Wahlsieger SPD Der Trend ist ein Genosse

Der Erfolg der SPD in Mecklenburg-Vorpommern könnte den Auftakt für eine lange Siegesserie bilden - bis hin zur Bundestagswahl. Doch eine überzeugende Alternative zu Schwarz-Gelb ist die Partei damit noch lange nicht.
SPD-Wahlkämpfer Gabriel, Wowereit: Start einer Siegesserie?

SPD-Wahlkämpfer Gabriel, Wowereit: Start einer Siegesserie?

Foto: TOBIAS SCHWARZ/ REUTERS

Wer bislang glaubte, die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern sei langweilig, ist eines Besseren belehrt worden. Auf ganz eigene Weise lassen sich an der Entscheidung in Schwerin drei Dinge ablesen.

Die erste Botschaft ist: Die Schwäche von Union und FDP nimmt immer dramatischere Züge an. Die sogenannten bürgerlichen Parteien sind durch ihre Regierungsprobleme in Berlin unbeliebt, gelähmt, unfähig zur Attacke - in den Ländern hat dies katastrophale Wahlauswirkungen.

Angela Merkel und ihr FDP-Co-Pilot Philipp Rösler sind in einem Teufelskreis gefangen, den vor ihnen schon andere Regierungen durchleben mussten: Mit jeder Wahlschlappe in den Ländern steigt die Nervosität im Regierungslager im Bund, das sorgt für neue Unruhe, für neuen Streit, für neues Chaos. Das Chaos wiederum nährt die schlechte Stimmung an der Wählerbasis, die nächste Wahlschlappe kommt bestimmt. Und so weiter.

Die zweite Botschaft von Schwerin lautet: Die Grünen sind weiter beliebt, sie können inzwischen sogar im Osten punkten. Dafür herrscht bei der Linken, bislang Superstar des Ostens, Stillstand. Gemessen an früheren Erfolgen ist der Ausgang der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern für sie ernüchternd, sie können nicht mehr wirklich zulegen.

Die dritte und wichtigste Botschaft dieser Wahl ist: Die SPD kann wieder siegen. Nach dem Erfolg in Hamburg schaffen die Genossen erneut ein klares Plus - und das mit einem relativ blassen Kandidaten. Erwin Sellering ist kein Charismatiker, aber er hat einen soliden Job gemacht und dafür nun die Belohnung erhalten.

Weil Union und FDP so furchtbar "out" sind, ist die SPD plötzlich wieder "in", wie man so schön sagt. Im Berliner Willy-Brandt-Haus wird gelacht, Parteichef Sigmar Gabriel liefert. Das gibt der SPD neues Selbstbewusstsein. Die einstmals geschundene Regierungspartei scheint wie verwandelt. Sie streitet sich kaum noch, sie ist angriffslustig - und sie hat womöglich sogar einen vorzeigbaren Kanzlerkandidaten.

Partei der Widersprüche

Mit etwas Glück stehen die Genossen sogar vor einer ganzen Serie von Siegen. In zwei Wochen wird in Berlin gewählt, in allen Umfragen liegt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit klar vorn. Im kommenden Jahr folgt die Wahl in Schleswig-Holstein. Auch dort sind die Genossen nach der Affäre um den CDU-Mann Christian von Boetticher auf Siegerkurs.

Da ist plötzlich auch nicht mehr so wichtig, dass die SPD als klare Alternative zu Schwarz-Gelb längst noch nicht erkennbar ist. Die Sozialdemokraten bleiben auch als Wahlgewinner eine Partei voller Widersprüche.

Einerseits hoffen viele Genossen, dass Peer Steinbrück als Kandidat bei der Bundestagswahl antritt. Er soll explizit bürgerliche Wähler und sonstige Gutverdiener ansprechen. Auf der anderen Seite plant die Partei nun ein Steuerprogramm, das genau diese Klientel abschrecken würde - mit Steuererhöhungen nach bester Umverteiler-Manier.

Einerseits setzt sich die Partei für die Einführung von Euro-Bonds ein. Andererseits wissen die meisten Genossen nur zu genau, dass gerade etliche ihrer potentiellen Wähler genau diese Art der Vergemeinschaftung von Schulden fürchten - und daher ablehnen.

Die Wähler schert es erstmal nicht - der Trend ist wieder ein Genosse. Sigmar Gabriel kann sich bei CDU und FDP bedanken.

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