Extremismus Wenn Einsamkeit die Demokratie gefährdet

Sich einsam fühlende Jugendliche sind empfänglicher für autoritäres Gedankengut und Verschwörungsideologien als nicht einsame. Das zeigt eine repräsentative Studie, die im Auftrag der linksliberalen Denkfabrik »Das Progressive Zentrum« entstanden ist und dem SPIEGEL vorliegt.
So geben nur 51 Prozent der einsamen 16- bis 23-Jährigen an, dass Demokratie die beste Staatsform sei, ganze 33 Prozent sehen das anders, der Rest hat keine Angabe gemacht.
46 Prozent der Einsamen stimmen zudem der verschwörungsideologischen Behauptung zu, dass die Regierung »oft über terroristische Anschläge Bescheid« wisse, sie aber geschehen lasse – bei denen, die sich nicht einsam fühlen, sind es 15 Prozentpunkte weniger.

Dickes D
Pizza, Döner, Burger, Bratwurst – und vor allem Mengen an Zucker. Viele Deutsche ernähren sich falsch, obwohl sie wissen, wie ungesund das ist. Experten sprechen von einer Adipositas-Epidemie und warnen vor den Folgen. Gibt es einen Ausweg aus der Übergewichtskrise?
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Mehr als ein Drittel der Einsamen finden auch, dass es einige Politiker »verdient haben, wenn die Wut gegen sie auch schon mal in Gewalt umschlägt«, bei den Nichteinsamen ist es ein Viertel.
Die Autorinnen der Studie warnen, dass Einsamkeit ein »demokratiegefährdendes Potenzial« berge, da die Betroffenen bei demokratiefeindlichen Gruppen Anschluss suchen könnten.
Eher einsam, wer finanziellen Druck verspürt
Einsamkeit ist weitverbreitet in dem Alter:
So geben 55 Prozent an, dass ihnen manchmal oder immer Gesellschaft fehlt,
26 Prozent haben nicht das Gefühl, anderen Menschen nahe zu sein.
Jugendliche, die finanziellen Druck verspüren, nicht mehr zu Hause wohnen oder eine Migrationsgeschichte haben, fühlen sich demnach eher einsam.
Die Forschenden fordern nun bessere Prävention, um sowohl die Betroffenen als auch die Demokratie zu schützen: Es brauche Freizeitangebote, soziale Orte sowie eine Offensive in der politischen Bildung.
Für die Studie wurden 1008 Jugendliche im Alter von 16 bis 23 Jahren online befragt, Fokusgruppen und Tiefeninterviews lieferten qualitative Erkenntnisse. Jugendliche, die sich aktuell in psychotherapeutischer oder psychiatrischer Behandlung befinden, wurden ausgeschlossen, um das Ergebnis nicht zu verzerren.
Angefertigt wurde die Studie von drei Professorinnen: Claudia Neu, die einen Soziologie-Lehrstuhl an den Universitäten Göttingen und Kassel innehat, Beate Küpper, die sich an der Hochschule Niederrhein mit Sozialer Arbeit in Gruppen und Konfliktsituationen befasst, sowie Maike Luhmann, die Psychologische Methodenlehre an der Ruhr-Universität Bochum lehrt. Zur Vorstellung der Studie am 10. Februar wird auch Bundesjugendministerin Lisa Paus (Grüne) erwartet.