"Die Grünen waren gefangen im gedanklichen Kontext der alten BRD": Annalena Baerbock und Robert Habeck
Foto: Kay Nietfeld/ dpaDie Grünenchefs Annalena Baerbock und Robert Habeck haben sich kritisch zur Rolle ihrer Partei bei der Wiedervereinigung vor 30 Jahren geäußert. "Lieber eine linke Diktatur in der DDR als keine DDR. Diese Haltung reichte teils bis in die Partei- und Fraktionsspitze", schrieben Baerbock und Habeck in einem Gastbeitrag für das Nachrichtenportal t-online zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit.
Baerbock und Habeck betonten zwar auch den "Stolz auf unsere ostdeutschen Bürgerrechtswurzeln". Allerdings dürfe "ein kritischer Blick zurück auf die tiefe Spaltung der westdeutschen Grünen" nicht fehlen. Es habe auch namhafte Grüne gegeben, deren Nähe zum SED-Regime nicht nur ideologischer Natur war. "Die Gespaltenheit und Ohnmacht der Westgrünen vor der Deutschen Frage gipfelte bei der Bundestagswahl im Dezember 1990 in dem Plakat 'Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter.'"
Die Grünen seien gefangen gewesen "im gedanklichen Kontext der alten BRD", schreiben Baerbock und Habeck weiter. Sie hätten nicht die Deutsche Einheit, sondern die ökologische und die soziale Frage im Blick gehabt.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief beim zentralen Festakt in Potsdam zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Vereinigungsprozess auf. "Dazu gehört auch, dass wir offen über Fehler und Ungerechtigkeiten sprechen", sagte er.
Die Abwicklung ganzer Betriebe habe traumatische Folgen gehabt. Wenn Menschen sich "dauerhaft zurückgesetzt" fühlten, "dann bröckelt der Zusammenhalt, dann steigt das Misstrauen in die Politik, dann wächst der Nährboden für Populismus und extremistische Parteien".
Steinmeier regte an, eine Gedenkstätte für die friedliche Revolution zu errichten. Diese Revolution könne "auch heute Ermutigung sein - dann schaffen wir doch auch eine Stätte, die an diesen Mut erinnert".
Kanzlerin Angela Merkel forderte die Bürger im Osten und Westen des Landes unterdessen auf zusammenzuhalten - insbesondere in der Coronakrise. "Wir wissen, wir müssen heute wieder mutig sein", sagte Merkel vor dem zentralen Festakt in Potsdam. "Mutig, neue Wege zu gehen angesichts einer Pandemie, mutig, die noch bestehenden Unterschiede zwischen Ost und West auch wirklich zu überwinden, aber auch mutig, den Zusammenhalt unserer ganzen Gesellschaft immer wieder einzufordern und dafür zu arbeiten."
Zu dem Festakt in der Metropolis-Halle im Filmpark Potsdam waren wegen der Corona-Einschränkungen nur 230 Teilnehmer geladen; das ursprünglich geplante große Bürgerfest wurde abgesagt.
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