Wahlkampf in Hamburg Naumanns Kompetenzteam wird zum Handicap

In der Hamburger SPD rumort es. Erst der Black-out ihres Spitzenkandidaten Michael Naumann im TV-Duell, jetzt stellt sich heraus, dass seine Berater sich nicht nur durch Kompetenz auszeichnen - sondern durch fragwürdige politische Aussagen und Interessenkonflikte.
Von Per Hinrichs und Gunther Latsch

Hamburg - Die Berater des Kandidaten Naumann sollen die SPD im Falle einer Regierungsübernahme unterstützen. Doch die Berufung von manch einem Experten scheint wohl eher eine Belastung zu werden. So etwa die von Carl Tham, dem ehemaligen schwedischen Bildungsminister. Der 68-jährige Diplomat rief im Januar 2003 als schwedischer Botschafter in Berlin in einer Zeitungsanzeige zu einem Boykott israelischer Waren aus besetzten Gebieten auf. Begründung: Ein Kauf oder Verkauf israelischer Waren sei aktive Unterstützung für die illegale israelische Besatzung.

Thams Chefin, die später ermordete Außenministerin Anna Lindh, war über diese Haltung empört. Im August 2003 machte der Diplomat erneut auf sich aufmerksam, als er kommentarlos das ihm verliehene Bundesverdienstkreuz nach Berlin zurücksandte. Niemand konnte sich im Präsidialamt einen Reim auf die Aktion machen. Außerdem nörgelte er noch gegen den Euro, für den sich der Regierungschef Göran Persson stark machte.

Die SPD verkauft den Israel-Boykotteur so: Er sei "dafür bekannt, dass er gern an den aktuellen politischen und kulturellen Debatten teilnimmt", so Naumann in einer Presseerklärung. Jetzt gibt sich der Herausforderer kritischer: "Die Unterstützung Israels durch die Bundesrepublik – und das heißt auch den Stadtstaat Hamburg – steht nicht zur Debatte. Von einer Zeitungsanzeige im Jahr 2003 wusste ich nichts und weiß ich nichts", so Naumann.

Mindestens instinktlos erscheint die Berufung von Peter Dietrich, 69, der unter anderem für Hafenwirtschaft zuständig sein soll. Ein Bereich, in dem er sich gut auskennt. Schließlich war er seit 1985 in höchsten Ämtern der Hamburger Hafengesellschaft HHLA tätig, von 1991 bis 2003 sogar ihr Vorstandsvorsitzender. Im Dezember 2006 heuerte er beim Finanzinvestor 3i an – er sollte als Berater die Chancen für 3i ausloten, bei der Teilprivatisierung des Hafens zum Zuge zu kommen. Die Firma würde im SPD-Jargon wohl "Heuschrecke" genannt werden, in jedem Fall diente Dietrich damit einer Sache, die Naumann eigentlich verteufelt: "Ein Verkauf der HHLA ist falsch", sagte der SPD-Spitzenkandidat noch am 11. September 2007. Drei Monate später nahm er den Privatisierungsstrategen Dietrich mit an Bord.

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