»DIE ERDE IST EIN WANDERPOKAL«
21. 7.1941, nachts
Bei ihren Schwächen haben die Italiener doch viele Eigenschaften, die sie für uns liebenswert machen. Italien ist die Heimat der Staatsidee, war doch das römische Weltreich die einzige wirklich große staatspolitische Gestaltung. Die Musikalität des Volkes, ihr Sinn für schöne Verhältnisse und Proportionen, die Schönheit ihrer Menschen!. . .
Und dann unsere eigene Geschichte auf italienischem Boden! Wer kein Organ für Geschichte hat, ist wie ein Mensch, der kein Gehör oder kein Gesicht hat. Leben kann er auch so, aber was ist das?!
Der Zauber von Florenz und Rom, Ravenna und Siena oder Perugia, wie schön die Toskana und Umbrien! Jeder Palast in Florenz oder Rom ist mehr wert als das ganze Windsor Castle. Wenn die Engländer Florenz oder Rom zerstören, so ist das ein Verbrechen. Um Moskau ist es nicht schade, und leider wäre es heute auch bei Berlin kein Verlust.
Ich habe Rom und Paris gesehen. Ich muß sagen, Paris hat, abgesehen vielleicht vom Triumphbogen, nichts Großes im Stil des Colosseum oder der Engelsburg oder auch des Vatikans: Gemeinschaftsarbeiten, die über das einzelne hinausragen. Irgend etwas ist bei den Pariser Bauten immer bizarr, seien es »Ochsenaugen« (Rundfenster im Dach), unmöglich in den Verhältnissen zum Bauganzen, oder ein Giebel, der die Fassade erdrückt, oder wenn ich das antike Pantheon mit dem Pariser Bau vergleiche: Wie schlecht ist dieser konstruiert! Dazu die Plastiken! Was ich auch in Paris gesehen habe, es gleitet an mir ab, Rom dagegen hat mich richtig ergriffen.
Neapel, vom Castell abgesehen, hätte das auch Südamerika sein können. Aber dann wieder der Hof des Palastes, wie großartig in den Verhältnissen, alles abgewogen, eins gegen das andere! Ich könnte mir nur wünschen, wie ein unbekannter Maler dort herumstreichen zu können. Statt dessen: hier Gruppen, dort Gruppen, der Duce dazu, der nicht mehr als drei Bilder sehen kann; so sah ich überhaupt nichts an Gemälden.
Auch Sizilien soll wunderbar sein.
8. und 9.9.1941, nachts
Wir dürfen von Europa keinen Germanen mehr nach Amerika gehen lassen. Die Norweger, Schweden, Dänen, Niederländer müssen wir alle in die Ostgebiete hereinleiten; das werden Glieder des Reichs. Wir stehen vor der großen Zukunftsaufgabe, planmäßig Rassenpolitik zu treiben. Wir müssen das schon deshalb tun, um der Inzucht zu begegnen, die bei uns Platz greift. Die Schweizer werden wir allerdings nur als Gastwirte verwenden können...
23. 3.1942, abends
Roosevelt ist ja geisteskrank, wie vor Jahren schon ein Professor öffentlich erklärt hat. (Er) erklärt den Krieg und läßt sich daraufhin nicht nur völlig unvorbereitet aus Ostasien 'rauswerfen, sondern auch seine Handelsschiffe weiter vor der USA-Küste hin und her fahren, wie im Frieden und - abknallen. Fährt wirr von Washington wegen Fliegergefahr auf sein Gut, zurück nach Washington und so fort. Auch seine Presseerklärungen zeigen, daß der Mann geisteskrank ist. Er macht ja sein ganzes Land hysterisch, wie er es treibt. Wie wäre es sonst möglich, daß in Chikago aufgrund eines Rundfunksketches, daß Marsbewohner dort gelandet seien, unter vernünftigen Menschen eine Panik ausbricht...
25. 3. 1942, abends
Der Chef erzählte: Am Nachmittag habe er das Tollste gesehen, was er bisher überhaupt an Photos aus den USA zu Gesicht bekommen habe. Die Abbildung eines Girls, das bestimmt sei, dem USA-Reserveoffizierkorps das Benehmen beizubringen. Eine Übersteigerung des Girlkultes, daß man sich nur an den Kopf fassen könne. Aber es sei ja nun einmal so in den USA, daß man drüben Oberst leichter als bei uns Leutnant würde und die Ernennung zu hohen militärischen Rängen oft die reinste Schiebung von Geschäftsleuten sei.
Der Chef kam dann auf die Tanzkunst zu sprechen und meinte, das müsse man den Amerikanern ja lassen, Tänzerinnen von wirklichem Können hätten sie aufzuweisen wie wir zur Zeit wohl niemanden! Insbesondere denke er da an Myriam Verne, die in ihrem graziösen, eleganten Bühnentanz ein einziger ästhetischer Genuß sei. Es sei jammerschade, daß es nicht gelungen sei, für diese Tänzerin, die nicht nur im
Metropoltheater in Berlin, sondern auch auf seinem Bühnenfest in der Reichskanzlei begeistert habe, eine Ausreiseerlaubnis aus den USA zu erwirken. Die Tänzerin, die sehr rasch Deutsch gelernt habe, habe sich stets günstig über ihn - auch nach Kriegsausbruch - in Frankreich und USA geäußert.
5. 4. 1942, mittags
Beim Mittagessen äußerte sich der Chef sodann über den Heldenkampf der Finnen: Nach ihrem ersten Krieg mit den Russen* seien die Finnen zu ihm gekommen und hätten ihm angetragen, deutsches Protektorat zu werden. Er bedauere es nicht, das damals abgelehnt zu haben. Denn die heldenhafte Haltung dieses Volkes, das von 600 Jahren allein 100 Jahre im Krieg zugebracht habe, verdiene höchste Anerkennung.
Es sei viel richtiger, sich solch ein Heldenvolk als Bundesgenossen zu erhalten als es dem germanischen Reich einzugliedern zu versuchen, da es dann doch nur zu Schwierigkeiten komme. Die Finnen als unsere eine Flanke und die Türkei als unsere andere Flanke seien für- ihn ideale Lösungen unseres politischen. Flankensystems überhaupt.
Abgesehen von diesen Erwägungen eigne sich Karelien und so weiter auch seinem ganzen Klima nach nicht für uns Deutsche. Wenn er, der Chef, dort einmal unsere tapferen Soldaten besuchen müßte und von ihnen gefragt würde, was er von diesem unfruchtbaren Land, dessen Besiedelung nicht einmal die. Russen versucht hätten, halte, könne er nur in das Klagelied unserer Soldaten einstimmen.
Norwegen verdiene eine andere Beurteilung, da es aufgrund des Golfstromes klimatisch günstigere Verhältnisse aufweise. Der Reichsführer der SS brauche sich deshalb keine Hoffnungen zu machen, mit seinen Konzentrationslager-Insassen die russischen Strafkolonien am Murmansk-Kanal ablösen zu müssen. Er, der Chef, brauche die Arbeitskraft dieser Leute viel dringender, um im weiten russischen Raum die erforderlichen Rüstungsfabriken zu bauen . . .
8. 5.1942, abends
Die Franzosen hätten... nach dem Weltkrieg uns gegenüber zur Genüge bewiesen, daß ihnen jeder Edelmut fehle. Deutschen, die damals in französische Kriegsgefangenschaft geraten seien, sei das ihnen von Negern gegebene Wasser von sadistischen französischen Krankenschwestern entrissen worden. Wenn man überhaupt einmal das Verhalten der Franzosen in jener Zeit überdenke, so kämen sie einem vor wie Spießer, die, durch eine Reihe von Zufällen groß geworden, mangels jeden Selbstvertrauens versuchten, ihre Macht durch rabiatesten Terror zu halten...
Es könne ihm deshalb niemand verdenken, wenn er Frankreich gegenüber sich auf den Standpunkt stelle: Wer hat, hat! Denn wer das, was er habe, wieder weggebe, versündige sich, da er wieder fortgebe, was er sich als der Stärkere von dieser Erde mühsam erobert habe.
Die Erde sei eben wie ein Wanderpokal und habe deshalb das Bestreben, immer in die Hand des Stärksten zu kommen...
17. 5.1942, abends
Beim Abendessen meinte der Chef, ausländische Journalisten glaubten uns dadurch imponieren zu können, daß sie uns unter Hinweis auf unser Bündnis mit Japan den Verrat an unserer Rassegesetzgebung und das Heraufbeschwören der »Gelben Gefahr« zum Vorwurf machten.
Diesen Würstchen könne man nur entgegenhalten, daß ja gerade England es gewesen sei, das im 1. Weltkrieg den Japaner zu Hilfe geholt habe, um uns den Garaus zu machen. Auch könne man ihnen getrost ins Gesicht schleudern, daß wir bei diesem Kampf um Sein oder Nichtsein uns sogar mit dem Teufel verbünden würden, um zu siegen . . .
29. 6.1942, mittags
Auf eins möchte er aber auch bei dieser Gelegenheit hinweisen - man könne ja gar nicht oft genug darauf hinweisen -, daß nämlich die Zusammenschweißung Europas nicht durch das Einigungsbestreben einer Fülle von Staatsmännern ermöglicht worden sei, sondern nur mit Waffengewalt zu machen gewesen wäre.
Auch die Zusammenschweißung Bayerns, Württembergs, Badens und so weiter mit Preußen zum Deutschen Reich Bismarcks sei ja nicht auf die hochherzige und verständige Gesinnung der Fürsten zurückzuführen gewesen, sondern auf die Bedeutung des preußischen Zündnadelgewehrs für die damalige Zeit ...
21. 7.1942, abends
Beim Abendessen kam der Chef auf die französische Eigenart zu sprechen, daß sich der wohlhabende Bürger ebenso wie der hohe Offizier, der bedeutende Künstler ebenso wie der prominente Politiker in irgendeinem Dorf - meist seinem Heimatdorf - eine Villa mit einem gepflegten kleinen Park zulege. So finde man fast in jedem französischen Dorf unter den überwiegend unscheinbaren Häusern eine oder mehrere schöne Villen, die einem Rechtsanwalt, einem Spinnereibesitzer, einem Maler und so weiter gehörten.
Die führende Schicht Frankreichs verfüge, da sie jährlich zwei oder drei Monate in diesen Sommervillen zu verbringen pflege, über eine Verbundenheit mit dem Lande, die politisch nicht zu unterschätzen sei. Denn mit der Zeit lernten die Villenbesitzer ganz von selbst jeden einzelnen Dorfbewohner kennen und kämen mit ihm ins Gespräch. So würden ihnen ohne viel Schwierigkeiten die Sorgen und Freuden auch der einfachsten Bevölkerungsschichten sowie all die kleinen und großen Nöte auf dem Lande bekannt.
Es gäbe in einem Staate kaum einen besseren Schutz gegen Weltfremdheit der führenden Schicht als diesen. Beim Abendessen . . . sprach er dann den Wunsch aus, daß die »Militärgirls« von amerikanischen Soldaten bei einer »Zweiten. Front« als erste kämen. Die könnten etwas lernen!
24. 7.1942, abends
Schwierig sei nur der Fall Belgien: Wenn es gelingen sollte, den belgischen König mit einer Jahrespension von etwa einer halben Million abzuschieben und ihn mit Hilfe dieser verfeinerten Klostermethode in der politischen Versenkung verschwinden zu lassen, würde er das nur begrüßen. Den ihm als Verbindungsoffizier zugeteilten deutschen Oberst habe er ja bereits mit allen möglichen Mätzchen derart »eingeseift«, daß es nur noch fehle, daß er ihn durch Anhängen seines Hausordens zum Hanswursten stempele. Welches Selbstbewußtsein würde doch in einer solchen Lage ein englischer Oberst gezeigt haben, man denke nur an den »Kerkermeister« Napoleons.
Leider werde nicht nur in England und Amerika, sondern auch in Stockholm und den Schweizer Städten das Juden-Gewäsch von der Bevölkerung bedingungslos geglaubt. Die Gründe dafür, daß die Juden mit ihrer Rabulistik soviel Glauben fanden, seien am klarsten beim Schweizer Volk erkennbar. Der eine verfolgte dort Milch-Interessen, der andere Getreide-Preise, der dritte Uhrengeschäfte und so weiter. Der alte Herr Tell allein könne dabei den militärischen Geist natürlich auch nicht hochhalten. Die Folge davon sei, daß man heute in der Schweiz soldatisch so stark abgewirtschaftet habe, daß der Schweizer Offizier, der diesen Krieg richtig darstelle, seines militärischen Ranges entkleidet werde.
* Finnisch-sowjetischer Winterkrieg vom 28. November 1939 bis 12. März 1940.
US-Präsident Roosevelt
»Macht sein Land hysterisch«
Eidgenosse Tell
»Kann den Geist nicht hochhalten«