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USA / HUBSCHRAUBER Die Kurse steigen

aus DER SPIEGEL 44/1965

Im Jahre 1962 bauten die Hubschrauber-Fabrikanten der USA 1000 Helikopter; 1964 stieg die Produktion auf rund 4000. Als bester Verkaufshelfer der recht flügellahmen Branche erwies sich Ho Tschi-minh mit seinen Vietcong -Guerillas.

Während einige hundert der Flügelschrauber abgeschossen wurden, kletterten die Aktienkurse der Firmen in die Höhe. Durchschnittlich stiegen die Kurse amerikanischer Unternehmen in den letzten zwölf Monaten um 8,6 Prozent. Die Papiere führender Helikopter -Firmen dagegen gewannen erheblich schneller an Wert: Beil (Tochtergesellschaft der Textron Incorporated) stieg um 47 Prozent, Sikorsky (United Aircraft Corporation) um 55 Prozent und Vertol (Boeing Company) um 68 Prozent.

Helikopter sollen den Dschungelkrieg für die USA entscheiden. Im Kampf gegen die Vietcong-Guerillas dienen sie den Amerikanern, um

- den Verbleib des Gegners aufzuklären,

- Truppen in den Kampf zu werfen,

- ihnen Feuerschutz zu geben,

- Verstärkungen schnell heranzuführen,

- Verwundete zu bergen und

- abgesprungene Flugzeugpiloten zu retten.

Das Pentagon ist deshalb größter Auftraggeber für die aufblühende Branche geworden. So bestellte das US-Heer im Dezember 1964 bei Bell 720 Schraubflügler der Typen UH-1B (neun Plätze, mit Raketen und Maschinengewehren ausgerüstet) und UH-1D (13 Plätze, als Truppentransporter geeignet). Bell baute im vergangenen Jahr 55 Prozent aller amerikanischen Helikopter. Vor allem die UH-1 (Preis: 1,2 Millionen Mark), von der auch die Bundeswehr 406 Exemplare bestellte, ist das Arbeitspferd im Vietnam-Krieg.

Vertol montierte 120 turbinengetriebene Groß-Hubschrauber vom Typ CH 47 A »Chinook« (Preis: vier Millionen Mark) für jeweils 44 Passagiere. Sikorsky schließlich rüstete die amerikanische Elite-Division »First Cavalry Division« mit dem Turbinen-Schrauber CH-54 A »Skycrane« (Himmelskran) aus, der 87 vollausgerüstete Soldaten oder sechs Jeeps transportieren kann.

Als von den langsamen UH-1 (Spitzengeschwindigkeit: 200 Kilometer pro Stunde) mehrere sogar mit Karabinern vom Himmel geholt worden waren, verlangten die Militärs einen schnelleren und robusteren Typ. Beil entwickelte daraufhin den gepanzerten Kampf -Schrauber »Huey-Cobra«, den schnellere Turbinenaggregate antreiben.

Auf Wunsch des Pentagon haben die Helikopter-Fabrikanten überdies zwei völlig neue Konzeptionen entworfen:

- Lockheed experimentiert mit einem stupsnasigen Fluggerät, das außer mit Rotorschrauben mit seitlich angebrachten Stummelflügeln ausgerüstet ist: Es startet wie ein Hubschrauber, faltet sodann die Rotorblätter zusammen und versenkt sie im Rumpf. Mit Hilfe zweier Schubdüsen erreicht der Lockheed-Zwitter im Horizontalflug Geschwindigkeiten bis zu 800 Kilometer in der Stunde.

- Ingenieure des US-Konzerns Hughes Tool bauten den Experimental -Schrauber XV-9 A und installierten am Rumpf zwei Schubdüsen. Die Leistung des Helikopters wird durch Gase erhöht, die an den Enden der Rotorblätter ausgestoßen werden.

Das US-Verteidigungsministerium erteilte der Helikopter-Industrie in den ersten neun Monaten dieses Jahres Aufträge im Wert von 2,4 Milliarden Mark. Für diese Summe soll Fluggerät der Marken Bell, Hughes und Vertol gekauft und nach Asien verschifft werden.

Der Geheimdienst verhindert, daß Stückzahlen publiziert werden, aber die Aktionäre können sicher sein, daß der Flügelschrauber-Boom zumindest so lange anhält wie der Krieg in Vietnam. Hughes-Generaldirektor Rea E. Hopper rechnet für seine Firma mit mindestens 4000 Helikoptern, vielleicht mit mehr«.

Allein das amerikanische Heer will bis 1970 etwa 10 000 Hubschrauber neu in Dienst stellen.

US-Hubschrauber (Typ UH-1) in Vietnam: Die Branche blüht

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