
Ups, das ging daneben: FDP nutzt dasselbe Bildmaterial wie die rechtsextreme NPD
"Seid ihr noch wach? Schaut euch das mal an." Eine E-Mail mit diesem Betreff schrieb Markus Brendel, Co-Inhaber der Stuttgarter Werbeagentur "die wegmeister", in der Nacht von Montag auf Dienstag an seine Geschäftspartner Oliver Woye und Steffen Hagdorn.
Es war weit nach Feierabend, aber diese Entdeckung konnte nicht bis zum nächsten Morgen warten. Beim nächtlichen Zappen war der schlaflose Werber beim neuen Wahlkampfspot der FDP mit Spitzenkandidat Rainer Brüderle hängengeblieben. Den hatte die Partei gerade erst stolz präsentiert.
Der Film machte Brendel stutzig, denn eine Szene aus dem 90-Sekunden-Clip kam ihm bekannt vor: Gegen Ende radelt eine vierköpfige Bilderbuchfamilie (Vater, Mutter, Sohn, Tochter, vorbildlich mit Fahrradhelmen) eine idyllische, sonnendurchflutete Allee entlang, zu sehen bei Minute 1:19 .
Was die Macher des FDP-Films anscheinend nicht bedachten: Exakt dieselbe Szene mit demselben Bildmaterial verwendet auch die rechtsextreme NPD in ihrem Werbespot zur Bundestagswahl, zu sehen bei Minute 1:08 .
Brendel erinnerte sich dunkel an die Sequenz, als Werber kennt er die Spots der meisten Parteien. "Fällt euch was auf??", mailte er an seine Agentur.
Doch damit nicht genug: Mit Hilfe der Google-Bildersuche fanden er und seine Kollegen heraus, dass die radelnde Familie schon öfter für Werbezwecke zum Einsatz kam. Ein finnischer Lebensmittelproduzent preist mit derselben Sonntagsausflugssequenz in einem Video einen Speisequark an.
Die Website nebst dazugehörigem Clip ist derzeit nicht erreichbar, aber die Stuttgarter Agentur hat alle drei Videoausschnitte festgehalten und nebeneinandergestellt. Und das sieht dann so aus:

Fotomontage auf Facebook (zum Vergrößern auf das Plus-Zeichen klicken)
Die kuriose Bildmontage verbreitete sich am Dienstag rasant. Auf Facebook wurde sie bislang knapp 2000 Mal geteilt, auf Twitter hagelt es Witze über den Spot-Flop der FDP. Die Agentur selbst hält nicht damit hinterm Berg, dass sie sich über die Parteien-Panne freut: "Können/sollten wir das super kurzfristig viral nutzen? Irgendwas à la Sixt-Werbung?", beriet man sich per Mail.
Die FDP reagierte am Mittag. Die von den Liberalen für die Produktion beauftragte Agentur Reinsclassen habe für den Werbefilm "frei zugängliches Material" eingekauft, hieß es aus der Parteizentrale. Das ist nicht unüblich, viele Parteien drehen für ihre Spots nicht alles neu, sondern greifen auf sogenanntes Stock Footage , also Archivbilder, zurück. Und strahlende Familien, das wissen wir seit unzähligen Werbeblöcken mit Zott Sahne-Joghurt oder Mirácoli , gehen schließlich immer.
Die FDP habe keinen Hinweis gehabt, dass auch die NPD dieses Filmmaterial genutzt habe, hieß es weiter. "Die entsprechende Passage wird nun herausgenommen und durch eine andere Szene ersetzt", sagte ein Sprecher. Das dauere allerdings.
Am Mittwoch wird der Brüderle-Spot, der insgesamt acht Mal ausgestrahlt werden soll, noch in unveränderter Fassung im ZDF gezeigt.