Bundestagswahlkampf der Linken Gysi sperrt sich gegen Spitzenkandidatur von Wagenknecht

Linken-Politiker Lafontaine und Gysi: Männer-Bootstour auf der Saar
Foto: dapdHamburg - So viel Kumpelhaftigkeit war lange nicht zwischen Oskar Lafontaine und Gregor Gysi. Als die beiden am Wochenende auf der "Maria Croon" über die Saar schipperten, sollte nichts mehr an die Konflikte der vergangenen Monate und ihre Auseinandersetzung auf dem Göttinger Parteitag erinnern.
Zwei entspannte ältere Herren auf einer Bootstour, der eine im kurzärmligen hellblauen Hemd, der andere im Poloshirt, viel Sonne dazu, ein Fähnchen der Linken flatterte im Fahrtwind - der inszenierte Schulterschluss war perfekt, und auch die Botschaften sollten keine Zweifel aufkommen lassen: "Bei uns ist die Freundschaft so dauerhaft, dass sie nicht wieder erstarken muss", sagte Lafontaine. Auch der Bundestagsfraktionschef signalisierte Zuversicht: Nach dem Streit in Göttingen würde er wieder regelmäßig mit Lafontaine telefonieren und sich mit ihm absprechen: "Und das funktioniert wieder", sagte Gysi.
Die politische Freundschaft der beiden hat aber wohl dennoch nachhaltige Schäden davongetragen. Zumindest in einer Frage gibt es zwischen dem Saarländer und dem Berliner erhebliche Differenzen: Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE sperrt sich Gysi vehement gegen eine mögliche Spitzenkandidatur von Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht für die kommende Bundestagswahl. "Für Gysi kommt eine Spitzenkandidatur von Sahra Wagenknecht nicht in Frage", sagte eine führende Linke. Der Berliner habe sich festgelegt und lasse in dieser Sache nicht mit sich reden.
Lafontaine dagegen wolle die 42-Jährige ins Rennen schicken, halte sich aber für den Fall, dass dies nicht durchzusetzen ist, eine eigene Kandidatur offen.
Gysi selbst hat bereits erklärt, die Linke 2013 in den Bundestagswahlkampf führen zu wollen - 2009 war er zusammen mit Lafontaine als Spitzenkandidat angetreten. Der 64-Jährige will demnach aber offenbar im Lauf der nächsten Legislaturperiode kürzer treten und seinen Posten als Fraktionschef abgeben. In Partei und Fraktion gilt es als ausgemacht, dass Gysi auf Fraktionsvize Dietmar Bartsch als seinen Nachfolger setzt. Auf dem Göttinger Parteitag hatte Gysi auch dessen Kandidatur für den Parteivorsitz unterstützt. Bartsch scheiterte aber gegen Bernd Riexinger, der vor allem von Lafontaine-Anhängern unterstützt wurde.
Die Entscheidung über die Frage des Spitzenpersonals für die Bundestagswahl gilt als eine der wichtigen Aufgaben der neuen Parteispitze um Riexinger und seine Co-Chefin Katja Kipping. Riexinger hat bereits erklärt, nicht für den Bundestag kandidieren zu wollen. In der Partei wird nach Informationen von SPIEGEL ONLINE auch über eine gemeinsame Spitzenkandidatur von Gysi und Kipping diskutiert. Die Mutter einer kleinen Tochter würde in einem solchen Fall nach der Bundestagswahl aber nicht zusätzlich zum Parteijob auch den Posten als Fraktionschefin anstreben, hieß es. In einem solchen Fall könnte sich Wagenknecht Hoffnungen machen, in der Fraktion weiter aufzusteigen.
Gysi, so sagte es die führende Linke, sei sich im Klaren darüber, dass Wagenknechts Aufstieg dauerhaft kaum zu verhindern sei - eine gemeinsame Spitzenkandidatur mit der gebürtigen Jenaerin sei für ihn aber indiskutabel: "Er hat sich noch nie gut mit ihr verstanden."