Wahlkämpfer Böhrnsen Das Pokerface von der Weser
Bremen - Wahlkampf in Bremen sei eben anders, sagt Bürgermeister Jens Böhrnsen gerne, wenn er auf den meist hanseatisch zurückhaltenden und höflichen Umgang der Parteien miteinander angesprochen wird. Schmutzige Wäsche wird an der Weser sogar im Endspurt vor der Bürgerschaftswahl am kommenden Sonntag nicht gewaschen.
Anders ist der Wahlkampf in Bremen deshalb auch, wenn es darum geht, wie nach dem Votum im Rathaus weiterregiert wird. Denn immerhin schon zwölf Jahre arbeiten SPD und CDU zusammen. Dabei ist eine Große Koalition eigentlich eine befristete Lösung, oder wie Böhrnsen es einmal sagte: ein Ausnahmefall der Demokratie.
Anderswo würde der Ministerpräsident beharrlich gefragt werden, mit wem er denn in der nächsten Legislaturperiode zusammenarbeiten will - für die Wähler doch sonst ein wichtiger Aspekt bei der Entscheidung, wo er auf dem Stimmzettel sein Kreuz macht.
Doch der SPD-Mann Böhrnsen lässt sich nicht in die Karten schauen. Seit Beginn des Wahlkampfes setzt er quasi ein Pokerface auf, wenn es um den künftigen Bündnispartner geht. Denn sein Blatt ist exzellent: Glaubt man den Umfragen, können die Sozialdemokraten mit mindestens 40 Prozent rechnen, für die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Thomas Röwekamp bleiben demnach nur zwischen 26 und 28 Prozent, und die Grünen können mit knapp 15 Prozent rechnen.
Böhrnsen kann sich also gelassen aussuchen, wen er in Bremen und Bremerhaven mitregieren lässt: Führt er das Bündnis mit der Union weiter, oder geht er eine rot-grüne Koalition ein?
Sein Vorgänger Henning Scherf war ein Verfechter der Großen Koalition. Doch Böhrnsen lässt seinen derzeitigen Bündnispartner zappeln. Beim "Wahlforum", einer Veranstaltung des lokalen "Weser-Kuriers", wo sich Böhrnsen und die Vertreter von CDU, Grünen und FDP Journalisten und Wählern stellen, zeigt sich, wie unerfreulich und unangenehm die Situation für seinen Rivalen, aber auch Möchtegern-Partner Röwekamp sein muss: Der 40-Jährige will es sich mit Böhrnsen nicht verscherzen und hebt deshalb bei jeder Gelegenheit hervor, wie gut doch die Große Koalition arbeitet. "Die zwölf Jahre haben Bremen gut getan." Ein rot-grünes Bündnis wäre dagegen für die Zukunft des massiv verschuldeten Minilandes gefährlich.
Während Röwekamps Werben und Warnen im Publikum viele lauthals amüsiert, lächeln Böhrnsen und die Grünen-Spitzenkandidatin Karoline Linnert still vor sich hin. Linnert wirbt massiv für Rot-Grün. Böhrnsen wird die Tendenz zu einem Bündnis mit der Öko-Partei nachgesagt. Aber er schweigt auch jetzt.
Der Bürgermeister äußert sich da lieber zu den drängenden Problemen, etwa den Finanzen. Bremen habe nach Hamburg die höchste Wirtschaftskraft, aber wie 11 von 16 Bundesländern könne es nicht das ausgeben, was eingenommen wird. Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und die Föderalismusreform sollen Abhilfe für das Land schaffen, das chronisch pleite ist.
Die Gretchenfrage nach dem künftigen Bündnispartner wird Böhrnsen beim "Wahlforum" erst spät aus dem Publikum gestellt. "Koalitionen sind ein Ergebnis von Wahlen", erklärt er. Es stünden Parteien und keine Koalitionen zur Wahl, sagt der Bürgermeister. Und letztlich gehe es doch nur um eines, belehrt er alle Neugierigen: "Was ist das Beste für Bremen?" Eine Antwort darauf wird es also nicht vor Sonntagabend geben.