Mordfall Lübcke Steinmeier sieht Demokratie in Gefahr

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts des Mordfalls Lübcke zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen. Das Problem seien nicht nur rechte Gewalttäter - sondern auch das gesellschaftliches Klima.
Dringender Appell: Bundespräsident Steinmeier spricht bei einem Empfang des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Dringender Appell: Bundespräsident Steinmeier spricht bei einem Empfang des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Foto: Swen Pförtner/DPA

Angesichts der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Kassel zur Unterstützung von Politikern und anderen Repräsentanten der deutschen Demokratie aufgerufen. "Es muss uns beschämen und darf uns auch nicht ruhen lassen, dass wir Walter Lübcke nicht schützen konnten", sagte er.

"Eine Gefahr ist aber nicht nur der rechtsextreme Gewalttäter, der den Finger am Abzug hat, sondern eine Gefahr ist ein Klima oder sind Netzwerke, in denen sich Menschen zu solchen Taten legitimiert oder gar ermutigt fühlen", sagte Steinmeier bei einem Empfang zum 100. Jubiläum des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

"Die umfassende Aufklärung des Verbrechens hat nun oberste Priorität", sagte Steinmeier laut offiziellem Redentext. "Negative Beispiele aus unserer jüngeren Vergangenheit mahnen uns eindringlich: Wir dürfen die Gefahr eines Terrorismus von rechts niemals wieder unterschätzen, ganz gleich, wen er trifft!" Wenn die Repräsentanten der Demokratie bedroht würden, so Steinmeier, "dann ist unsere Demokratie in Gefahr."

Steinmeier ist Schirmherr des Volksbundes. Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke wäre am Sonntag eigentlich auch bei dem Festakt des Volksbundes eingeladen gewesen. Der CDU-Politiker wurde am 2. Juni vor seinem Haus im Landkreis Kassel erschossen. Wegen der Tat sitzt der 45-jährige Rechtsextremist Stephan E. in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft geht von einem rechtsextremen Hintergrund der Tat aus. (In der SPIEGEL-Titelstory erfahren Sie die Hintergründe des Falls. )

Am Samstag hatten an einer Mahnwache für Lübcke in dessen Heimatstadt Wolfhagen Hunderte Menschen teilgenommen. "Er ist als Christ ermordet worden", sagte der Dekan des Evangelischen Kirchenkreises, Gernot Gerlach. "Diesen Politiker zeichnet aus, dass er sich mit einer klaren Haltung des christlichen Glaubens politisch eingebracht hat."

Fotostrecke

Gedenken an Walter Lübcke: "Er hat sich mit klarer Haltung eingebracht"

Foto: Swen Pförtner/DPA

Der oder die Täter hätten Lübcke zwar das Leben genommen, könnten ihm aber nicht seine Würde rauben, sagte Gerlach. Auch in Kassel waren Hunderte Menschen wegen des Mordfalls auf die Straße gegangen. Etwa 2000 Menschen demonstrierten der Polizei zufolge gegen Rechtsextremismus und Gewalt.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte als Konsequenz aus dem Mordfall zuletzt angekündigt, den Kampf gegen den Rechtsextremismus deutlich zu verstärken. Der Rechtsextremismus sei "zu einer echten Gefahr geworden", sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Dieser Mord motiviert mich, alle Register zu ziehen, um die Sicherheit zu erhöhen." Beim Personen- und Objektschutz müssten alle Ebenen einbezogen werden, auch die kommunale Ebene.

Podcast Cover

Zuletzt war in dem Kriminalfall bekannt geworden, dass Lübckes Name auf einer Liste des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) stand. Die Rechtsterroristen führten den Kasseler Regierungspräsidenten in einer Liste mit 10.000 Namen von Personen und Objekten, die dem SPIEGEL vorliegt.

Lübckes Name findet sich weiter hinten auf der Liste, in der das rechtsextreme Terrornetzwerk nach SPIEGEL-Informationen auch seine Privatanschrift sowie die Telefonnummer gespeichert hatte. Ob für den CDU-Politiker wegen dieses Eintrags eine Gefahr bestand, ist unklar.

Der NSU war 2011 enttarnt worden, die massiven Anfeindungen aus dem rechten Milieu gegen Lübcke wegen seiner liberalen Haltung in Asylfragen begannen im Jahr 2015. Lübcke war seit Mai 2009 Regierungspräsident in Kassel.

mxw/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.

Abonnieren bei

Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.

Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren