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Rüstung: Deutsche Exportschlager

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Waffenexporte Deutschland rüstet die Welt auf

Maschinenpistolen, Panzer, Kampfjets: Rund um den Globus reißen sich Armeen um Waffen made in Germany. Deutschland ist mittlerweile zum drittgrößten Rüstungsexporteur der Welt aufgestiegen. Firmen wie Krauss-Maffei Wegmann und Heckler & Koch machen das große Geld - mit Hilfe der Bundesregierung.

Berlin - Sie heißen "Leopard", Typ 214 oder MP5. Es sind die Exportschlager der deutschen Rüstungsindustrie: Panzer, U-Boote und Maschinenpistolen, alles made in Germany. Firmen wie Krauss-Maffei Wegmann, ThyssenKrupp Marine Systems oder Heckler & Koch machen das große Geld mit Waffen für die Welt - und die Bundesregierung unterstützt sie kräftig dabei:

  • Zum Beispiel Indien. 126 Kampfjets will das kräftig aufrüstende Land kaufen. Es geht um elf Milliarden Euro, potentielle Verkäufer stehen Schlange. Erst im vergangenen Herbst waren Außenminister Guido Westerwelle und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (beide FDP) vor Ort und warben für den "Eurofighter". Im Februar stattete auch der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Indien einen entsprechenden Besuch ab.
  • Zum Beispiel Griechenland. Das hochverschuldete Euro-Land greift besonders gern auf Waffen made in Germany zurück, egal ob topmoderne U-Boote der Klasse 214 oder "Leopard"-Kampfpanzer. Schon seit einigen Jahren trägt man sich in Athen mit dem Gedanken, "Eurofighter" zu bestellen. Die Deutschen würden gern liefern. Und so bot Außenminister Westerwelle bei seinem Griechenland-Besuch im Februar 2010 eine skurrile Vorstellung: Einerseits mahnte er die griechischen Freunde zur Eindämmung ihres Haushaltsdefizits; andererseits warb er für den deutschen Kampfjet.

In Deutschland arbeiten rund 80.000 Menschen für die Rüstung. Die Rechnung ist einfach: Brummt der Export, sind die Arbeitsplätze gesichert. Aufs Ausland kommt es an. Denn die Bundeswehr taugt nicht mehr als alleiniger Abnehmer, Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) muss bis zum Jahr 2015 insgesamt rund acht Milliarden Euro in seinem Etat einsparen. Für sogenannte "Goldrandlösungen" - speziell für die deutsche Armee entwickelte und angefertigte Produkte - ist da kein Spielraum mehr. Mehr noch: Auch die Bundeswehr selbst mischt immer mehr im internationalen Waffengeschäft mit, verkauft etwa Panzer aus Altbeständen.

Schon im letzten Winter gingen im bayerischen Manching 2000 Beschäftigte der EADS-Rüstungssparte Cassidian ("Eurofighter") auf die Straße, um gegen die geplanten Kürzungen im Wehretat zu protestieren. Die IG Metall warnte vor dem Verlust Tausender Jobs. Ansonsten ruft die Gewerkschaft natürlich prominent zu den Ostermärschen auf: "Frieden schaffen ohne Waffen" und "Abrüstung jetzt!", hieß es etwa in diesem Jahr beim DGB.

Deutschland rüstet sich nach vorn

Politik paradox - auch auf höchster Ebene. Die rot-grüne Bundesregierung verordnete sich im Januar 2000 neue "politische Grundsätze" für den Waffenexport. Darin steht gleich im ersten Satz das plakative Bekenntnis, man wolle die "Rüstungsexportpolitik restriktiv" gestalten. Der Chef einer deutschen Waffenschmiede klagte kürzlich mit neidvollem Blick auf die offiziell exportfreudigen Franzosen: "Wir sind die Schmuddelkinder und die die Helden."

Wirklich? Die Wirkung der angeblich restriktiven politischen Grundsätze zeigt eher das Gegenteil:

  • Elf Jahre nach Verabschiedung der Richtlinien ist Deutschland nach Recherchen des anerkannten Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri vom fünften auf den dritten Platz im internationalen Rüstungshandel vorgerückt.
  • Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat sich der deutsche Export verdoppelt.
  • Der Weltmarktanteil der Deutschen stieg für den Zeitraum 2006 bis 2010 auf rund elf Prozent - darunter viele Rüstungsgeschäfte, die noch von der rot-grünen Bundesregierung durchgewunken wurden. Nur noch Amerikaner (30 Prozent) und Russen (23 Prozent) exportieren mehr.

Im Grundgesetz heißt es zwar: Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz." Deutschland hat sich ein Kriegswaffenkontrollgesetz gegeben. Im Normalfall entscheidet das Wirtschaftsministerium über den Export, in strittigen Fragen der Bundessicherheitsrat - ein hochrangiges Gremium, dem unter anderem die Kanzlerin, der Verteidigungs- und Außenminister angehören. Einmal im Jahr gibt es den Rüstungsexportbericht.

Doch die vermeintlich strengen Regelungen gebieten der Aufrüstung der Welt durch Deutschland keinen Einhalt. Der Bundestag darf bei Rüstungsexporten gar nicht erst mitreden. Wichtigste Abnehmer für deutsche Rüstung waren in den Jahren 2006 bis 2010 laut Sipri:

  • Griechenland (mit einem Anteil von 15 Prozent),
  • Südafrika (elf Prozent),
  • Türkei (zehn Prozent),
  • Südkorea (neun Prozent),
  • und Malaysia (sieben Prozent).

Für 2009 weist der deutsche Rüstungsexportbericht Ausfuhrgenehmigungen im Wert von insgesamt rund sieben Milliarden Euro aus; im Vorjahr waren es 1,3 Milliarden mehr. Der Anteil der Kriegswaffen wie Panzer oder U-Boote darunter wird auf 1,33 Milliarden Euro für 2009 beziffert. Der Restbetrag verteilt sich auf unzählige Produkte. Manche von ihnen erscheinen auf den ersten Blick nicht als Waffen: einzelne Komponenten wie Wärmebild- oder Navigationsgeräte.

Die Bundesregierung verortet gut die Hälfte der Exportgenehmigungen auf Nato- und EU-Staaten, bedeutendste Drittstaaten sind neben Südafrika die Vereinigten Arabischen Emirate, Brunei, Südkorea, Saudi-Arabien, Singapur und das derzeit massiv aufrüstende Brasilien.

Wie Deutschland den Diktator Gaddafi ausstattete

Die schwarz-gelbe Regierung wollte sogar noch einen Schritt weitergehen. So hatte sie es sich jedenfalls vorgenommen. Im Koalitionsvertrag ist von "verantwortungsbewusster Genehmigungspolitik" die Rede, angestrebt werde die "Harmonisierung mit der Genehmigungspolitik der anderen EU-Staaten auf hohem Niveau". Heißt im Klartext: Weil die Bundeswehr nicht mehr wie in früheren Zeiten einkaufen kann, muss der Export angekurbelt werden. Es ist auch das Argument der Gewerkschaften.

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Internationale Rüstung: Die größten Waffenschmieden und ihre Kunden

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Und natürlich das der Unternehmer. "Die deutsche wehrtechnische Industrie ist auf eine substantielle Exportunterstützung angewiesen", erklärte der Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) im November 2010. "Ohne die Unterstützung der Politik kommen wir bei keinem unserer Projekte in Zukunft weiter", so Cassidian-Chef Stefan Zoller.

Zuletzt aber kamen kritischere Signale aus der Regierung. "Ich möchte nicht die Hoffnung nähren, dass die Bundesregierung die Exportlinien für Rüstungsgüter ausweiten wird", erklärte Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey (CDU) laut "Handelsblatt" Ende März.

Ein Meinungsumschwung? Unklar.

Bisher jedenfalls hat die Politik die Unternehmen gefördert, wo es nur ging. Ein Beispiel: Im Jahr 2009 wurden nach Recherchen der "Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung" (GKKE) staatliche Ausfallbürgschaften für deutsche Rüstungstransfers in Höhe von rund 1,92 Milliarden Euro gewährt, im Jahr 2008 waren es lediglich 21 Millionen Euro - sogenannte Hermes-Kredite. Pikant: Sie deckten auch Deals mit Libyen ab.

Bis Oktober 2004 galt ein EU-Waffenembargo gegen Libyen. Im Jahr darauf lieferten deutsche Firmen für 300.000 Euro Geländewagen, 2006 waren es schon fast zwei Millionen für militärisches Gerät, 2007 bereits knapp 24 Millionen, 2008 nur vier Millionen, aber 2009 dann mehr als 53 Millionen Euro. Unter anderem bekam Gaddafi wohl moderne Abschussanlagen für Panzerabwehrraketen vom Typ Milan 3, Kommunikationstechnik, Radartechnologie fürs Gefechtsfeld und Störsender.

Produkte, die dem Diktator jetzt im Kampf gegen die Rebellen nützlich sein könnten.

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