Gerichtsurteil Bremerhaven scheitert mit Zensusklage

Etappensieg: Die erste Klage gegen den Zensus wurde abgewiesen

Etappensieg: Die erste Klage gegen den Zensus wurde abgewiesen

Foto: Arne Dedert/ dpa

Das Verwaltungsgericht Bremen hat die Klage der Stadt Bremerhaven gegen den Zensus 2011 abgewiesen. Viele Gemeinden verfolgten den Fall aus finanziellen Gründen gespannt - denn in Kürze beginnen auch ihre Verfahren.

Mindestens 346 deutsche Kommunen sind gegen den Zensus vor Gericht gezogen. Von ihnen war Bremerhaven die erste Stadt, deren Verfahren bereits eröffnet worden war. Nach nur einem Verfahrenstag und zwei Wochen Bedenkzeit hat das Verwaltungsgericht Bremen am Dienstag beschlossen: Bremerhaven muss die im Mai 2011 durch die Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl hinnehmen.

Damit hat die Stadt nur noch etwa 108.000 Einwohner, 5000 weniger als der offizielle Stand vor dem Zensus. Bremerhaven entgeht dadurch knapp eine halbe Million Euro pro Jahr aus dem kommunalen Finanzausgleich. Ähnliche Verluste treffen auch andere Gemeinden, die in großer Zahl durch den Zensus Einwohner verloren hatten.

Deutschlandweit kritisieren sie die Methode des Zensus, der erstmals keine Vollzählung war, sondern die Bevölkerungsgröße in Städten ab 10.000 Einwohnern nach einer Stichprobenzählung lediglich hochrechnete. Viele halten den Zensus sogar für verfassungswidrig.

Das Verwaltungsgericht hat nun in erster Instanz geurteilt, dass die Qualität des Zensus gut genug sei, um eine inakzeptable Abweichung der Zählung von der tatsächlichen Einwohnerzahl auszuschließen. Außerdem sei das Zensusgesetz grundsätzlich verfassungskonform. Es enthält grundlegende Anweisungen, wie der Zensus durchzuführen war.

Im Statistischen Bundesamt in Wiesbaden sehe man sich bestätigt, den Zensus gesetzeskonform abgewickelt zu haben, sagte ein Sprecher. Man könne das Urteil nachvollziehen.

In Bremerhaven gibt man sich indessen wenig eingeschüchtert durch den Richterspruch. "Wir müssen das Urteil zwar noch genauer studieren, aber es ist wahrscheinlich, dass wir in Berufung gehen", sagt Horst Keipke, Zensusexperte der Stadt. Das Verwaltungsgericht Bremen hatte direkt mit seinem Urteil klargestellt, dass der Weg zur nächsten Instanz "wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens" zugelassen sei.

Das Bremer Urteil ist lediglich der Auftakt einer großen Klagewelle der Gemeinden gegen die Statistischen Ämter in den Bundesländern, die dort den Zensus durchgeführt haben. Da die Klagen an vielen verschiedenen Verwaltungsgerichten vorliegen und die Zensusproblematik sowohl statistisch als auch juristisch als sehr komplex gilt, sind durchaus Urteile denkbar, die von dem Bremerhavens abweichen. Um den Zensus vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen, würde es ausreichen, wenn eines der Gerichte im Laufe des Verfahrens beschlösse, das Zensusgesetz den obersten Richtern in Karlsruhe vorzulegen.

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