ANGLO-AMERIKA Die große Kapitulation
Ursprünglich war der Churchill-Besuch in Washington als rein freundschaftliche Plauderei plakatiert worden, die gar keine konkreten politischen Ergebnisse haben sollte.
Aber nachdem eine »verbindliche Intimität« zwischen den beiden großen Alliierten wiederhergestellt war, machten die Amerikaner ihren inoffizell angedrohten Entschluß wahr, nämlich - wie die Londoner »Times« es ausdrückte - dem »Mr. Churchill diese und jene politische Auffassung durch die Kehle zu zwängen«.
Die Gespräche zwischen Acheson und Eden, Churchill und Truman in der letzten Woche liefen auf eine große Kapitulation der Briten vor der weltweit tragenden Macht Amerikas hinaus. Churchill und Eden haben eingesehen, daß der amerikanische Standpunkt akzeptiert werden muß, weil der US-Kongreß sonst keine Gelder bewilligt, weil Amerika - vor allem Fernost - die Last der Situation fast allein schleppt. Churchill und Eden haben akzeptiert, aber sie haben die britischen Einwände aufrechterhalten, sogar in der Streitfrage des Nordatlantik-Admirals der NATO, der jetzt ein Amerikaner sein wird. Im einzelnen:
* Großbritannien stimmt - trotz seiner weiterhin aufrechterhaltenen Anerkennung Rotchinas - dem amerikanischen Plan zu, Korea nach Abschluß eines Waffenstillstandes von UN-Kampftruppen zu räumen, jedoch vorher die Kommunisten zu warnen, daß eine erneute Verletzung der Waffenstillstandslinie eine strikte Blockade und Bombardierung des chinesischen Festlandes auslöst.
* Großbritannien akzeptiert, daß eine rote Invasion Südostasiens nicht mit Korea-mäßiger lokaler Abwehr, sondern mit Repressalien gegen Rotchina selbst beantwortet werden müßte.
* Japan sollte ursprünglich einen Friedensvertrag mit China nach freiem Willen entweder mit Tschiang Kaischek oder mit Mao Tse-tung abschließen. Die USA aber haben Premier Joschida bereits die Zusicherung abverlangt, daß er mit Tschiang unterzeichnen wird, weil der US-Senat sonst den Japan-Frieden nicht ratifiziert und keine Gelder für das von USA ausgehaltene Land bewilligt. Großbritannien, das den Export-Konkurrenten Japan (wie am liebsten auch Deutschland) auf das asiatische Festland ablenken wollte, fügte sich dem US-Vorgriff, wenn auch nur mit äußerstem Widerwillen.
* Acheson fand sich grundsätzlich bereit, seine Zurückhaltung im kochenden Mittleren Osten, die der Befürchtung entsprungen war (Amerikas antikoloniale Weste könne durch Englands alte Imperialisten-Sünden beschmutzt werden), aufzugeben. Allerdings unter der bitteren Bedingung, daß eine US-türkische Militärmission als Vermittlung unter den gleichberechtigten Briten und Aegyptern fungiert und daß Britannien Faruk als König des Sudan anerkennt. Unter diesen Voraussetzungen glauben die Amerikaner doch noch ein Mittelost-Verteidigungssystem unter ägyptischer Beteiligung schaffen und damit eine Lösung der blutigen Krise erzielen zu können.