WikiLeaks-Enthüllungen FDP-Maulwurf lieferte den USA seit 2007 Interna

Er lieferte den Amerikanern Partei-Interna - und zwar deutlich früher als angenommen. Nach Informationen des SPIEGEL hielt Guido Westerwelles Büroleiter die US-Botschaft bereits seit 2007 auf dem Laufenden. Chefdiplomat Murphy will mit der FDP gern darüber reden, "wenn sich der Staub gelegt hat".
US-Botschaft in Berlin: "Es war eine sehr, sehr harte Woche"

US-Botschaft in Berlin: "Es war eine sehr, sehr harte Woche"

Foto: Wolfgang Kumm/ dpa

Hamburg - Bereit seit 2007 soll der bisherige Büroleiter von FDP-Chef Guido Westerwelle, Helmut Metzner, die US-Botschaft mit Informationen versorgt haben. Wie aus den Depeschen hervorgeht, die dem SPIEGEL vorliegen, gehen die Kontakte mindestens bis ins Jahr 2007 zurück. Am 22. Juni des Jahres kabelte die Berliner Botschaft einen Bericht nach Washington, in dem es unter anderem hieß: "Westerwelle positioniert sich als Außenminister der nächsten Bundesregierung." Als Quelle wird angegeben: Helmut Metzner, "Chef-Wahlkampfstratege" der Partei.

Der Vertraute Westerwelles hatte in der vergangenen Woche eingeräumt, die Quelle zu sein, auf die sich Berichte der amerikanischen Botschaft beziehen. So hatte er unter anderem von den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP berichtet. In einem Schreiben aus Berlin vom 3. Februar 2010 wird Metzners Einschätzung folgendermaßen rekapituliert: "Helmut Metzner beschuldigt die CDU/CSU, auf ihre eigenen internen Probleme zu reagieren." Die CDU habe mit der Kunduz-Affäre zu tun, die CSU mit einem schweren Bankenskandal.

Schon am 16. Februar sprach Metzner erneut mit einem Mitarbeiter der Botschaft: Westerwelle werde weiter seiner Überzeugung folgen, dass "Diplo-Speak" in seiner Rolle als Außenminister angemessen sei, er in der Innenpolitik aber weiterhin Klartext reden werde.

Das Auswärtige Amt zog bereits erste Konsequenzen aus der Veröffentlichung von Botschaftsberichten der Amerikaner. In einem Schreiben an alle "Leiterinnen und Leiter der Auslandsvertretungen" wies Staatssekretär Peter Ammon "aus gegebenem Anlass" darauf hin, dass es gute Tradition des Amts sei, "bei der Bewertung von Vorgängen und handelnden Akteuren ausgewogen, sachlich und analytisch zu berichten". Weiter heißt es: "Die sorgfältige Wahl des Ausdrucks in unserer Berichterstattung dient den Interessen unseres Landes."

US-Botschafter Murphy will mit FDP reden, "sobald sich der Staub gelegt hat"

In den von WikiLeaks veröffentlichten Depeschen der US-Botschaft in Berlin nach Washington hatte sich der amerikanische Botschafter in Deutschland, Philip Murphy, vor allem über Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kritisch geäußert.

"Es war eine entsetzliche Woche, es war eine sehr, sehr harte Woche, daran gibt es nicht den geringsten Zweifel", sagte Murphy nach den Enthüllungen. Er wies allerdings die Forderungen nach seiner Abberufung zurück. "Es ist Sache der USA, zu entscheiden, wie und mit wem sie angesichts dieser Berichte ihre Aufgaben in Deutschland effektiv erledigen wollen", sagte Murphy dem "Hamburger Abendblatt". Er gehe erst einmal nirgendwo hin. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Politiker von Union und Grünen hatten sich am Freitag gegen Forderungen aus der FDP verwahrt, eine Abberufung Murphys zu fordern.

"Kurzfristig gesehen ist dies eine sehr unangenehme Situation", räumte Murphy ein. "Aber bezüglich der langfristigen Auswirkungen wird sie völlig übertrieben dargestellt." Den kritischen Abgeordneten aus den Reihen der FDP bot der Diplomat an, "gern mit ihnen privat zu reden, sobald sich der Staub gelegt hat".

Wie viele Menschen sei auch er wütend über die Enthüllungen. "Ich habe mich nach Kräften für diese Woche entschuldigt und werde das auch weiterhin tun", so Murphy. "Einige Menschen wurden verletzt, darunter Menschen, für die ich persönlich Zuneigung empfinde. Aber wir kehren zu unserer Arbeit zurück - auch ich habe das bereits getan -, weil wir das müssen."

dapd/reuters/AFP/dpa
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