Wahlwerbespots von CDU und SPD 90 Sekunden Merkel, 9 Sekunden Steinbrück

So dicht hat die Kanzlerin selten eine Kamera an sich herangelassen: Im TV-Spot zur Bundestagswahl inszeniert sich Angela Merkel in ungewöhnlicher Nahaufnahme. Außer der CDU-Chefin zeigt das Werbefilmchen: nichts. SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück darf dagegen nur den Rausschmeißer geben.
Merkel im CDU-Wahlwerbespot: "Das haben wir zusammen geschafft"

Merkel im CDU-Wahlwerbespot: "Das haben wir zusammen geschafft"

Foto: CDU

Berlin - Gaaaaanz nah kommt sie jetzt. Gerade eben hat Angela Merkel erklärt, wie gut es dem Land geht: starke Wirtschaft, weniger Arbeitslose. "Das ist keine Selbstverständlichkeit", sagt die Kanzlerin jetzt. Dann Zoom, Lächeln, Augen weit auf: "Das haben wir zusammen geschafft." Hui, auf einem großen, HD-tauglichen TV-Bildschirm kann man jetzt trotz gutem Makeup für ein paar Sekunden die Spuren der Macht in ihrem Gesicht begutachten. Und es ist nicht das einzige Mal, dass die Kamera so dicht heranfährt. Eigentlich hält die Regierungschefin die Objektive lieber auf Abstand, für den Wahlkampf aber macht sie eine Ausnahme.

Am Montag sind die Nahaufnahmen erstmals im Fernsehen zu sehen. Die TV-Sender beginnen in diesen Tagen mit der Ausstrahlung der Parteienspots zur Bundestagswahl. Die Christdemokraten setzen dabei voll auf die Popularität der Kanzlerin. 90 Sekunden dauert das Filmchen in der Langversion  - 90 Sekunden, die ganz allein Merkel gehören. Die SPD dagegen scheint nicht daran zu glauben, dass es allein Peer Steinbrück wuppen kann: Er taucht erst in den letzten Sekunden des Genossen-Spots  auf, um die Wähler um ihre Stimme zu bitten. "Ich war überrascht: Am Ende kommt doch noch der Kandidat", spottet CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Donnerstag bei der Vorstellung der Wahlwerbung.

Für die Erstaufführung vor Journalisten hat sich die CDU ein kleines Programmkino im Berliner Westen ausgesucht. Schon das Wahlprogramm hat man jüngst in einer angesagten Mitte-Location präsentiert, man möchte neuerdings ein bisschen cool und szenig sein in der Union. Passend dazu kommt Chefstratege Gröhe ausnahmsweise ohne Krawatte. "Nah dran" wolle der Film sein, sagt er, die Aufnahmen seien absichtlich sehr reduziert, ohne die sonst üblichen "Insignien der Macht".

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Tatsächlich wirkt der Spot ausgesprochen schlicht. Merkel sitzt im roten (!) Blazer im schwarzen (!) Sessel (Achtung, Große Koalition!), die unruhige Handkamera soll wenigstens den Anschein von Aktion vermitteln, hält sie mal rechts, mal links im Bild. Für den Zwischenschnitt gibt es die Nahaufnahmen, oder die Kanzlerin schaut nachdenklich vom Balkon in die Ferne und knetet ihre Hände. Man tritt der Kanzlerin sicher nicht zu nahe, wenn man sagt: Eine Schauspielerin wird sie nicht mehr.

Es bleibt viel Zeit, während des Spots  auf Mimik und Gestik zu achten, denn inhaltlich gibt es wenig zu verpassen. Merkel sagt Sätze, die niemandem wehtun. "Das Richtige ist nicht immer, was am lautesten gefordert wird. Das richtige ist, was am Ende den Menschen hilft." Immerhin: Die Kanzlerin bewahrt sich ihre Fähigkeit zur Selbstironie. Nachdem sie im Spot zur letzten Wahl 2009 über die Bedeutung von Frisuren witzelte, sagt sie nun: "Es gibt Momente, da steht viel auf dem Spiel, in der Euro-Krise zum Beispiel. Manchmal betreten wir auch Neuland." Eine Anspielung auf ihre Neuland-Bemerkung zum Internet von vor einigen Wochen, die ihr viel Spott einbrachte - unter anderem auf Wahlplakaten der SPD.

Am Schluss taucht Steinbrück auf

Dort hatte man nichts anderes erwartet, als dass die Union in ihrem Spot ganz auf Merkel setzt. Genau deshalb, so sagen es die Sozialdemokraten, habe man sich entschieden, etwas anderes zu machen und den Fokus gerade nicht auf den Kandidaten zu legen. Mit der Unterscheidbarkeit zur CDU ist das ja so eine Sache. Wenigstens in der Fernsehwerbung will sich SPD klar von Merkel absetzen.

Die Hauptdarsteller im SPD-Filmchen : Menschen. Rein zufällig ausgewählt, behauptet Generalsekretärin Andrea Nahles. Die Genossen lassen Männer und Frauen auftreten, an einem roten SPD-Rednerpult formulieren sie Wünsche an die Politik, zwischendurch wackelt das Bild. Gefilmt wurde im persönlichen Lebensumfeld. Vor dem Einfamilienhaus, der Hochhaussiedlung, auf dem Sportplatz, an der Werkbank, am Windrad oder auf dem Campingplatz. Normal, normaler, SPD.

Was sich die Protagonisten wünschen, deckt sich natürlich mit der sozialdemokratischen Programmatik. Der eine fordert mehr Geld für Bildung. Die andere beklagt fehlende Kitaplätze. Und noch eine andere die Zweiklassenmedizin. Schnitt. "Darum will ich Bundeskanzler werden, weil in Deutschland etwas aus dem Lot geraten ist", sagt Peer Steinbrück. Dann ist Schluss.

Huch? Warum ist ausgerechnet der Kanzlerkandidat nur so kurz zu sehen - ganze neun Sekunden? Will ihn die SPD lieber verstecken? Unsinn, meint Nahles. Man habe in dem "Schpot", wie sie sagt, einfach mal "authentische Menschen, wenig Werbung und sehr viel Inhalte" zeigen wollen. Außerdem habe Steinbrück darauf bestanden, in dem Filmchen nicht persönlich inszeniert zu werden.

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