Antisemitismus-Vorwurf AfD empfiehlt Parteiausschluss von Abgeordnetem Gedeon

Die rechtspopulistische AfD will den Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon aus Partei und Fraktion ausschließen. Er hatte 2012 ein Buch mit antisemitischen Passagen veröffentlicht.
Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon (AfD)

Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon (AfD)

Foto: Marijan Murat/ dpa

Der Bundesvorstand der Alternative für Deutschland (AfD) empfiehlt ein Parteiausschlussverfahren gegen den baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon. Grund dafür sind antisemitische Äußerungen des Parlamentariers.

In dem einstimmigen Beschluss der Bundesspitze der AfD heißt es, man sei "entsetzt" über Gedeons Äußerungen. Der Bundesvorstand empfiehlt deshalb, den Sachverhalt zu prüfen und Gedeon gegebenenfalls auszuschließen. Der Ausschluss müsste beim Landesschiedsgericht beantragt werden.

AfD-Politikerin Weidel: "Gedeon muss AfD umgehend verlassen"

Am Dienstag stimmte auch die Mehrheit der 23 AfD-Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg für einen Antrag, den Parlamentarier nach Antisemitismus-Vorwürfen aus der Fraktion auszuschließen. Über den eigentlichen Ausschluss muss nach Angaben der Fraktion laut Satzung in einer gesonderten Sitzung entschieden werden. Dafür müssen mindestens fünf Werktage vergangen sein. Der Ausschluss kann nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden. Die endgültige Entscheidung soll auf der Fraktionssitzung am 21. Juni fallen. Zum genauen Abstimmungsergebnis am Dienstag wollte die Fraktion keine Angaben machen.

Alice Weidel, Mitglied im Bundesvorstand der AfD, begrüßte den Beschluss der Landtagsfraktion. "Antisemitismus hat in der AfD nichts verloren. Gedeon muss die AfD umgehend verlassen, um weiteren Schaden abzuwenden", sagte Weidel, die zu den gemäßigten Kräften in der Partei gezählt wird und dem baden-württembergischen Landesverband angehört. "Das verstehe ich durchaus auch als Warnung für jeden, der auch nur ansatzweise derartiges Gedankengut teilt", erklärte sie weiter gegenüber SPIEGEL ONLINE.

AfD-Chef Meuthen: "Dulden keinen Antisemitismus"

Gedeon veröffentlichte 2012 das Buch "Der grüne Kommunismus und die Diktatur der Minderheiten", in dem er den Massenmord des nationalsozialistischen Deutschland an den europäischen Juden als "Zivilreligion des Westens" bezeichnet. Das Holocaust-Mahnmal in Berlin für die ermordeten Juden Europas erinnere laut Gedeon an "gewisse Schandtaten". Der wegen Holocaust-Leugnung verurteilte Rechtsextremist Horst Mahler ist für Gedeon ein "Dissident".

Gedeon ereifert sich nicht nur gegen Juden, sondern auch gegen Muslime. Er warnt vor einer "Zuwanderungs-Islamisierung", Migranten müssten zur "kulturellen Assimilation" gezwungen werden , sonst drohe Deutschland ein "politisch-kultureller Verdrängungsprozess".

Dass der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Singen sein Mandat niederlegen soll, hatten Anfang Juni bereits die Landtagsfraktionen von SPD, CDU, Grüne und FDP gefordert.

Der Berliner "Tagesspiegel" schreibt, der AfD-Bundesvorsitzende und Fraktionschef in Stuttgart, Jörg Meuthen, habe am vergangenen Mittwoch erklärt, er habe "gerade erst von den Vorwürfen gegen Herrn Gedeon" erfahren . Laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" schrieb Meuthen allerdings bereits 2013 eine E-Mail an Gedeon, in der es um ein Diskussionspapier Gedeons ging. Meuthen lehnte es ab. Zur Begründung schrieb er damals, er befürchte eine "erwartbare mediale Ausschlachtung" , sollte das Papier "in die Hände von Journalisten gelangen". Dennoch habe er "großen Respekt und auch Wertschätzung" für Gedeons Arbeit, so Meuthen in der Mail.

Meuthen erklärte am Dienstagabend nach der Entscheidung seiner Fraktion: "Wir dulden keinen Antisemitismus in unseren Reihen." Der AfD-Bundesvorsitzende sagte weiter, er halte die Vorwürfe, in dem Buch sei antisemitisches Gedankengut zu finden, für berechtigt.

cht/sev/dpa
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