Wahlerfolg
Ströbele holt erstmals Direktmandat für Grüne
Zum ersten Mal in der Geschichte der Partei zieht ein Kandidat der Grünen mit Direktmandat in den Bundestag ein: der Innenpolitiker Hans-Christian Ströbele - dem die eigene Partei einen sicheren Listenplatz versagte.
Berlin - Der Grünen-Bundestagabgeordnete Hans-Christian
Ströbele verpasste am Sonntagabend zunächst den Beifall seines
Lebens. Bei der Wahlparty der Grünen im Tempodrom in Berlin-Kreuzberg
brachen rund 3000 Anhänger der Partei mehr als ein Dutzend Mal in
Jubel aus. Der 63-Jährige holte im Wahlbezirk Friedrichshain-
Kreuzberg das erste Direktmandat in der Geschichte der Partei.
Der 63-jährige Rechtsanwalt erreichte nach der
Auszählung des größten Teils der abgegebenen Stimmen 31,5 Prozent.
Sein härtester Konkurrent, Berlins SPD-Landesvize Andreas Matthae,
lag mit knapp 30 Prozent auf dem zweiten Platz. Abgeschlagen auf dem
dritten Platz erreichte die PDS-Kandidatin Bärbel Grygier 21 Prozent.
Im Frühjahr war Ströbele bei seiner Kandidatur für den
aussichtsreichen zweiten Platz der Berliner Landesliste gescheitert.
Die Parteimitglieder stellten stattdessen den früheren DDR-
Bürgerrechtler Werner Schulz auf. Ströbele entschied sich daraufhin,
auf direktem Weg um seinen Wiedereinzug in den Bundestag zu kämpfen.
Ströbele, Innenexperte seiner Partei und profiliertes Mitglied im CDU-Spenden-Untersuchungsausschuss, gilt als entschiedener Pazifist und
Vertreter des linken Partei-Flügels. Im Bundestag sorgte er mehrfach
für Aufsehen. Er sprach sich vehement gegen die Beteiligung
Deutschlands am Afghanistan-Einsatz aus und verweigerte Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD) auch bei dessen Vertrauensfrage dazu die
Gefolgschaft.
An der Siegesfeier wollte Ströbele zunächst nicht teilnehmen. Am Freitag war er
an seinem Wahlkampfstand von einem Rechtsradikalen angegriffen und
verletzt worden. Deswegen blieb der Politiker am Wahlabend zu Hause. Erst in den gegen Mittrernacht hielt er es dort nicht mehr aus. Für eine kurzen Auftritt vor seinen jubelnden Parteifreunden stellte er die Ruhe-Verordnung seiner Ärzte hintenan.