Fotostrecke

ZDF-Grafik: Rätselhafter Balken-Wuchs

AfD-Umfragedaten ZDF verwirrt mit Wahlgrafik

Wenige Tage vor der Wahl bringt das ZDF noch eine Umfrage - und prompt geraten dem Sender die bunten Balken der Parteien durcheinander. Die FDP schrumpft übermäßig, Grüne und AfD stehen größer da. Wie konnte das passieren? Die AfD wittert gleich eine Intrige.

Eigentlich könnte die AfD ganz zufrieden sein: Als das ZDF am Donnerstagabend sein aktuelles Politbarometer vorstellte, war in der Grafik der Balken für die AfD deutlich höher als es dem tatsächlichen Umfrageergebnis entspricht. Doch die Anti-Europartei war erbost - ihr Vorsitzender witterte eine Intrige.

Dass ein öffentlich-rechtlicher Sender überhaupt vier Tage vor der Wahl noch eine Umfrage veröffentlicht, ist ungewöhnlich. In früheren Jahren verzichteten ARD und ZDF auf diese Praxis, um nicht auf den letzten Metern vor der Wahlurne die Stimmung der Wähler unbotmäßig zu beeinflussen. Nicht so in diesem Jahr. "Das ZDF bietet ein aktuelles Stimmungsbild", verkündete "heute journal"-Moderatorin Marietta Slomka am Donnerstagabend - denn die vielen "Last-Minute-Entscheider" machten die Wahl in diesem Jahr so richtig spannend.

"Jetzt schon zu sagen, die Messe ist gelesen, wäre tatsächlich ganz falsch", so Slomka.

Ganz falsch war dann aber vor allem das Politbarometer selbst - jedenfalls die grafische Darstellung der Umfrage im ZDF. Dem aufmerksamen Zuschauer konnte nicht entgehen, dass die Zahlen und Balken auf dem Bildschirm nicht recht zusammenpassten. So wurde die FDP mit 5,5 Prozent Umfrageergebnis als gelber Winzling abgebildet, ihr Balken deutlich niedriger als der der Euro-kritischen Alternative für Deutschland (AfD). Dabei hätte das Ergebnis umgekehrt sein müssen - schließlich ergibt die Prognose der Forschungsgruppe Wahlen für die blutjunge Anti-Euro-Partei nur vier Prozent.

Auch die anderen Ergebnisse erschienen seltsam verzerrt. So überragte der Balken der Grünen den der benachbarten Linkspartei fast um die Hälfte, obwohl der Unterschied zwischen beiden Parteien in der Umfrage nur 0,5 Prozent betrug. Die Balken von Linkspartei und AfD sind fast gleich hoch, obwohl die Linke mehr als doppelt so viele Stimmen in der Umfrage erntete.

Derselbe Fehler passierte in der anschließenden Sendung von Maybrit Illner, in der die Grafik abermals gezeigt wurde.

Rohdaten verwechselt? Das vermutet die AfD

"Es würde mich nicht wundern, wenn der Balken unsere tatsächlichen Umfrageergebnisse abbildet", sagt AfD-Parteichef Bernd Lucke. Er wirft die Frage auf, ob der Sender nicht versehentlich die Rohdaten aller Parteien in den Balken abgebildet haben könnte - kombiniert mit den anschließend korrigierten oder gemittelten Zahlen.

Wäre der Vorwurf begründet, läge die FDP in den Rohdaten wohl deutlich unter fünf Prozent - und die Grünen viel weiter vor der Linkspartei, als die Zahlen es erwarten lassen.

Beim ZDF weist man Luckes Vorwurf zurück: "Unsere Grafiksoftware hatte leider einen Fehler", sagt ZDF-Moderator Theo Koll. Die Forschungsgruppe liefere dem ZDF keine Rohdaten, sondern die bereinigten Umfrageergebnisse. Diese habe die Redaktion auch korrekt in die Grafik-Software eingegeben, sie seien aber vom Programm wegen eines Fehlers "leicht disproportional abgebildet" worden. Einen Testlauf der Software vor der Sendung habe es nicht gegeben, weil das Programm bisher immer einwandfrei funktioniert habe.

Online sei der Fehler auch nicht passiert, und nachdem man ihn entdeckt habe, sei die Grafik für die Frühsendungen am nächsten Morgen korrigiert worden. Matthias Jung, Chef der Forschungsgruppe Wahlen, bestätigte, man habe mit der Grafik des ZDF nichts zu tun. "Wir liefern die Zahlen in einem altertümlichen, aber verlässlichen Format." Es müsse ein "Bug" in der Grafiksoftware gesteckt haben. Jung schloss ausdrücklich aus, dass versehentlich die Rohdaten gezeigt worden sein könnten. "Die laufen ausschließlich auf unseren Rechnern, das ZDF erhält sie nicht."

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren