Wahlkampfhilfe Grüne kassieren Rekordspende von 300.000 Euro

Ein privater Investor aus Berlin hat den Grünen 300.000 Euro gespendet - eine Rekordsumme. Das Geld soll Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg zum Wahlsieg verhelfen.
Grünen-Promi Kretschmann: Geldspritze für die heiße Wahlkampfphase

Grünen-Promi Kretschmann: Geldspritze für die heiße Wahlkampfphase

Foto: Thomas Lohnes/ Getty Images

Die Grünen haben eine ungewöhnlich üppige Spende empfangen: 300.000 Euro wurden Ende Februar auf ihr Konto überwiesen. Es handelt sich um einen der größten Beträge, der in den vergangenen Jahren am Stück an eine deutsche Partei gespendet wurde. Am Dienstag wurde die Großspende auf der Website des Bundestags öffentlich gemacht. 

Als Spender wird der Berliner Vermögensberater Jochen Wermuth angegeben. Der 46-Jährige führt in Berlin eine Anlageberatungsfirma, die sich nach eigenen Angaben auf nachhaltige Investitionen, etwa im Bereich der erneuerbaren Energien, spezialisiert hat. 

Wermuth, der für Nachfragen zunächst nicht erreichbar war, spendete die Summe als Privatperson. Die Bundesgeschäftsstelle der Grünen bestätigte den Eingang der Spende und die Identität des Geldgebers.

Wie SPIEGEL ONLINE erfuhr, floss das Geld auf expliziten Wunsch des Spenders komplett an den Grünen-Landesverband in Baden-Württemberg. Dort kämpft Winfried Kretschmann am 13. März um seine Wiederwahl als bundesweit einziger Grünen-Ministerpräsident.

Die Grünen im Ländle sind über die Rekordspende begeistert: "Das hat uns richtig geholfen", hieß es aus dem Landesverband. In Umfragen hatten die Grünen zuletzt aufgeholt und lagen einmal bereits knapp vor der CDU.

Höchste Einzelsumme im laufenden Jahr

Seit 2002 veröffentlicht der Bundestag alle Parteispenden, die den Wert von 50.000 Euro übersteigen. Verbände und Firmen unterstützen Parteien regelmäßig mit Geld. Aber auch viele Privatpersonen machen hohe Summen locker, wie dieser Überblick zeigt:


Die Spende an die Grünen ist aus mehreren Gründen interessant:

1. Es geht um viel Geld: Die Gabe des Berliner Investors ist die bislang höchste separate Parteispende in diesem Jahr. Keine Partei konnte sich im Januar und Februar über einen ähnlichen Einzelposten freuen. Auch mit Blick auf die Vorjahre ist die Summe ungewöhnlich hoch. Zum Vergleich: 2015 ließ die Daimler AG den Regierungsparteien CDU und SPD jeweils 100.000 Euro zukommen. Oft werden Großspenden gestückelt, nur selten brechen Einzelposten die 300.000-Marke  - unabhängig davon, ob sie von Privatmenschen oder Konzernen stammen. Bei den Grünen geht man davon aus, noch nie zuvor eine so hohe Einzelspende erhalten zu haben.

2. Sie soll Kretschmann zum Wahlsieg verhelfen: Auch wenn die Grünen in Baden-Württemberg regieren, hat ihr 9000-Mitglieder-Landesverband ein deutlich kleineres Wahlkampfbudget zur Verfügung als etwa die CDU (69.000 Mitglieder). Die Landesgrünen haben rund eine Million Euro für den Wahlkampf zurückgelegt - da fallen 300.000 Euro zusätzlich ordentlich ins Gewicht. In den letzten Wochen vor dem Wahltag ringe man normalerweise um jeden Cent, heißt es aus dem Landesverband. Dank der Großspende sei die Lage nun entspannter.

3. Sie birgt Debattenstoff: 2015 brachte eine 100.000-Euro-Spende des Südwestmetall-Verbands  die Grünen in Erklärungsnot. Unter dem Dach der Organisation sitzt eine ganze Reihe von Rüstungsfirmen - die Friedens- und Umweltpartei nahm das Geld trotzdem gern an. Privatspender Wermuth, der Greenpeace unterstützt und mit Grünen-Promis wie Cem Özdemir gut vernetzt ist, hat zwar mit Rüstung nichts am Hut. Aber das Thema Großspenden wirft grundsätzliche Fragen nach der Unabhängigkeit von Parteien und möglicher Interessensverquickung auf. Für die Grünen sind diese Fragen besonders heikel: Sie drängen regelmäßig auf Obergrenzen von Parteispenden - vor allem wenn es einen Skandal gibt, wie 2013, als die 700.000-Euro-Spende der Quandt-Erben für Aufregung sorgte. Aber wie glaubwürdig wirkt das große Mosern, wenn man selbst große Summen von Privatpersonen bezieht?

Die Aktivisten von LobbyControl stellten am Dienstag schon einmal vorsorglich in Frage, ob die Grünen angesichts des 300.000-Euro-Geldsegens noch immer für eine Deckelung eintreten würden:

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