über die Kfz-Steuer angesprochen hatte, der im Koalitionsvertrag auch erwähnt wird. »Das gibt der Koalitionsvertrag so nicht her«, sagte Grünenpolitiker Gelbhaar aber.

Die Ampelparteien hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine vage formulierte Aussage geeinigt: »Mit der Umsetzung der EU-Energiesteuerrichtlinie, die u.a. die steuerliche Angleichung von Dieselkraftstoff und Benzin vorsieht, werden wir die steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeugen in der Kfz-Steuer überprüfen.«

Kritik an Wissing kam auch vom Sprecher für Bahnpolitik in der Grünen-Bundestagsfraktion, Matthias Gastel. Er schrieb auf Twitter: »Ein zukünftiger Ampel-Verkehrsminister sollte zuvorderst Anwalt für Bahn, Bus und Fahrrad sein.« Er solle auf alternative, innovative Antriebe setzen »statt rückwärtsgewandt und zukunftsvergessen auf fossile Kraftstoffe«.

Baden-Württembergs grüner Landesverkehrsminister Winfried Hermann verwies ebenfalls auf den Koalitionsvertrag. Darin stehe »im Zusammenhang mit der Angleichung der Diesel- und Benzinsteuer nur ein Prüfauftrag, aber kein Auftrag, die Kfz-Steuer zu senken«, sagte Hermann der »Welt«. »Der designierte Verkehrsminister sollte sich zuallererst Sorgen machen, wie im Verkehrssektor der CO₂-Ausstoß gesenkt werden kann und wie Dieselfahrzeuge durch emissionsfreie Fahrzeuge ersetzt werden können«, riet er Wissing.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag, Julia Willie Hamburg, sagte der Zeitung: »Dass sich der designierte Verkehrsminister bereits als Anwalt der Autos bezeichnet und Dieselpreise sowie Kfz-Steuern für Verbrenner senken möchte, ist ein Schlag ins Kontor der Ampelregierung, die noch nicht einmal ihre Arbeit aufgenommen hat.« Sie fügte hinzu: »Ein solches Agieren ist polarisierend und nicht vereinend.«

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An der grünen Basis und bei vorgeblichen Grünen-Wählerinnen und -Wählern kochte am Wochenende die Wut auf Wissing ebenfalls hoch – aber auch auf die eigene Parteiführung, die das Verkehrsministerium den Liberalen überlassen hatte. Dabei übersahen die meisten, dass Wissing sich eher vage eingelassen hatte und die geplante höhere Dieselkraftstoffsteuer im Grunde gar nicht infrage gestellt hatte, sondern sie eher als gegeben darstellte.

nis/AFP
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