Riesenplakat der CDU Maxima Merkel

Wozu für Inhalte werben, wenn man eine populäre Kanzlerin hat? Nahe dem Berliner Hauptbahnhof perfektioniert die CDU ihre Personalisierungsstrategie im Wahlkampf. Angela Merkel grüßt von einem Riesenplakat. Besser gesagt: ihre Hände. Die Merkel-Raute wird zur Ikone der Macht.
Riesen-Merkel-Plakat in Berlin: "In guten Händen"

Riesen-Merkel-Plakat in Berlin: "In guten Händen"

Foto: Rainer Jensen/ dpa

Berlin - Man muss sagen, der Ort in der Mitte Berlins ist gut gewählt. Der Hauptbahnhof ist direkt nebenan, Kanzleramt und Reichstagsgebäude liegen in Sichtweite, Zehntausende Menschen kommen hier täglich vorbei, auf der Straße, auf der Schiene, zu Fuß. Sie alle werden nun von der Bundeskanzlerin begrüßt.

Am Gerüst eines Hotelneubaus hat die CDU an diesem Montag ein riesiges Plakat angebracht, angeblich das größte, das es je im Wahlkampf zu sehen gab. Es ist ein Plakat, das die Personalisierungsstrategie der Union in den letzten Wochen vor dem Abstimmungstermin am 22. September auf die Spitze treibt.

Insgesamt misst die Posterfläche fast 2400 Quadratmeter. Auf rund 70 mal 20 Metern sind Angela Merkels Hände zu sehen. Sie formen die berühmte Raute, wie sie die CDU-Chefin so oft bildet, vor allem, wenn sie für Fotos posiert. Das Mega-Motiv wiederum setzt sich zusammen aus 2150 kleinen Einzelbildern mit den Händen von Merkel-Unterstützern. An einer anderen Fassade prangt ein weiteres Plakat von 50 mal 20 Metern. Auf CDU-Orange steht dort in großen Lettern: "Deutschlands Zukunft in guten Händen".

So sieht es also aus, wenn die CDU voll auf die Popularität der Regierungschefin setzt. Einen Tag nach dem TV-Duell, in dem die Kanzlerin mit ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück wenigstens noch ansatzweise über politische Inhalte diskutierte, heißt es nun nur noch: Alles auf Merkel. Die Kanzlerin ist die Botschaft. "Das Plakat verkörpert unsere Wahlaussage", sagt Generalsekretär Hermann Gröhe bei der Präsentation stolz. Und fast überhört man dabei, dass er dies auf auf den Mosaik-Charakter des Riesenbildes bezogen haben will. Motto: "Gemeinsam sind wir stark".

"Mutti", "Neuland" und die Raute - der Spieß wird umgedreht

Dass die Merkel-Raute so prominent für den Wahlkampf eingesetzt wird, ist durchaus bemerkenswert. In der Vergangenheit hat die Kanzlerin viel Spott dafür einstecken müssen, dass sie ihre Finger stets so reflexhaft zusammenführt, wann immer ihre Hände gerade nichts zu tun haben und irgendwo eine Kamera in der Nähe ist. Nun dreht sie den Spieß um.

Es ist ein Spiel, das Merkel beherrscht. Zum Beispiel mit ihrem Spitznamen "Mutti": Den verwendet Merkel zwar nicht selbst, aber sie weiß, dass nicht nur große Teile des Wahlvolks sie so nennen, sondern gelegentlich auch ihre eigenen Parteifreunde - und die meisten meinen das voller Anerkennung. Warum also sollte sich die CDU-Chefin darüber aufregen?

Oder die "Neuland"-Debatte: Als die Kanzlerin das Internet jüngst zum Neuland erklärte, ging ein Aufschrei durchs Netz. Merkel konterte im CDU-Wahlkampfspot: "Manchmal betreten wir auch Neuland." Man kann das albern oder souverän nennen, auf jeden Fall entbehrt es nicht einer gewissen Selbstironie. Jetzt also die Raute, mit der der CDU-Nachwuchs von der Jungen Union schon länger auf Stimmenfang geht. Mit dem Mega-Poster werden Merkels Hände endgültig zur Ikone der Macht. Wen interessieren da noch Inhalte?

Die Riesenplakate haben im Wahlkampf der CDU übrigens schon Tradition. 2009 verhüllten die Christdemokraten in Berlin das Charlottenburger Tor mit ihrem Wahlslogan "Wir haben die Kraft" - zusammengesetzt aus den Gesichtern von 1800 Unterstützern. Damals gab es Ärger mit dem Bezirk wegen möglicher Rechtsverstöße gegen das Neutralitätsgebot des Staates. Vor der Niedersachsen-Wahl im Januar dieses Jahres blickte Ministerpräsident David McAllister von riesigen Werbeflächen auf Autobahnen des Landes herab. Die SPD lästerte seinerzeit über einen "Personenkult wie in Kuba".

Nach Máximo McAllister gibt es nun also Máxima Merkel.

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