Wahlerfolg in Bayern FDP feiert Wiedergeburt
München- Sabine Leutheusser-Schnarrenberger strahlt, das Wahlergebnis ihrer Partei beglückt sie. "Ich sage das mal ganz unbescheiden. Ich bin die erfolgreichste Landesvorsitzende in der bayerischen FDP seit 1948", erklärt sie im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.
Für die 57-Jährige ist es ein besonderer Abend. Sie weiß, dass das Ergebnis auch ihre eigene Position in der Bundes-FDP gestärkt hat. Leutheusser-Schnarrenberger und ihr linksliberaler Kurs - der war in der Partei Guido Westerwelles nicht immer beliebt. Als die FDP-Politikerin beim Bayerischen Rundfunk steht, wird auf einem Bildschirm Westerwelles umjubelter Auftritt in der Berliner FDP-Zentrale gezeigt. Er spricht von "mehr Freiheit zur Verantwortung" und davon, dass das "permanente Drücken und Belasten der Mittelschicht ein Ende haben muss". Westerwelle hat sich engagiert im Wahlkampf - die Festzelte waren voll. Es ist auch sein Erfolg.
Die FDP ist erstmals seit 1994 wieder im bayerischen Landtag - und hat eines der besten Ergebnisse eingefahren in ihrer Geschichte im Freistaat. Leutheusser-Schnarrenberger freut vor allem eines: "Der Nimbus der CSU ist weg".
Dass die Liberalen ihre Wiederauferstehung feiern und noch dazu unter der früheren Bundesjustizministerin, das war im Jahr 2000 nicht absehbar. Damals setzte sich Leutheusser-Schnarrenberger knapp in einer Kampfabstimmung als FDP-Landeschefin durch. Sie übernahm eine zutiefst zerstrittene Truppe, kaum jemand gab den Liberalen noch eine Chance. Vor fünf Jahren kamen sie bei den Landtagswahlen auf magere 2,6 Prozent. Die Partei wurde belächelt, sie schien auf dem Weg ins Nichts.
An diesem Sonntagabend erinnert Leutheusser-Schnarrenberger an jene Zeit: "Ich habe acht schwierige Jahre hinter mir", sagt sie im Maximilianeum. Jetzt sei die Partei geschlossen, habe bei den letzten Bundestags- und zuletzt im Frühjahr bei den Kommunalwahlen gezeigt, dass sie wieder da sei.
Die CSU braucht die FDP plötzlich
FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil und die frühere Bundesministerin sind nun in einer neuen Rolle - als mögliche Koalitionspartner der CSU. Ausgelassen feiern Mitglieder und Anhänger im Hofbräukeller, einige hundert Meter vom Landtag entfernt. Sie ahnen: Der Absturz der einst alleinregierenden Partei könnte die FDP bald in die Staatskanzlei hineinbringen. Dann gäbe es in Deutschland neben Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen eine vierte schwarz-gelbe Koalition.
Doch über solche nahe liegenden Zukunftsvisionen will die FDP-Landesvorsitzende an diesem Wahlabend nicht reden. Ihre Partei sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, das habe man vor dem Urnengang erklärt. "Es ist jetzt an der CSU, sich zu bewegen", wiederholt sie ihren Standardsatz.
Es gibt noch eine andere Variante - eine Vierer-Koalition aus SPD, Grünen, Freien Wählern und der FDP. Doch da bleibt Leutheusser- Schnarrenberger skeptisch. Die Spitzenkandidaten von SPD und Grünen, Franz Maget und Sepp Daxenberger, hätten ja selbst einer solchen Konstellation nur eine Überlebenschance von einem Jahr gegeben. "Sie haben selbst damit gesagt, dass das keine Zukunft hat." Die FDP stehe für "Experimente nicht zur Verfügung".
Söder spricht sich für FDP aus
Bei der CSU ist an diesem Abend viel vom "bürgerlichen Lager" zu hören - zu denen die FDP und die Freien Wähler gezählt werden als hätten sie einen Raubzug übernommen. Nehme man diese beiden Parteien hinzu, dann käme man in etwa auf das Ergebnis der CSU von 2003, sagt CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer.
Noch ist nicht ausgemacht, mit wem die CSU koalieren wird. Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein erklärt im ZDF, "wir werden mit SPD, FDP und Freien Wählern zu reden haben". CSU-Bundes- und Europaminister Markus Söder wird da deutlicher. Er erklärt an diesem Abend, eigentlich biete sich "nur die FDP als halbwegs verlässlicher Partner an".
Leutheusser-Schnarrenberger hat sich viel im Wahlkampf von der CSU anhören müssen. Beckstein nannte ihre Partei in den vergangenen zwei Wochen immer wieder ein "Sicherheitsrisiko". Die Angriffe zeigten nicht jene Wirkung, die sich die CSU-Zentrale in der Nymphenburgerstraße erhoffte. "Die Bürgerinnen und Bürger haben gesehen, dass das totaler Schwachsinn ist", sagt Leutheusser-Schnarrenberger. Die Kampagne sei Beckstein "voll auf die Füße gefallen".
Sind da persönliche Verletzungen geblieben? "Jetzt wird er sehen müssen, dass er wieder eine gute Gesprächsebene herstellt", sagt Leutheusser-Schnarrenberger - und leistet sich einen kleinen Seitenhieb gegen die angeschlagene Konkurrenz: "Zunächst einmal müssen sie sortieren, wer bei der CSU noch telefonieren kann".