Streit um Vorratsdatenspeicherung EU-Kommission verklagt Deutschland

Brüssel hat seine Drohung wahr gemacht: Die EU-Kommission zieht Deutschland im Streit um die Vorratsdatenspeicherung vor Gericht. Damit will sie die Bundesregierung zu einer Neuregelung zwingen. Die schwarz-gelbe Koalition ist in der Frage seit Monaten zerstritten.

Brüssel/Berlin - Im Streit um die Vorratsdatenspeicherung verklagt die EU-Kommission Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof. Die Brüsseler Behörde verlangt eine Geldbuße, weil Berlin das EU-Gesetz nicht in nationales Recht übertragen und damit europäisches Recht verletzt habe. Das teilte die Kommission am Donnerstag mit. Die schwarz-gelbe Koalition ist in Sachen Vorratsdatenspeicherung seit Monaten blockiert.

Die EU-Richtlinie von 2006 schreibt die vorsorgliche Speicherung von Telefon- und Internetdaten der Bürger zu Fahndungszwecken vor. Seitdem das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz 2010 gekippt hat, streiten Union und FDP um eine Neufassung. Berlin hatte eine von der EU-Kommission gesetzte Frist verstreichen lassen. Mit einer Klage will die EU-Kommission nun die Bundesrepublik zwingen, ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorzulegen.

Die europäische Richtlinie von 2006 sieht die Speicherung von Telefon- und Internetdaten zu Fahndungszwecken vor. Die Union dringt gemäß den EU-Regeln auf eine sechsmonatige generelle Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus.

Innenminister Friedrich drängt auf Einigung

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will Internet- und Telefonverbindungsdaten hingegen nur bei konkreten Anlässen speichern lassen - IP-Adressen von Computern sollen pauschal sieben Tage lang gesichert werden. Das von Leutheusser-Schnarrenberger vorgelegte "Quick-Freeze-Verfahren" akzeptiert die EU-Kommission jedoch nicht.

Am Ende der Klage könnte ein Bußgeld gegen Deutschland in Millionenhöhe stehen. Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge sind keine Seltenheit - gegen Deutschland laufen mehr als 70, darunter ist die Klage wegen des VW-Gesetzes.

Nach der Klageerhebung sieht Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) einen erhöhten Druck auf die schwarz-gelbe Koalition, zu einer Einigung zu kommen. Die nun drohenden Strafzahlungen könnten verhindert werden, wenn die Bundesjustizministerin einlenke, sagte Friedrich am Donnerstag am Rande der Innenministerkonferenz in Göhren-Lebbin.

vme/ler/dpa/AFP
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