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Walther Leisler Kiep: Gentleman-Politiker im Zwielicht

Foto: imago/ Sven Simon

Zum Tode von Walther Leisler Kiep Von Geld verstand er ein bisschen zu viel

Walther Leisler Kiep war eine Ausnahmefigur in der Bonner Republik. Weltgewandt, über Parteigrenzen hinweg geachtet. Doch seine Verwicklung in die CDU-Spendenaffären verdunkelt die Bilanz des nun verstorbenen Politikers.

Er war ein Mann von Welt, ein Hamburger Gentleman-Politiker wie aus dem Bilderbuch, mit geschliffenen Manieren, mit welt- und weitläufigen Beziehungen und einem gewissen Glamour, dazu auch noch äußerst wohlhabend - ein Mensch von großer Eigenständigkeit in jeglicher Hinsicht.

Das machte Walther Leisler Kiep, nicht nur optisch, zu einer außergewöhnlichen Erscheinung im eher grauen politischen Alltag, erst recht in jenem der CDU, als deren Kassenwart er mehr als zwei Jahrzehnte fungierte.

Ja, von Geld verstand er etwas, womöglich ein bisschen zu viel. Und so kam es, dass sich auf der weißen Weste immer mal wieder ein paar mehr oder minder dunkle Flecken zeigte. Bundesweit bekannt wurde Kiep, als er während der Auseinandersetzungen um die Ostpolitik Willy Brandts, abweichend von der Mehrheitsmeinung in seiner Fraktion, den Kurs der sozialliberalen Regierung unterstützte. Was aber letztlich haften blieb im kollektiven bundesrepublikanischen Gedächtnis, war seine Rolle in diversen Spendenaffären, die das strahlende Image dann doch ziemlich beeinträchtigten.

Leisler Kiep, am 5. Januar 1926 in Hamburg geboren, entstammte einer nationalliberal gesonnenen Familie. Die Schule besuchte er in seiner Heimatstadt und in Istanbul. Arbeits- und Kriegsdienst folgten, nach dem Krieg dann das Studium der Geschichte und der Volkswirtschaft. Das Berufsleben begann er als Autoverkäufer bei Ford in den USA, es folgte eine höchst erfolgreiche Karriere in der Welt der Wirtschaft, speziell des Versicherungswesens.

Schmidt und Schröder schätzten Leisler Kiep

Dieses Weltläufige gehörte zu den Konstanten seines politischen Lebens. Außenpolitik war seine Passion. Vor allem die deutsch-amerikanischen Beziehungen waren ihm ein Herzensanliegen. Für deren Pflege setzte er sich als langjähriger Vorsitzender der privaten Atlantikbrücke immer wieder ein.

Auch SPD-Größen schätzten Leisler Kiep: Helmut Schmidt berief den Kollegen von der Konkurrenz 1978 zum Sonderbeauftragten für die Türkei. Kanzler Gerhard Schröder machte ihn zum "persönlichen Beauftragten für internationale Sondermissionen".

Im Bundestagswahlkampf 1965 hatte Leisler Kiep mit einer dezidiert "amerikanisch" angelegten Kampagne erstmals ein Direktmandat errungen. Im Bonner Parlament, dem er bis 1976 und dann noch einmal von 1980 bis 82 angehörte, fungierte er unter anderem als Wirtschaftssprecher seiner Fraktion. Auf dem Saarbrücker Bundesparteitag 1971 übernahm er von Kurt Schmückers das Amt des Schatzmeisters und wurde Mitglied des CDU-Bundespräsidiums. Als er 1976 von Bonn nach Hannover wechselte, um als Finanzminister in die Regierung von Ernst Albrecht in Niedersachsen einzutreten, gab er sein Bundestagsmandat auf.

1982 wäre Kiep, zu dessen wechselvollem Leben auch die Erfahrung gehört, auf seinem Grundstück in Kronberg im Taunus einmal knapp einem Mordanschlag entgangen zu sein, beinahe Regierungschef in Hamburg geworden. Zwar fuhr er bei den Bürgerschaftswahlen mit 43,2 Prozent das beste je erzielte CDU-Ergebnis in der Hansestadt ein, musste sich aber doch Klaus von Dohnanyi geschlagen geben, weil die FDP zu sehr schwächelte.

Die ganz große politische Karriere war ihm letztlich versagt, auch wenn er in der Bundespolitik der Siebziger- und Achtzigerjahre zu einer Art festen Größe wurde - der hochgewachsene, immer elegant gekleidete Herr mit eigenem Kopf, viel Geld und exzellenten Beziehungen.

Die Basis seines politischen Wirkens blieb - im Guten wie im Schlechten - die Verwaltung der christdemokratischen Parteifinanzen, was eigentlich ein paar Nummern zu klein war für jemanden wie ihn. Und in dieser Funktion musste sich Kiep nach jahrelangen Ermittlungen im Rahmen der Flick-Parteispendenaffäre im Mai 1990 dann auch noch dem Vorwurf stellen, im Zusammenhang mit zahlreichen Parteispenden fortgesetzt Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Es kam zur Anklage gegen ihn und seinen Generalbevollmächtigten Uwe Lüthje.

Falschaussage im Untersuchungsausschuss

Der Prozess vor dem Düsseldorfer Landgerichts endete ein Jahr später mit einer Verurteilung Kieps zu einer Geldstrafe von 675.000 DM wegen fortgesetzter Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil später wegen schwerer Verfahrensmängel zwar auf, aber Kiep zog die Konsequenzen und gab sein Schatzmeisteramt auf.

1999 dann kam die CDU-Spendenaffäre ins Rollen. Sie stürzte die Partei in ihre schwerste Krise. Abermals geriet Kiep ins Visier der Ermittler. Die Staatsanwaltschaft Augsburg warf ihm vor, im August 1991 im Zusammenhang mit einem Panzergeschäft eine Million Mark vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber erhalten und nicht versteuert zu haben. Es gab sogar einen Haftbefehl gegen Kiep, der aber gegen Kaution außer Vollzug gesetzt wurde.

Am Ende kam es nur zu einer Geldstrafe wegen privater Steuerhinterziehung, drei Jahre später wurde er schließlich noch wegen einer Falschaussage im Parteispenden-Untersuchungsausschuss belangt, als es um Schreibers 100.000-DM-Spende an Wolfgang Schäuble ging.

Es waren diese Schatten, die das ursprüngliche Bild am Ende verdunkelten und eine politische Lebensbilanz schmälerten, die durchaus das Potenzial besaß, deutlich glanzvoller auszufallen. Walther Leisler Kiep starb am Montag im Alter von 90 Jahren in Kronberg im Taunus.

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