KOMMUNISTEN / VERBOTS-FOLGEN Die feindliche Schreibmaschine
Drei Instanzen der schleswig-holsteininischen Justizmaschinerie beschäftigten sich seit Mitte August mit der Frage, ob der Redakteur Rolf Herrmann durch Benutzung seiner privaten Schreibmaschine an den Grundfesten der verfassungsmäßigen Ordnung gerüttelt hat.
Redakteur Herrmann ist beim Kieler KPD-Organ »Norddeutsches Echo« angestellt gewesen. Am 17. August 1956, dem Tage des KPD-Verbots, veranstaltete deshalb der Kriminalsekretär Lemke von der Kriminalpolizeistelle Bad Oldesloe in der Wohnung des Herrmann eine Haussuchung nach verfassungsfeindlichem Schrifttum.
Rolf Herrmann hatte jedoch Bücherschrank und Schreibtisch bereits von jeglicher Parteikorrespondenz und kommunistischer Literatur gesäubert. Kriminalsekretär Lemke kam aber doch nicht mit leeren Händen zu seiner Dienststelle zurück. Er hatte die private Torpedo-Schreibmaschine Nr. 523 888 des Rolf Herrmann beschlagnahmt. Begründung: »Auf dieser Maschine haben Sie doch Ihre kommunistischen Artikel getippt.«
Redakteur Herrmann widersprach mit dem Hinweis, er habe seine Berichte stets einer Sekretärin in eine verlagseigene Schreibmaschine diktiert.
Immerhin wollte der Beamte die Rechtmäßigkeit dieser Beschlagnahme durch einen richterlichen Beschluß bestätigen lassen, wie es Paragraph 98 der Strafprozeßordnung* vorschreibt. Der für den Wohnsitz Herrmanns zuständige Amtsrichter in Ahrensburg glaubte jedoch nicht an eine verfassungsfeindliche Benutzung der Schreibmaschine und lehnte es ab, die Beschlagnahme zu bestätigen.
Gegen diesen Beschluß erhob aber die Staatsanwaltschaft Beschwerde, worauf sich der Strafsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes in Schleswig mit der Schreibmaschine des Rolf Herrmann befassen mußte. Der Senat entschied, daß die Große Strafkammer II beim Lübecker Landgericht über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zu befinden habe.
Unter Vorsitz des Lübecker Landgerichtsdirektors Dr. Joachim Brammer kam dieses Gericht zu dem Ergebnis, daß gegen Rolf Herrmann erheblicher Tatverdacht bestehe, als Hintermann oder Rädelsführer die Bestrebungen einer Vereinigung - nämlich der KPD - gefördert zu haben, deren Tätigkeit sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet habe. Mithin, so schloß das Gericht, sei damit zu rechnen, daß die fragliche Schreibmaschine in einem Prozeß gegen den Hintermann und Rädelsführer Rolf Herrmann für alle Zeiten gerichtlich eingezogen werde. »Die Schreibmaschine«, so formulierte das Gericht, »ist ein Gegenstand im Sinne des Paragraphen 40 des Strafgesetzbuches, denn sie ist zur Begehung verfassungsfeindlicher Delikte gebraucht worden.«
Nun heißt es in Paragraph 40 des Strafgesetzbuches aber: »Gegenstände..., welche ... zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind, können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden.«
Redakteur Herrmann berief sich auf den Wortlaut dieses Paragraphen, der die Einziehung eines Gegenstandes nur dann erlaubt, wenn der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Herrmann meint, daß er unmöglich vorsätzlich gehandelt haben könne, da seine Tätigkeit bis zum KPD-Verbot nicht strafbar gewesen sei; denn die KPD sei bis zu ihrem Verbot eine offiziell zugelassene Partei gewesen, und selbst das Bundesverfassungsgericht habe fast fünf Jahre gebraucht, um zu entscheiden, ob die KPD verfassungsfeindlich sei oder nicht.
Aber dieses Argument wird dem Redakteur nicht zu seiner Schreibmaschine verhelfen. Gegen den Entscheid des Lübecker Landgerichts kann er nämlich kein Rechtsmittel mehr einlegen.
Bei dem kommunistischen »Norddeutschen Echo« ist Rolf Herrmann Sportredakteur gewesen.
* Paragraph 98, Abs. 2 StPO: »Der Beamte, der einen Gegenstand ohne richterliche Anordnung beschlagnahmt hat, soll binnen drei Tagen um die richterliche Bestätigung nachsuchen ..., wenn der Betroffene ... gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat.«
Ehemaliger KP-Journalist Herrmann
War die Verfassung gefährdet?