Putin bei Merkel in Meseberg Hauptsache, sie reden

Syrienkrieg, Ukrainekonflikt, Gaspipeline: Angela Merkel und Wladimir Putin haben an diesem Samstag auf Schloss Meseberg einiges zu besprechen. Beginnt damit eine Wiederannäherung?
Schloss Meseberg

Schloss Meseberg

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Das Schloss Meseberg ist ein Rückzugsort, vor allem im Sommer. Im Gästehaus der Bundesregierung lässt sich 60 Kilometer nördlich von Berlin in aller Ruhe über wichtige Themen reden.

Am Samstagabend erwartet Angela Merkel Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Meseberg. Es ist eine Zusammenkunft ohne große Delegationen, ein Austausch nur im kleinsten Kreis.

Es ist lange her, dass ein russischer Staatschef das Schloss betrat, zuletzt empfing Merkel hier im Juni 2010 den damaligen Präsidenten Dmitrij Medwedew. Das war vor der russischen Besetzung und Annexion der Krim sowie dem Krieg in der Ostukraine, der seitdem das Verhältnis belastet.

Doch Merkel bemüht sich nun, die deutsch-russischen Beziehungen wieder zu verbessern. Natürlich auch vor dem Hintergrund der wachsenden Gegensätze mit US-Präsident Donald Trump.

So gab es Ende Juli ein Treffen Merkels mit dem russischen und deutschen Außenminister in Berlin, an dem auch der Chef des russischen Generalstabs teilnahm. Details dieses Treffens, bei dem es insbesondere um die Lage in Syrien und in der Ostukraine ging, wurden damals nicht näher bekannt.

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Merkel und Putin: Von Moskau nach Meseberg

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Ähnlich verschwiegen dürfte es auch diesmal in Meseberg zugehen.

Die Themen, die Merkel ansprechen will, sind die Energieversorgung, sowie die Kriege in Syrien und in der Ostukraine. Von russischer Seite, so war aus deutschen Regierungskreisen zu hören, könnten auch die europäisch-amerikanischen Beziehungen und das Atomabkommen mit Iran zur Sprache kommen.

Eine wichtige Rolle wird der vorgesehene Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland spielen. Ein Projekt, das nicht nur in Europa auf Bedenken stößt, auch Donald Trump hat es mehrfach scharf kritisiert. Trump sieht die Gaslieferungen aus Russland als Konkurrenz zum Export von US-Flüssiggas nach Europa.

Im Sommer 2017 unterzeichnete er ein Sanktionsgesetz, das alle Firmen mit Strafen bedroht, die sich am Bau von Nord Stream 2 beteiligen. Das rief scharfe Kritik aus Berlin hervor, vor allem vom damaligen Außenminister Sigmar Gabriel. Bislang hat Trump das Gesetz noch nicht in Kraft gesetzt, doch die US-Seite hat die Sanktionsdrohungen zuletzt bekräftigt. Käme es tatsächlich dazu, wäre das Projekt womöglich am Ende, so die Einschätzung des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft.

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18 Jahre an der Macht: Die Ära des Wladimir Putin

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Neben den Wirtschaftsbeziehungen bleibt der Syrienkrieg ein Dauerthema zwischen Merkel und Putin. Gegenwärtig bereiten die russische und die syrische Armee eine Offensive auf Idlib vor, das letzte große von Rebellen kontrollierte Gebiet in dem Bürgerkriegsland. Rund 2,5 Millionen Menschen leben dort im Norden Syriens, unter ihnen sind viele Binnenflüchtlinge. Bei einer Invasion der Regierungstruppen bleibt ihnen nur noch die Flucht in die Türkei.

Das würde dann auch für Merkel zum Problem: Denn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat bereits deutlich gemacht, dass sein Land nicht gewillt ist, noch mehr Kriegsflüchtlinge aufzunehmen. Deshalb könnte ein neuer Exodus aus Syrien schnell wieder zu einer Krise für die EU werden.

Kriegsschäden in Nordsyrien

Kriegsschäden in Nordsyrien

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Möglicherweise wird es bei dem Treffen auch darum gehen, wie ein politischer Prozess für eine Nachkriegsordnung in Gang gebracht werden kann, heißt es in Diplomatenkreisen. Am 7. September werden Putin, Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf Einladung Erdogans zu einem Syriengipfel nach Istanbul kommen.

In Berlin hat sich insgeheim die Erkenntnis durchgesetzt, dass der syrische Diktator Assad mithilfe Moskaus an der Macht bleiben wird. Zugleich aber weiß auch Merkel, dass der Großteil der syrischen Flüchtlinge in Deutschland nicht nach Syrien zurückkehren wird, solange dort Assad mit Putins Hilfe herrscht.

Eine Delegation der syrischen Weißhelme, die in dieser Woche zu Gesprächen mit der Bundesregierung in Berlin war, brachte das Dilemma auf diese Formel: "Angela Merkel ist selbst unter sowjetischer Besatzung in der DDR aufgewachsen. Millionen Syrer leben nun unter russischer Besatzung. Die Kanzlerin muss einfach nur in ihre Vergangenheit schauen, um zu verstehen, was das bedeutet."

Kämpfe in der Ostukraine

Kämpfe in der Ostukraine

Foto: LYSEIKO/EPA-EFE/REX/Shutterstock

Ein wichtiger Punkt für die deutsche Seite bleibt der Konflikt in der Ostukraine, in dem seit vier Jahren mehr als 10.000 Menschen getötet wurden. Merkel hatte 2015 beim sogenannten Minsker Gipfel den Friedensplan mit großem persönlichen Einsatz vorangetrieben, später kümmerte sich vor allem Außenminister Frank-Walter Steinmeier um das Thema.

Auch sein Nachfolger Heiko Maas behält die Ukraine im Auge, war im Juni vor Ort und brachte vor den Sommerferien die Außenminister des sogenannten Normandie-Formats - Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine - nach mehr als 16 Monaten wieder an einen Tisch in Berlin.

Seitdem tagten die Arbeitsgruppen mit den politischen Direktoren der jeweiligen Außenministerien zwei Mal, konkrete Fortschritte aber sind bislang nicht zu verzeichnen. Unklar bleibt, wann und auf welchem Gebiet in der Ukraine eine - auch von Deutschland gewünschte - Uno-Mission zum Einsatz kommt. Ein echter Durchbruch, so war in Berliner Diplomatenkreisen zu hören, wird in Meseberg auch in dieser Frage nicht erwartet.

Der größte Erfolg des Treffens ist wohl, dass es überhaupt stattfindet.

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