Schäuble zu Jamaika-Aus Bewährungsprobe, keine Staatskrise
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble verlangt von den Parteien nach dem Ende der Jamaika-Sondierungen mehr Kompromissbereitschaft: "Wir tragen gemeinsam Verantwortung für unser Land", sagte er bei ersten Bundestagssitzung nach der Konstituierung.
Die Abgeordneten und ihre Parteien seien dabei nicht nur den Inhalten verpflichtet, für die sie beim Wähler inhaltlich geworben hätten, sondern auch der Bildung tragfähiger Mehrheiten zum Regieren, sagte der neue Bundestagspräsident. "Klar ist, dass regiert werden muss."
Im Kern lehnte sich Schäuble damit an die Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an. Dieser hatte am Montag von allen Parteien Gesprächsbereitschaft gefordert. Sie sollen den Wählerauftrag ernst nehmen und weiter eine Regierungsbildung versuchen, hatte Steinmeier gesagt und damit faktisch schnelle Neuwahlen ausgeschlossen.
Wie Steinmeiers Appell dürfte sich auch die Rede Schäubles besonders an die SPD richten. Parteichef Martin Schulz hatte mehrfach der Neuauflage einer Großen Koalition eine Absage erteilt.
Die aktuelle Situation sei eine Herausforderung, sagte Schäuble im Bundestag "Die Aufgabe ist groß, aber sie ist lösbar", sagte er: "Es ist eine Bewährungsprobe, aber es ist keine Staatskrise."
Kompromisse einzugehen, erfordere auch Mut und dürfe nicht als Schwäche ausgelegt werden. "Das ist kein Umfallen", sagte Schäuble. Auch die Wähler seien gefordert, Verständnis für diese Konsenssuche zu entwickeln, in der die beteiligten Parteien und Politiker bei Positionen Abstriche machen müssten. "Das geht nicht im Hauruck-Verfahren", warnte er vor Hektik.
Nach dem Scheitern der Gespräche von Union, FDP und Grünen über eine gemeinsame Regierung ist noch vollkommen offen, wie es weitergeht. Möglich wären Neuwahlen im kommenden Jahr, aber auch eine Minderheitsregierung oder eine große Koalition - auch wenn die SPD das bislang ablehnt.
Bundespräsident Steinmeier führt dazu Gespräche mit jenen Parteien, die nach Lage der Dinge für eine Regierung infrage kommen. Das geplante Treffen mit SPD-Chef Schulz soll nun am Donnerstag statt am Mittwoch stattfinden.
Angesichts der langwierigen Regierungsbildung will der Bundestag mithilfe eines Hauptausschusses seine Funktionsfähigkeit sicherstellen. Mit Ausnahme der Linken stimmen die Abgeordneten der im Bundestag vertretenen Parteien dafür, einen solchen Ausschuss mit 47 Mitgliedern zum zweiten Mal nach 2013 einzusetzen. Der Ausschuss übernimmt in der Gesetzgebung die Rolle der ordentlichen Bundestagsausschüsse, die erst nach der Bildung einer neuen Koalition besetzt werden.