Zentrum für Politische Schönheit Aktion gegen Höcke soll Ermittlungen ausgelöst haben

Künstler im Visier der Justiz: Nach SPIEGEL-Informationen geht das Verfahren gegen das Zentrum für Politische Schönheit auf dessen vermeintliche Überwachung des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke zurück. Die Akte soll sehr dünn sein.
Holocaust-Mahnmal in Bornhagen, Höcke-Haus: Keine Anhaltspunkte für Überwachung

Holocaust-Mahnmal in Bornhagen, Höcke-Haus: Keine Anhaltspunkte für Überwachung

Foto: KAI PFAFFENBACH/ REUTERS

Das Ermittlungsverfahren gegen das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung wurde am 29. November 2017 nach SPIEGEL-Informationen von Amts wegen eingeleitet.

Als Grund wird in Justizkreisen genannt: Die Künstlergruppe habe sich seinerzeit öffentlich selbst bezichtigt, den Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke monatelang observiert und ausgespäht zu haben, unter anderem mit Kameras, die auf dessen Wohnhaus gerichtet gewesen sein sollen.

Die Ermittlungen nach Paragraph 129 des Strafgesetzbuches seien vor diesem Hintergrund zwangsläufig gewesen, heißt es; ob es sich dabei um eine Kunstaktion gehandelt haben soll, sei irrelevant.

Das ZPS hatte im November 2017 in unmittelbarer Nähe des Höcke-Hauses einen Ableger des Berliner Holocaust-Mahnmals errichtet, um gegen Aussagen des AfD-Politikers über das Mahnmal und die deutsche Erinnerungskultur zu protestieren. In diesem Zusammenhang erklärten die Aktionskünstler auch, sie hätten Höcke über zehn Monate rund um die Uhr überwacht, als "Zivilgesellschaftlicher Verfassungsschutz".

Wenig später behauptete die Gruppe, alles sei nur ein Bluff gewesen. Zu diesem Zeitpunkt liefen die Ermittlungen aber schon.

"Wir sollen ausgeleuchtet, kriminalisiert und stigmatisiert werden"

Nach Angaben aus Justizkreisen sollen bei den bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keine Telefonüberwachung oder ähnliche Ermittlungsmethoden gegen den beschuldigten Mitbegründer des ZPS, Philipp Ruch, zum Einsatz gekommen sein. Die Ermittlungsakte sei sehr dünn, das Verfahren stehe demnach kurz vor der Einstellung, da es bisher keinerlei Anhaltspunkte gebe, dass das Künstlerkollektiv Höcke tatsächlich überwacht habe oder eine kriminelle Vereinigung gebildet habe.

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Aktion gegen Höcke: Aufregung in Bornhagen

Foto: Patryk Witt/ Zentrum für Politische Schönheit

Das Ermittlungsverfahren war durch die Antwort der thüringischen Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage eines Linken-Abgeordneten bekannt geworden. Das ZPS protestierte scharf gegen die Ermittlungen. "Der Staat packt eine der schärfsten juristischen Waffen - die sich gegen Schwerstkriminelle richtet - gegen das Zentrum und die verfassungsrechtlich garantierte Kunstfreiheit aus", hieß es auf der Homepage. "Wir sollen ausgeleuchtet, kriminalisiert und stigmatisiert werden."

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat warf der Staatsanwaltschaft Eingriffe "in die grundgesetzlich gewährleistete Kunst- und Meinungsfreiheit" vor. "Die Ermittlungen legitimieren nur die Nazis und Höcke", sagte der Rechtsexperte. Movassat forderte, die Ermittlungen gegen die Künstler sofort einzustellen.

SPIEGEL TV Magazin über die Mahnmal-Protestaktion(26.11.2017)

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Mit Material von AFP
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