Entscheidung von Partei-Bundesschiedsgericht Antisemit Gedeon aus AfD ausgeschlossen

Wolfgang Gedeon schwadronierte über eine "zionistische Weltverschwörung". Nun hat das AfD-Bundesschiedsgericht nach SPIEGEL-Informationen den Landtagsabgeordneten aus der Partei geworfen.
Wolfgang Gedeon beim AfD-Parteitag im November 2019 in Braunschweig

Wolfgang Gedeon beim AfD-Parteitag im November 2019 in Braunschweig

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Julian Stratenschulte/ picture alliance/ dpa

Die Alternative für Deutschland hat den als Antisemiten kritisierten Politiker Wolfgang Gedeon aus der Partei ausgeschlossen. Das hat nach SPIEGEL-Informationen das Bundesschiedsgericht der AfD entschieden. Der 72-Jährige sitzt als fraktionsloser Abgeordneter im baden-württembergischen Landtag. Mit seinen ehemaligen Fraktionskollegen ist er aber immer noch vernetzt.

Die aus drei Parteijuristen bestehende Kammer des AfD-Schiedsgerichts votierte nach SPIEGEL-Informationen einstimmig für den Ausschluss Gedeons. Das Urteil wird unter anderem mit dessen Verstößen gegen die Grundsätze der AfD begründet. Die Richter argumentieren, Gedeon stehe weltanschaulich nicht im Rahmen der innerparteilichen Meinungsbildung. Durch sein Verhalten habe er dem Ruf der Partei geschadet.

Nach SPIEGEL-Informationen bezieht sich das Bundesschiedsgericht in seiner Entscheidung unter anderem auf ein 2018 erschienenes Buch Gedeons ("Ich, die AfD und der Antisemitismus"). In dem Pamphlet schwadroniert der Landtagsabgeordnete über eine "zionistische Weltverschwörung", verharmlost die Shoah als "gewisse Schandtat" und bezeichnet Holocaust-Leugner als "Dissidenten".

Mithilfe der Polizei des Landtagsplenums verwiesen

Als einen weiteren Beleg für Gedeons parteischädigendes Verhalten sehen die Richter dessen rassistische Rede anlässlich der Rückgabe von Kolonialgütern durch das Land Baden-Württemberg an Namibia. Darin hatte Gedeon im März 2019 behauptet: "Der Kolonialismus ist Zeichen dafür, dass die europäische weiße Rasse anderen Völkern und Ethnien zivilisatorisch weit überlegen war."

Gedeon war im April 2013 in die AfD eingetreten und drei Jahre später in den Stuttgarter Landtag eingezogen. Weil er in Schriften teils antisemitisches Gedankengut verbreitet hatte, kam es bereits im Sommer 2016 zum parteiinternen Streit, in dessen Verlauf sich die AfD-Landtagsfraktion vorübergehend spaltete. Gedeon verzichtete schließlich auf die Fraktionsmitgliedschaft. Seitdem fällt er im Stuttgarter Parlament immer wieder unangenehm auf.

Im Dezember 2018 wurde er nach mehreren Zwischenrufen des Plenums verwiesen - mithilfe der Polizei. Gedeon ist wegen seiner kruden und verschwörungstheoretischen Reden berüchtigt. Erst Anfang dieses Monats spekulierte er, das Coronavirus sei womöglich ein Biowaffenangriff aus den USA.

Die AfD-Parteispitze wollte den Querulanten schon seit Langem loswerden. Der Landesvorstand forderte erstmals 2016 seinen Ausschluss wegen antisemitischer Äußerungen. Doch das Schiedsgericht der AfD Baden-Württemberg verwarf den Antrag im Jahr darauf aus formalen Gründen. Nach einer weiteren Niederlage vor dem Landesschiedsgericht in Schleswig-Holstein rief die Parteispitze vergangenen November das Bundesschiedsgericht an.

Die Parteijuristen beziehen sich nach SPIEGEL-Informationen in ihrem Urteil auch auf eine Einlassung Gedeons zur Gründung der Gruppierung "Juden in der AfD" 2018. Der Stuttgarter Landtagsabgeordnete hatte seinerzeit auf seiner Facebook-Seite kommentiert: "Im günstigsten Fall ist diese Gründung überflüssig wie ein Kropf, im ungünstigsten Fall handelt es sich um eine zionistische Lobbyorganisation, die den Interessen Deutschlands und der Deutschen zuwiderläuft."

Bei der rund drei Stunden dauernden mündlichen Verhandlung vor dem Bundesschiedsgericht am 7. März dieses Jahres soll sich Gedeon uneinsichtig gezeigt haben. Trotz des nun erfolgten Rausschmisses wird der Geschasste aber wohl auch weiterhin über Rückhalt in der AfD verfügen. Für seine verschwörungstheoretischen Reden im Stuttgarter Landtag erhält Gedeon immer wieder Applaus aus der Fraktion, vor allem von den zum rechten Flügel der Partei zählenden Parlamentariern.

Eine Mehrheit der AfD-Landtagsabgeordneten hätte es noch vor Kurzem gern gesehen, wenn Gedeon wieder Mitglied der Fraktion geworden wäre. Dafür sprach sich erst im Dezember eine Mehrheit von ihnen aus. Der von Gedeon zuvor gestellter Wiederaufnahmeantrag scheiterte aber an der nötigen Zweidrittelmehrheit.

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