"Politbarometer" zur Bundestagswahl ZDF rückt letzte Umfrage näher an Wahlsonntag

ZDF-Intendant Bellut: Wechselwähler sollen über aktuelles Stimmungsbild informiert werden
Foto: Jörg Carstensen/ dpaMainz - Das ZDF will seine letzte Umfrage zur Bundestagswahl am Donnerstag vor der Abstimmung veröffentlichen. In diesem Jahr werden die Ergebnisse des "Politbarometers" drei Tage vor dem Wahlsonntag und nicht eine Woche vorher bekanntgegeben, kündigte ZDF-Intendant Thomas Bellut vor dem Fernsehrat - einem Kontrollgremium - am Freitag in Mainz an. Damit will der Sender auf ein verändertes Wählerverhalten reagieren.
"Der Wähler entscheidet sich immer später", sagte Bellut. "Wechselwähler machen heute einen viel größeren Teil der Wählerschaft aus." Das ZDF sehe sich in der Pflicht, die Wähler mit einem aktuellen Stimmungsbild zu versorgen.
Die neue Regelung soll ab 2014 grundsätzlich für alle Wahlen von Bundestag, Landtagen und Europaparlament gelten. In diesem Jahr soll die Verlegung auf die Bundestagswahl begrenzt werden und nicht für die Landtagswahlen in Hessen und Bayern gelten. Die Menschen sollten nicht durcheinandergebracht werden, sagte der Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats und CDU-Politiker Ruprecht Polenz. Das ZDF will mit der ARD über die Verlegung der Umfragetermine sprechen. "Da wäre ich froh, wenn auch die ARD diese Regelung übernehmen würde", sagte Bellut.
ARD gegen Veröffentlichen von Last-Minute-Umfragen
Die ARD weigert sich bisher, in der Woche vor einer Wahl neue Meinungsumfragen zu veröffentlichen. Dies hatte der Sender bereits im Februar deutlich gemacht. WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn, der den ARD-Deutschlandtrend moderiert, sagte damals dem "Cicero", solche Zahlen könnten "einen Kreislauf zwischen taktischen Wahlentscheidungen und neuen Entscheidungsgrundlagen" in Gang setzen, der dem demokratischen Prozess nicht förderlich sei. In anderen europäischen Ländern wie etwa Italien ist die Veröffentlichung von Umfragen wenige Tage vor der Wahl sogar verboten.
Nach der Niedersachsen-Wahl hatte ZDF-Hauptredaktionsleiter Theo Koll bereits deutlich gemacht, dass sein Sender eine Last-Minute-Umfrage vor der Bundestagswahl erwäge - um den Wähler auf den aktualisierten Stand der jüngsten Zahlen zu bringen. Angesichts der sich immer später entscheidenden Wähler sei es nicht mehr vertretbar, veraltete Zahlen wider besseres Wissen als scheinbar letzten Kenntnisstand der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Das hätte auch Auswirkungen auf taktisches Wählen. Bei der Landtagswahl im Januar hatten viele Anhänger der CDU für die FDP gestimmt. Sie wollten den kriselnden Liberalen über die Fünfprozenthürde helfen. Umfragen, nach denen die FDP um ihren Einzug in den Landtag in Hannover bangen musste, waren aber schon zehn Tage alt. Tatsächlich hatte sie in Meinungsumfragen bereits die Hürde genommen, die erhobenen Daten blieben aber unveröffentlicht.