Wachstumsbeschleunigungsgesetz Kabinett beschließt Entlastung für Familien und Unternehmen

Vizekanzler Westerwelle, Kanzlerin Merkel (im Oktober): Drittes Konjunkturpaket gebilligt
Foto: ddpBerlin - Der Entwurf für das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist das dritte Konjunkturpaket, das Deutschland innerhalb eines Jahres gegen die Wirtschaftskrise auflegt.
Zu den Maßnahmen gehört eine Erhöhung des Kindergeldes um je 20 Euro. Für das erste und das zweite Kind gibt es damit vom kommenden Jahr an monatlich 184 Euro, für das dritte 190 Euro und für jedes weitere je 215 Euro. Auch eine Erhöhung des Kinderfreibetrages auf 7.008 Euro ist vorgesehen. Außerdem sollen "krisenverschärfende Elemente" der Unternehmensteuerreform "abgemildert" werden. Unter anderem wird ein Wahlrecht zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter mit einem sofortabzugsfähigen Betrag bis zu 410 Euro eingeführt. Firmenerben werden entlastet, die Umstrukturierung in Konzernen bei der Grunderwerbssteuer erleichtert. Auf Druck der CSU sinkt der Mehrwertsteuersatz im Hotelgewerbe von derzeit 19 auf 7 Prozent.
Dieses Steuerprivileg kostet den Staat Einnahmeausfälle von fast einer Milliarde Euro. Kritiker solcher Steuernachlässe monieren, dass die Vergünstigungen selten komplett an Verbraucher in Form günstigerer Preise weitergereicht werden und lediglich die Anbieter profitieren. Die CSU begründet die Pläne mit dem europäischen Wettbewerb.
Noch am Nachmittag wollten auch die Koalitionsfraktionen von Union und FDP die Gesetzespläne beschließen, um die Beratungen zu beschleunigen und eine endgültige Verabschiedung noch in diesem Jahr zu ermöglichen. Das Gesetz muss noch durch Bundestag und Bundesrat und soll am 1. Januar in Kraft treten.
Scharfe Kritik aus den Bundesländern
Schon die schwarz-rote Vorgängerregierung hatte Steuerentlastungen von bis zu 14 Milliarden Euro vom kommenden Januar an beschlossen. Allein Arbeitnehmer haben fast 10 Milliarden Euro mehr Geld, weil die steuerliche Absetzbarkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung verbessert wurde. Union und FDP planen von 2011 an weitere Entlastungen und eine Einkommensteuerreform. Insgesamt strebt Schwarz-Gelb Steuersenkungen von jährlich bis zu 24 Milliarden an.
Aus den Bundesländern und von Kommunalverbänden kam zuletzt massiv Kritik an den Steuersenkungsplänen der neuen Koalition. Auch CDU-geführte Landesregierungen verweisen auf die zusätzlichen Einnahmeausfälle in ihren Etats. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuletzt eine faire Lastenteilung zugesagt.
Von den bis zu 8,48 Milliarden Steuerausfällen im Jahr entfallen laut dem Gesetzentwurf 4,63 Milliarden Euro auf den Bund. Rund 2,28 Milliarden müssen die Länder schultern und etwa 1,57 Milliarden die Gemeinden. Es wird erwartet, dass die Entlastungen nicht schon 2010 voll wirksam werden. Sie werden zunächst mit knapp 6,1 Milliarden veranschlagt. Schon 2011 sollen sie dann auf mehr als 8,2 Milliarden klettern und in den Folgejahren nochmals steigen.
Seehofer stellt FDP-Steuerpläne in Frage
Zuvor hatte sich in der schwarz-gelben Koalition der Streit um die Steuerreform verschärft. CSU-Chef Horst Seehofer hat die FDP-Pläne für die Einführung eines Steuerstufentarifs angezweifelt:Zwar sei die Einführung eines Stufentarifs vereinbart worden, sagte Seehofer der "Financial Times Deutschland". Allerdings bestehe die Gefahr, dass Teile der Bevölkerung mehr bezahlen müssten als heute. Um diesen Effekt zu vermeiden, sei viel Geld nötig.
Scharfe Kritik an den Steuerentlastungsplänen der Regierung kommt von den Grünen. "Schwarz-Gelb betreibt reine Klientelpolitik. Die Steuern sollen für Reiche gesenkt werden, wachsende Kinderarmut nimmt Schwarz-Gelb billigend in Kauf", sagte Renate Künast, Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, der "Passauer Neue Presse". Die geplante Erhöhung der Kinderfreibeträge öffne "die Schere zwischen armen und reichen Kindern immer weiter". Höhere Kinderfreibeträge würden nur den Gut- und Höchstverdienern nutzen. Vom erhöhten Kindergeld werde kein Cent bei Hartz-IV-Beziehern landen, weil das Kindergeld voll angerechnet werde.
"Eine gute und gerechte Kinderpolitik sieht anders aus: Sie muss alle Kinder gleich behandeln und vor allem in gute Bildung und Entwicklung investieren", sagte Künast weiter. "Viele und gute Kindergartenplätze, mehr Personal und gutes Essen, das brauchen Deutschlands Kinder."