Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) wird seine Kießling-Affäre nicht los. Nachdem die Bonner Staatsanwälte drei seiner Untergebenen wegen vorsätzlicher uneidlicher Falschaussage angeklagt haben, muß der Minister fürchten, daß der Verleumdungsskandal aus dem Jahre 1984 noch einmal vor Gericht ausgebreitet und er selbst als Zeuge geladen wird.
Vermeidbar wäre dies nur, wenn die Beschuldigten die ihnen zur Last gelegte Straftat zugäben. Bislang aber haben dem Minister nur zwei Offiziere des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) diesen Gefallen getan. Oberst Oskar Schröder, seinerzeit Abteilungsleiter beim MAD, mittlerweile zur Truppe versetzt, und der MAD-Hauptmann Josef Fasoli räumten bei den Vernehmungen durch die Staatsanwälte ein, vor dem Bonner Verteidigungsausschuß, der als Untersuchungsausschuß eingesetzt war, vorsätzlich gelogen zu haben.
Sie hatten den Parlamentariern weiszumachen versucht, der von Fasoli angefertigte und von Schröder abgezeichnete »Sachstandsbericht« - Grundlage der Gerüchte, General Günter Kießling sei homosexuell und verkehre in der Kölner Schwulen-Szene - sei nur zu Schulungszwecken zu Papier gebracht worden, nicht aber für die Sicherheitsakte des Generals bestimmt gewesen.
An dieser Version, die schon der Ausschuß als »unglaubwürdig« und »in ihrer Widersprüchlichkeit nicht zu überbieten« charakterisiert hatte, hält nur noch der ehemalige Regierungsdirektor im Kölner Amt für Sicherheit der Bundeswehr (ASBw) Artur Waldmann fest. Er war es, der die üble Nachrede über den Nato-General Kießling nach einem Gespräch mit Werner Karrasch, damals stellvertretender Personalratsvorsitzender auf der Hardthöhe, als erster zu Papier brachte.
Sollte Waldmann auch vor dem erweiterten Schöffengericht des Bonner Amtsgerichts (Vorsitzender: Peter Durst) bei dieser Darstellung bleiben, müßte der gesamte Vorgang, den Wörner so gern in Vergessenheit geraten ließe, noch einmal aufgerollt und »materiell bewertet werden« (Oberstaatsanwalt Johannes Wilhelm). Dann wäre auch eine Vernehmung des CDU-Politikers Manfred Wörner »nicht auszuschließen«.