Stichwahl in Wiesbaden
SPD-Kandidat schlägt CDU-Oberbürgermeister
Sensation in Hessens Landeshauptstadt: SPD-Herausforderer Sven Gerich gewinnt in der Stichwahl ums Oberbürgermeisteramt gegen die CDU. Amtsinhaber Helmut Müller hatte nach dem ersten Wahlgang noch klar vorne gelegen. Jetzt sind in deutschen Großstädten nur noch vier CDU-OBs übrig.
SPD-Herausforderer Sven Gerich: Mit Wahlsieg nicht gerechnet
Foto: Boris Roessler/ dpa
Wiesbaden - Die CDU hat erneut den Chefsessel im Rathaus einer deutschen Großstadt verloren. Bei der Oberbürgermeisterwahl in Wiesbaden setzte sich überraschend der SPD-Herausforderer Sven Gerich durch. Der 38-Jährige kam in der Stichwahl am Sonntag auf 50,8 Prozent der Stimmen. Amtsinhaber Helmut Müller erreichte nach dem vorläufigen Endergebnis 49,2 Prozent.
Der 60-jährige CDU-Mann hatte nach dem ersten Wahlgang noch klar vorne gelegen. Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben bei 34,1 Prozent und damit höher als im ersten Wahlgang (33,6 Prozent). Gerich schien vom Sieg über den Favoriten Müller selbst überrascht. "Ich habe knapp eher in die andere Richtung getippt", sagte er.
Mit dem jungen und offen homosexuellen Gerich wird sich das konservative Image der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ändern. Der gelernte Drucker und SPD-Stadtverordnetenvorsitzende kündigte an, sich von seinem Vorgänger abzusetzen. "Die Stadt ist kein Konzern, die Stadt ist ein Gemeinwesen." Der 38-Jährige ist seit zehn Jahren SPD-Mitglied, er zählt zum rechten und wirtschaftsfreundlichen Flügel der Partei.
Der Wahlsieg ändert indes nichts daran, dass Wiesbaden weiter von einer großen Koalition aus CDU und SPD regiert wird.
"Das ist bitter für die Union"
Für die im Land zusammen mit der FDP regierende CDU ist dies sechs Monate vor der Landtagswahl ein herber Rückschlag. Der nach sechs Jahren ohne große politische Fehler im Amt abgewählte Müller sagte, er habe das Ergebnis nicht erwartet.
Hessens Ministerpräsident und CDU-Landeschef Volker Bouffier sagte, es gebe nichts drumherumzureden: "Das ist bitter für die Union." SPD und Grüne sprachen von einer guten Vorlage, die schwarz-gelbe Landesregierung bei der Landtagswahl am 22. September abzulösen.
Im vergangenen Jahr hatte die CDU bereits eine Pleite bei der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt erlebt, als sich der Außenseiter Peter Feldmann (SPD) gegen den favorisierten hessischen Innenminister Boris Rhein (CDU) durchsetzte. Auch die OB-Wahlen in Stuttgart und Karlsruhe gingen für die CDU verloren. Wiesbaden liegt mit knapp 280.000 Einwohnern auf Rang 23 der deutschen Städte. Von den größeren Städten stellt die Union nur noch in Düsseldorf, Dresden, Wuppertal und Münster den Oberbürgermeister.