
Schwarz-grüne Visionen Was haben diese Frauen mit Deutschland vor?


Annegret Kramp-Karrenbauer, Katrin Göring-Eckardt
Foto:Rainer Jensen/Gregor Fischer/DPA
Schon bemerkt? Es tut sich was. Der verdammte Winter scheint vorbei. Der Schnee ist weg, erste Gartenblumen brechen durch, und in der Hauptstadt recken sich bleiche Gestalten in Richtung Sonne. Frühling! Aufbruch! Neues Leben!
Auch politisch: Die SPD ist gerade mit Verve dabei, sich neu zu erfinden, hat Hartz IV beerdigt und haut jetzt im Wochentakt dermaßen sozialistische Ideen heraus, dass sogar die Kollegen von der Linkspartei ganz rote Backen bekommen. Rente, Kita, von der Wiege bis zur Bahre: Jetzt regiert bei der SPD endlich wieder das Gute-Kohle-für-alle-Gesetz. Und die Leute lieben es. Na ja, immerhin gab es zuletzt Aufwärtszuckungen in Umfragen.
Die CDU schläft dabei nicht: Ihre seltsam standfest gewordene Dauervorsitzende Angela Merkel hat sie erfolgreich abserviert und nun eine neue Frau an der Spitze, die das konservative Profil der Union aber so was von schärfen wird.
Also jedenfalls hat Annegret Kramp-Karrenbauer jetzt schon mal ganz allein ohne die Erziehungsberechtige super dufte offen über die Flüchtlingspolitik diskutieren lassen. Respekt! Dass der Spaß beim Politisieren nicht verloren gehen darf, beweist derweil der vogelwilde Markus Söder von der CSU. Der legendäre Kostümträger hat sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Zur fränkischen Fastnacht kam er diesmal verkleidet als Ministerpräsident. Täuschend echt!
Das politische Leben nimmt wieder Fahrt auf, und die Bürger beobachten gespannt, wie sich die wiedergeborenen Regierungsparteien mit zunehmendem Tempo voneinander wegbewegen, bis es die Große Koalition dann endlich mit Höchstgeschwindigkeit zerreißt.
Aber was kommt danach? Gute Frage. Die SPD scheint vorerst keine große Lust mehr auf eine erneute Regierung mit der Union zu haben. Aber andere stehen bereit: Die Grünen. Schwarz-Grün hätte man ja schon nach der jüngsten Wahl sehr gern gemacht, dummerweise brauchte man dafür aber noch die FDP, und Christian Lindner wollte nicht.
Was haben die gemeinsam vor?
Nächstes Mal könnte es vielleicht ohne die Liberalen klappen: Die Union bei etwa 30 Prozent, die Grünen trotz kleiner Dämpfer stark Richtung 20 Prozent, da ist eine satte Mehrheit drin. Spannend! Was könnten die gemeinsam alles machen! Ja, was eigentlich? Gemeinsam entschlossen die AfD bekämpfen und den Klimawandel? Die Energiewende sowohl ökologisch als auch ökonomisch effizient vorantreiben? Die Gesellschaft modernisieren mit einem Digital-Masterplan, uns vernetzen und nachhaltig aufstellen für die Herausforderungen der Konkurrenz mit China und den USA?
Was also haben die gemeinsam vor? Was erwartet das Land unter Schwarz-Grün? Am Sonntag gaben die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und die Grünenfraktionschefin im Deutschen Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, der "Bild am Sonntag" ein großes Doppelinterview. Wenn es jemand wissen sollte, dann doch diese beiden.
Frage: "Was schätzen Sie aneinander?" AKK: "Dass Katrin Göring-Eckardt schon Großmutter ist und dabei so jugendlich aussieht." KGE: "Ich schätze ihren Humor. Sie ist außerdem kein bisschen nachtragend."
Na gut, Nettigkeiten am Anfang, man muss ja warm werden. Jetzt aber. Wie weiter mit Trump, mit einer gemeinsamen europäischen Verteidigung? Wie weiter mit Putin, der Gaspipeline und den Sanktionen? Wie könnte eine schwarz-grüne Asylpolitik aussehen, wie eine Wirtschaftspolitik? Was tun mit den Autokonzernen und dem Netzausbau? Was ist der Plan?
Machen wir es kurz: Es gibt keinen. Es wurde nach keinem gefragt, es wurde keiner benannt. Wir erfahren: Die beiden verstehen sich blendend. Sie wollen irgendwie die Schöpfung bewahren. Sie meinen, formuliert AKK, dass "Frauenrechte unteilbare Menschenrechte sind, die nicht eingeschränkt werden dürfen". KGE hat nicht minder ewige Weisheiten mitgebracht: "Die Herausforderungen sind so groß, da kann man nicht mehr nur an sich selbst denken, wenn's drauf ankommt. Sonst wiederholt sich Geschichte." Sie sind für Frauenquoten.
Sagt uns endlich, was ihr wollt!
Die Frauenquote ist richtig. Aber reicht sie als Inhalt eines Gesprächs, in dem sich zwei Politikerinnen offensichtlich darum bewerben, gemeinsam dieses Land zu regieren?
"Die entscheidende Frage ist immer: Können unterschiedliche Partner sich in einer Regierung auf ein gemeinsames Projekt verständigen. Ich sehe das sehr pragmatisch", spricht Kramp-Karrenbauer. "Hier am Tisch sitzen zwei Parteien, die gern regieren wollen", entgegnet Göring-Eckardt. "Wenn die sich auf etwas verständigen können, kann unser Land besser funktionieren." Ja, schön, aber wie? Sagt uns endlich, was ihr wollt! Irgendwas!
Man könnte vor lauter Verzweiflung in die "BamS" beißen, aber es hilft nichts, da kommt nichts mehr, es bleibt dabei: Die beiden wollen regieren, weil sie regieren wollen. Und darum wollen sie regieren. Der Rest findet sich dann schon. Schon beim Gedanken daran wird das Bier schal und jede Blume verwelkt.
Andererseits: Für manche Wähler womöglich beruhigend. Vielleicht fragen sich viele bange, was denn passiert mit diesem Land, wenn Schwarz und Grün regieren? Denen sei gesagt: Liebe Bürgerinnen und Bürger, keine Sorge: Es wird nichts passieren. Überhaupt nichts.