Zypern-Rettung Westerwelle kritisiert Schäubles Deal

Der Beschluss der Euro-Gruppe zu Zypern ist revolutionär: Erstmals sollen die Sparer mit einem Teil ihrer Guthaben die Rettung ihres Krisenstaates mitfinanzieren. Auch in der Bundesregierung wird die Maßnahme skeptisch gesehen - Außenminister Westerwelle plädiert für Ausnahmen bei Kleinsparern.
Außenminister Westerwelle: "Es wäre klüger, Kleinsparer auszunehmen"

Außenminister Westerwelle: "Es wäre klüger, Kleinsparer auszunehmen"

Foto: AP

Berlin - Es ist eine Entscheidung, die es bislang so in der Euro-Zone noch nicht gegeben hat: Im Falle von Zypern sollen Kleinsparer helfen, das Rettungsprogramm für ihren kriselnden Staat mitzufinanzieren. Dabei sollen 6,75 Prozent eines Sparguthabens bis 100.000 Euro abgeführt werden.

Der Beschluss der Euro-Gruppe vom Wochenende ist spektakulär. Es ist jedoch eine Maßnahme, die innerhalb der Bundesregierung nicht von allen geteilt wird. Bundesaußenminister Guido Westerwelle, erfuhr SPIEGEL ONLINE am Montag aus gut informierten Kreisen in Berlin, hatte sich bereits am Sonntag auf einer Sitzung des FDP-Bundesvorstands "sehr kritisch" zur Einbeziehung von Kleinsparern geäußert. Wie es weiter hieß, habe Westerwelle erklärt, "es wäre klüger, Kleinsparer auszunehmen". Zudem machte der FDP-Politiker deutlich, dass die Fragen der legalen Voraussetzungen, unter denen die Hilfe für die Insel gewährt wird, noch nicht abschließend geklärt seien - "dazu zählt die Systemrelevanz und die Schuldentragfähigkeit des Landes".

Ob die Banken vor Ort und damit praktisch auch die Insel in Gänze systemrelevant für die Euro-Zone sind und daher ein internationales Hilfsprogramm rechtfertigen, war lange strittig. In früheren Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) wurde im Falle Zyperns eine Schuldenlast bis zum Jahr 2014 von 140 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung prognostiziert. Der IWF hält aber nur einen Schuldenstand von 100 Prozent am Ende des Unterstützungsprogramms für tragbar und forderte deshalb schon vor der Einigung am Wochenende unter anderem einen härteren Schuldenschnitt für die Gläubiger zyprischer Banken.

Zypern hatte sich am Wochenende mit EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) grundsätzlich auf ein Hilfspaket im Volumen von zehn Milliarden Euro geeinigt.

Schäuble konnte sich nicht durchsetzen

Die Bundesregierung hatte sich nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in den Verhandlungen zur Zypern-Hilfe dafür ausgesprochen, Kleinanleger der zyprischen Banken zu schützen. Sowohl die Regierung als auch der IWF hätten bei ihrem Lösungsvorschlag "die Einlagensicherung respektiert", sagte Schäuble am Sonntagabend in den ARD-"Tagesthemen". Diese europäische Regelung sieht einen vollständigen Schutz von Bankguthaben bis 100.000 Euro vor. Allerdings umfasst sie offenbar nicht die Erhebung einer Steuer - die technisch gesehen nun auch die Kleinsparer in Form der einmaligen Abgabe aufbringen müssten. Neben den 6,75 Prozent für Kleinsparer müssen auch Kontoinhaber mit mehr als 100.000 Euro 9,9 Prozent einmalig abgeben. Insgesamt sollen so 5,8 Milliarden Euro zusammenkommen. Zypern hatte ursprünglich einen Bedarf von 17,5 Milliarden an Hilfen verlangt, nun sollen bis zu zehn Milliarden von EU und internationalem Währungsfonds fließen.

Nicht nur Westerwelle, auch Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kritisierte den Beschluss. "Gerade die Kleinsparer dürfen nicht für die Schuldenkrise verantwortlich gemacht werden". Und er fügte hinzu: "Herr Schäuble wird sich da noch bewegen müssen."

Für die Entscheidung, auch Anleger mit geringeren Guthaben mit einer Sonderabgabe zu belasten, machte Schäuble allerdings die zyprische Regierung, die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank verantwortlich. Diese hätten "sich für diese Lösung entschieden, und das müssen sie nun dem zyprischen Volk auch erklären".

Schäuble warnte indes vor einer Ablehnung: Wenn der zyprische Gesetzgeber Nein sage, würden die Banken des Landes nicht mehr zahlungsfähig sein: "Und dann kommt Zypern in eine sehr schwierige Lage."

Noch ist offen, ob das Paket kommt. Denn das Parlament auf Zypern und anschließend Parlamente der Euro-Zone müssen zustimmen. Entscheidend ist zunächst der Beschluss der Abgeordneten auf der Insel: Wegen der unsicheren Lage im zyprischen Parlament war die ursprünglich für Sonntag angesetzte Abstimmung auf Montag verschoben worden. Im Parlament droht ein Patt, da die beiden Mitte-rechts-Parteien DISY und DIKO, die Zyperns Präsidenten Nikos Anastasiades unterstützen, nur 28 von 56 Sitzen haben. Die Oppositionsparteien hatten bereits ihr Nein angekündigt.

Sollte das Parlament auch am Montag zu keiner Entscheidung kommen, erwägt die Regierung bereits, die Geldinstitute am Dienstag ebenfalls nicht zu öffnen. Andernfalls wird ein Massenansturm empörter Sparer befürchtet, die in Panik ihre Konten leerräumen. Am Montag haben die Banken in Zypern wegen eines Feiertags ohnehin geschlossen.

Mit Reuters
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