Wulff-Affären Neue Vorwürfe gegen Niedersachsen-CDU

Wulff: Vorwürfe gegen Landes-CDU wegen Finanzierung einer Mitgliederzeitschrift
Foto: Wolfgang Kumm/ dpaHamburg - Für Unmut sorgt das Finanzierungsmodell einer CDU-Mitgliederzeitschrift in Niedersachsen. Hintergrund ist der Vertrag für das bis 2010 erschiene "Magazin für Niedersachsen", den die Niedersachsen-CDU nach NDR-Informationen 2005 mit einem parteinahen Verlag schloss.
Der Deal: Die CDU bekam das Heft weitgehend kostenlos und musste nur die Redaktionstexte beisteuern. Der Verlag ließ das Magazin drucken und an die Mitglieder verschicken - dafür durfte er die Anzeigenerlöse behalten. Die waren laut NDR ungewöhnlich hoch: Eine Seite kostete um die 10.000 Euro. Die Anzeigenerlöse lagen laut NDR Info bei bis zu 250.000 Euro pro Ausgabe. Der von den Christdemokraten beauftragte Kleinverlag hatte dagegen nur Druck- und Versandkosten von einigen zehntausend Euro pro Ausgabe.
Damals führte noch Christian Wulff, der heutige Bundespräsident, die Landespartei. Er steht seit Wochen wegen umstrittener Hausdarlehen und seinem Umgang mit Medien in der Kritik. Unter den Werbekunden des Parteimagazins waren auch Firmen von Wulffs Freunden, wie der NDR weiter berichtet:
- der AWD von Carsten Maschmeyer,
- Air Berlin von Joachim Hunold
- und ein Medienfonds von Filmunternehmer David Groenewold.
Der Verlag wiederum zahlte nach eigenen Angaben vergleichsweise hohe Provisionen an Anzeigenwerber.
"Raffinierte Konstruktion"
Der Düsseldorfer Parteienrechtsexperte Martin Morlok nannte den Vertrag zwischen CDU und Verlag eine "raffinierte Konstruktion, um die gesetzlichen Voraussetzungen zu umgehen". Die Vereinbarung sei zwar offenbar nicht rechtswidrig. Da die Partei letztlich durch das Magazin auch von den hohen Anzeigenpreisen profitiert habe, habe das Verlagsmodell aber gleich gegen drei Ziele des Parteiengesetzes verstoßen, sagte Morlok.
Die werbenden Unternehmen tauchten nicht im Rechenschaftsbericht der Partei auf, und sie hätten die Anzeigenkosten - im Gegensatz zu Parteispenden - steuerlich voll absetzen können. Zudem wolle der Gesetzgeber "auch keine Kommerzialisierung der Einwerbung der Gelder für die Partei". Wenn jedoch hohe Provisionen an Anzeigenwerber gezahlt würden, sei dies mehr als fragwürdig: "Es geht hier um wesentliche Grundlagen unseres Parteienfinanzierungssystems, die hier nicht richtig beachtet worden sind", sagte Morlok NDR Info.
Die niedersächsische CDU und der Verlag betonten dagegen, dass keinerlei Gelder zurück an die Partei geflossen seien. Die Einschätzung des Parteienrechtlers sei "schlichtweg falsch", sagte der Pressesprecher der CDU in Niedersachsen, Torben Stephan.
Mehrheit für Wulffs Rücktritt
Mittlerweile leidet Wulffs Ansehen in der Bevölkerung zunehmend: Nach dem aktuellen ZDF-Politbarometer glauben mittlerweile 75 Prozent der Befragten, dass der Bundespräsident dauerhaft beschädigt ist. Zwei Wochen zuvor waren es noch drei Prozent weniger. 50 Prozent wollen, dass Wulff von seinem Amt zurücktritt. 14 Tage zuvor waren es nur 44 Prozent der Befragten, die sagten, dass der Politiker das Schloss Bellevue verlassen soll.
Nach Angaben des Senders ist Wulffs Imagewert mittlerweile auf den schlechtesten gesunken, der je für einen Bundespräsidenten gemessen wurde: Auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf liegt er nur noch bei minus 0,8 Prozent. Zum Vergleich: Als Wulff sein Amt im Juli 2010 antrat, wurde seine Beliebtheit noch mit 1,9 Prozent gemessen.