Vorratsspeicherung Bundestag verschärft Datenkontrolle

Der Bundestag hat das umstrittene Gesetz zur Datenvorratsspeicherung verabschiedet. Auch die Telefonüberwachung wird neu geregelt. Sobald der Bundesrat das Gesetz passieren lässt, will eine Gruppe von FDP-Politikern klagen.

Berlin - Sämtliche Verbindungsdaten aus der Telefon- und Internetnutzung in Deutschland werden ab dem kommenden Jahr ein halbes Jahr lang gespeichert. Der Bundestag verabschiedete am Freitag in namentlicher Abstimmung das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, mit dem eine EU-Richtlinie umgesetzt wird. Mit Ja votierten 366 von 524 Abgeordneten, mit Nein 156. Es gab zwei Enthaltungen.

Die Neuregelung, mit dem auch die Telekommunikationsüberwachung neu geregelt wird, ist bei Opposition und Datenschützern auf heftige Kritik gestoßen. Die Koalition verteidigte das neue Gesetz. Die Verbindungsdaten würden bereits derzeit für drei Monate gespeichert, sagte Justizministerin Brigitte Zypries. Auch ein Zugriff der Ermittlungsbehörden darauf sei schon jetzt möglich.

Festgehalten werden sollen Rufnummer, Beginn und Ende der Verbindung, Datum und Uhrzeit sowie bei Handy-Telefonaten und SMS auch der Standort des Benutzers.

Der zweite Teil des Gesetzes beschäftigt sich mit Überwachungsmaßnahmen in der Strafverfolgung. Voraussetzung ist, dass die Behörden den Verdacht auf eine Straftat von "erheblicher Bedeutung" haben. Ist der "Kernbereich privater Lebensführung" betroffen, darf nicht abgehört oder das Abgehörte nicht verwendet werden.

Vorratsdatenspeicherung

In der emotional geführten Debatte prallten die Gegensätze heftig aufeinander. Redner der Opposition überzogen Union und SPD mit Fundamentalkritik und schweren Vorwürfen. "Sie führen uns mit diesem Gesetz in den absoluten Überwachungsstaat", warf der Grünen-Rechtspolitiker Jerzy Montag der Koalition vor. "Die Bürger werden unter Generalverdacht gestellt", kritisierte der Redner Jörg van Essen für die FDP. Mehrere FDP-Politiker haben bereits angekündigt, gegen das Gesetz vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, sobald der Bundesrat es hat passieren lassen. Für die Linkspartei sprach der Abgeordnete Jan Korte von einem der größten Eingriffe in die Pressefreiheit, bei dem Missbrauch vorprogrammiert sei.

Zypries und der CDU-Experte Siegfried Kauder verteidigten dagegen das Gesetz als richtige Abwägung zwischen Strafverfolgung und Datenschutz, da es nur bei schweren Straftaten und mit richterlicher Genehmigung angewandt werde. Für Berufsgruppen wie Journalisten bedeute die neue Regelung sogar eine Verbesserung ihrer Rechtslage, sagte Kauder. "Wir wollen nicht den gläsernen Menschen, wir wollen den gläsernen Verbrecher." Zypries betonte, die EU-Richtlinie sei als Reaktion auf die Anschläge auf Vorortzüge in Madrid 2004 angeregt worden, deren Urheber durch Einsicht in Telefondaten ermittelt worden seien.

sev/ddp/Reuters/dpa

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