Dollar auf der Achterbahn
Der Restaurant-Gast wedelte mit einem Dollarschein, als der Kellner ihn nach seinen Wünschen fragte. Dann verlangte er so viel zu essen und zu trinken, wie er mit dem Geldschein bezahlen könne.
Der Gast wurde bestens bedient. Gerade als er gesättigt aufbrechen wollte, kam der Kellner noch mit einem Teller Suppe und einer weiteren Vorspeise an. »Der Dollar ist wieder gestiegen« begründete der Ober den Essens-Nachschlag.
Es war ein Berliner Restaurant, in das der Dollar-Besitzer eingekehrt war. Und geschildert wurde der seltsame Lokal-Besuch in einem Bericht der »New York Times« vom 30. Oktober 1923.
Anschaulicher als alle Wechselkurs-Notierungen zeigte der Zeitungsartikel, wie begehrt die Währung des Weltkrieg-I-Siegers USA in Deutschland geworden war. Jedem Wirtschafts-Laien in Amerika mußte nach der Lektüre klar sein, wie zerrüttet die Finanzen des Verlierer-Staates waren.
In der Weimarer Republik wütete damals die schlimmste Inflation der Währungsgeschichte. Die Preise rasten in noch nie gekanntem und nie wieder erlebtem Tempo.
Selbst banale Güter des täglichen Lebens kosteten schließlich so viele Millionen, Milliarden oder gar Billionen Mark, daß die Ärzte bei Männern und Frauen aller sozialen Schichten einen bis dahin unbekannten »Nullen«- oder »Ziffern«-Tick beobachteten. »Viele dieser Personen«, meldete die Nachrichten-Agentur Associated Press, »sind offensichtlich normal, abgesehen davon, daß sie endlose Zahlenkolonnen schreiben wollen.«
Im November 1923, in der Endphase des irrwitzigen Inflationsgalopps, waren die Preise in Deutschland etwa 1,42billionenmal so hoch wie vor dem Weltkrieg. Obgleich schließlich jede Maschine, die für das Drucken von Geld geeignet war, auf Höchsttouren lief, kam es ständig zu schweren Zahlungsmittelkrisen. Nach jedem Preis- und Lohnschub langten die Nullen auf den bisherigen Scheinen nicht mehr, es mußten neue - schon bald wieder wertlose - Reichsmark-Lappen her.
Nur wer im Besitz von Dollar war, brauchte nicht gleich in den nächsten Laden zu laufen, um für sein Geld so rasch wie möglich Güter zu erwerben. Die Kaufkraft der US-Valuta blieb im inflationsgeschüttelten Deutschland voll erhalten.
Wie alle anderen Preise auch hob der in Mark zu zahlende Preis für den Dollar in astronomische Höhen ab: Mitte 1922 betrug der Wechselkurs des Dollar bereits 670 Mark. Im Frühjahr 1923 ließ der Reichstag untersuchen, warum der Dollar-Kurs auf 30000 Mark gestiegen sei. Als der Untersuchungsausschuß Mitte Juni tagte, waren für einen Dollar schon 152000 Mark einzutauschen.
Wenige Wochen später schoß der Dollar auf über eine Million Mark. Auf dem Höchststand am 20. November des gleichen Jahres war der Dollar 4,2 Billionen Mark wert.
Die Deutschen lernten damals den Dollar als Wertaufbewahrungsmittel und als Wertmesser schätzen. Wer trotz Inflation sparen wollte, konnte dies nur durch raschen Tausch seiner Schwindsucht-Mark in Dollar oder eine andere stabile Auslandswährung wie den Schweizer Franken tun. Auch gewöhnten sich Gläubiger und Schuldner, Arbeitgeber und Arbeitnehmer daran, fast alle Zahlungsverpflichtungen nicht mehr in Mark, sondern in Dollar festzulegen.
So absurd dieses Inflations-Theater war, die Deutschen nahmen es fast stoisch hin. Schließlich hatte das Deutsche Reich ja den Krieg verloren, und die neue Republik war im Mai 1921 zu Reparationszahlungen in Höhe von 132 Milliarden Gold-(also Vorkriegs-)Mark verdonnert worden. Die USA hingegen waren die neue Vormacht auf der Siegerseite. Da schien es nicht mehr als recht und billig, daß nun der Dollar dominierte.
Allerdings bekamen auch die Mit-Sieger Großbritannien und Frankreich die neue Dollar-Stärke zu spüren - wenn auch weniger empfindlich und aus anderen Gründen als der Verlierer Deutschland. Der hatte auf die überzogenen Reparationsforderungen des Auslands nicht mit so drastischen Steuererhöhungen und Kürzungen der inländischen Staatsausgaben reagiert, wie es erforderlich gewesen wäre, um die Mark zu retten. Statt dessen hatte die Reichsbank einfach die Notenpressen laufen lassen, um das durch die Auslandsforderungen gerissene Loch im Staatshaushalt zu stopfen, und so die Hyper-Inflation von 1922/23 produziert.
Die Franzosen dagegen nahmen an, mit Hilfe deutscher Milliarden-Zahlungen werde es ihnen relativ mühelos gelingen, alle Kriegsschäden zu beseitigen. Ohne die Überweisung der Reparationsgelder abzuwarten, machten sie sich nach Kriegsende mit gepumpten Dollar an die Wiederaufbau-Arbeit. Doch die besiegten Boches zahlten nicht so viel und so zügig, wie Paris erwartet hatte. So wurde auch der französische Franc gegenüber dem Dollar schwach. In den ersten Nachkriegsmonaten hatten noch 5,45 Franc für den Tausch in einen US-Dollar genügt. Ende 1922 waren schon 13,84 Franc nötig, und 1923 betrug der Kurs über 19 Franc. Im Vergleich zum Sturz der Mark war der Fall des Franc nur ein kleiner Plumpser. Doch die stolzen Franzosen, die ja mitgesiegt hatten, waren über den Dollar-Vormarsch zutiefst verärgert.
Weil die Preise in Frankreich nicht ganz so stark stiegen, wie es der Kurs der US-Währung gegenüber dem Franc tat, wurde das Land ein herrlich billiges Reise- und Einkaufsparadies für die Neureichen aus Amerika. Empört beobachteten die Pariser, wie die Parvenüs von jenseits des Atlantiks beim Shopping auf den Champs-Elysees zulangen konnten. Nach landläufiger Meinung trieben die Amis damit für die Einheimischen die Preise in die Höhe.
Eines schönen Tages im Jahr 1926 brach sich der Volkszorn gegen die kaufkräftigen Fremden Bahn. Wütende Pariser griffen einen Bus mit US-Touristen an und hinderten ihn erfolgreich an der Weiterfahrt. Die aufgebrachten Franzosen glaubten, mit dem Verschwinden der Besucher aus Übersee werde auch die heimische Inflation entschwinden.
Noch mehr als die Franzosen sahen die Engländer den Aufstieg des Dollar als Attacke auf die nationale Ehre an. In den glanzvollen Zeiten des britischen Empire war das Pfund Sterling unangefochten die Leitwährung für den Rest der Welt gewesen, hatte die Londoner City keinerlei Konkurrenz, die ihr die Stellung als Welt-Finanzzentrum hätte streitig machen können.
Note der Bank von England galt fast zwei Jahrhunderte lang als ebenso sicher und wertbeständig wie pures Gold.
Seit der große Isaac Newton, der eine ganze Menge von Physik, aber kaum etwas von Ökonomie verstand, im Jahre 1717 als damaliger Direktor der Königlichen Münzanstalt den Preis der Feinunze Gold auf drei Pfund, 17 Shilling und 10,5 Pence festgesetzt hatte, war
diese Gold-Parität des Pfundes stets gleichgeblieben.
Die Zeit der Napoleonischen Kriege ausgenommen, hatte die Bank von England stets garantiert, daß sie jedes Pfund zu dem von Münzmeister Newton fixierten Kurs in Gold einlösen werde. Und niemand zweifelte angesichts des riesigen Goldhorts der englischen Notenbank daran, daß diese jederzeit ihr Versprechen halten werde.
Doch im Ersten Weltkrieg waren der Glanz und die Herrlichkeit des Pfundes rasch verflogen. Wie alle anderen kriegführenden europäischen Staaten auch mußte die britische Regierung die Goldeinlösungspflicht aufheben, um neben dem Gold, das nun für Waffen- und Nahrungsmittel-Käufe in die Vereinigten Staaten floß, nicht auch noch Gold aus den offiziellen Reserven an die eigenen Bürger abgeben zu müssen.
Die Vereinigten Staaten dagegen hatten am Ende des Krieges mehr Gold, als je ein Land zuvor besessen hatte. Der Wert der amerikanischen Goldvorräte, der Ende 1914 rund 1,5 Milliarden Dollar betragen hatte, lag 1918 bei 2,9 Milliarden Dollar.
Das war rund ein Drittel der gesamten staatlichen Welt-Goldreserven. Der US-Goldschatz wäre noch weit größer gewesen, hätten die USA nicht nach ihrem Kriegseintritt statt des Goldes auch Schuldscheine von den Verbündeten akzeptiert.
Als stabil und krisensicher wie einst das Pfund galt nunmehr nur die US-Währung. Der Dollar-Kurs des Pfundes, der vor dem Ersten Weltkrieg auf 4,87 Dollar festgesetzt worden war, rutschte bis 1920 auf 3,40 Dollar ab.
Daß die Valuta einer ehemaligen Kolonie das Pfund Sterling vom Rang der stärksten, begehrtesten Währung der Welt verdrängte, durfte nach britischem Selbstverständnis nicht kampflos hingenommen werden. Die Regierung beschloß, drastische wirtschaftspolitische Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorkriegs-Parität von Pfund und Dollar wiederherzustellen.
Die Steuern wurden erhöht, die Staatsausgaben gesenkt, und die Bank von England schraubte den Zins herauf. Das Defizit im Staatshaushalt verwandelte sich in einen Überschuß, die Preise sanken.
Daß diese klassische Deflationspolitik auch die Zahl der Arbeitslosen stark erhöhte, wurde von der Regierung als unumgängliches Opfer im Kampf um die Weltgeltung des Pfundes angesehen. Die alte Pfund-Dollar-Relation mußte wieder her, koste es, was es wolle. Parallel dazu galt es, die ehemalige Austauschbarkeit von Pfund und Gold zum Kurs Isaac Newtons wiederherzustellen.
Am 28. April 1925 war es dann soweit. In einer begeistert aufgenommenen Rede vor dem Unterhaus verkündete der damalige Schatzkanzler Winston Churchill, das Pfund sei nun wie in alten Zeiten auf 4,87 Dollar festgesetzt. Auch könne es wieder zum traditionellen Kurs gegen Gold eingetauscht werden.
Doch mit diesem ebenso heroischen wie ökonomisch unsinnigen Kraftakt hatten sich die Briten klar übernommen. Zu dem hohen Pfund-Kurs war die geschwächte britische Wirtschaft international nicht wettbewerbsfähig; britische Kohle, Textilien und andere Güter waren kaum noch abzusetzen.
Weil der Wechselkurs sakrosankt war eine Abwertung also nicht in Frage kam, gab es nur einen äußerst schmerzhaften Weg, Englands unzureichende Ausfuhren zu steigern: Die Preise mußten herunter, und das wiederum ging nur über niedrigere Löhne.
Schon bald nach Churchills patriotischer Währungs-Tat verlangten die Zechengesellschaften von ihren Bergleuten längere Arbeitszeiten bei niedrigeren Löhnen. Nach langen Verhandlungen wehrten sich die Gewerkschaften im Mai 1926 mit einem Generalstreik.
Der brach zwar nach zehn Tagen zusammen, aber der Widerstand der Bergarbeiter konnte erst nach halbjährigem Ausstand überwunden werden.
In den folgenden Jahren mußte die gesamte englische Wirtschaft dafür büßen, daß die Regierung stur an dem zu hohen Dollar-Kurs des Pfundes festhielt.
Die Exporte blieben trotz des ständigen Drucks auf Löhne und Preise niedrig, zahllose Fabriken mußten schließen. Während anderswo - selbst im reparationsgeplagten Deutschland - die zwanziger Jahre schließlich »die Goldenen Zwanziger« wurden, rieb sich England in einem verlustreichen Kampf um die Werterhaltung des Pfundes gegenüber dem Dollar auf.
Erst in der großen Weltwirtschaftskrise Anfang der dreißiger Jahre gaben sich die Briten an der Währungs-Front geschlagen. Am 20. September 1931 wurde - erstmals in Friedenszeiten - die Goldumtauschpflicht der Bank von England aufgehoben und das Pfund um rund 16,6 Prozent gegenüber dem Dollar abgewertet. Des großen Isaac Newton Gold-Pfund-Gleichung von 1717 war nun endgültig Historie, das Pfund hatte offiziell als Welt-Leitwährung abgedankt.
Die Amerikaner hatten inzwischen den im Ersten Weltkrieg gewonnenen Vorsprung gegenüber den Handelspartnern weiter ausgebaut. Nach einem kurzen, heftigen Rückschlag in den Jahren 1920/21 lief Amerikas rasch wachsende Industriemaschinerie fast ununterbrochen auf hohen Touren.
Davon profitierten allerdings weniger die Amerikaner, die an diesen Maschinen arbeiteten, als jene, denen sie gehörten. Preise und Löhne blieben fast stabil die Gewinne der großen Industrie-Unternehmen aber stiegen von 1922 bis 1929 fast auf das Dreifache.
Noch weit schneller als die Gewinne stiegen die Aktienkurse. Weil es mit der Wirtschaft ständig nur aufwärtszugehen schien, sahen immer weniger Amerikaner _(Als Schatzkanzler mit dem ) _("Budget-Koffer« vor einer Haushaltsrede ) _(Mitte der zwanziger Jahre. )
noch ein Risiko darin, ihr Geld in Aktien anzulegen.
Die meisten setzten schließlich nicht nur ihre Ersparnisse an der Börse ein, sondern kauften die Aktien auch noch mit geliehenen Dollar. Das wiederum trieb die Kurse und ermunterte zu neuen Käufen auf Kredit.
Im Sommer 1929 endlich - nach Jahren fast ununterbrochenen Kursaufschwungs - lief die Hausse heiß. In nur drei Monaten legte der Aktien-Index der »New York Times« um ein Drittel zu. Fast die gesamte Nation geriet in einen Börsen-Taumel: Wall Street war das Walhalla aller, die von schnellem, mühelosem Reichtum träumten.
Ende Oktober platzte der überdehnte Spekulations-Ballon mit einem großen Knall. Nach ein paar miesen Börsentagen kam es am 24. Oktober 1929, dem »schwarzen Donnerstag«, zu einer Verkäufer-Panik, die sich bis zum folgenden Dienstag sogar noch steigerte.
Viele, die kurz zuvor noch millionenschwer gewesen waren, waren nun plötzlich pleite. Im Abwärtsstrudel der Folgejahre verschwand fast die Hälfte aller amerikanischen Banken, gingen Zehntausende anderer Firmen unter, verloren mehr als zehn Millionen Amerikaner ihren Arbeitsplatz.
Die Depression der dreißiger Jahre war so stark, daß die US-Wirtschaft erst 1937 wieder so viele Güter produzierte wie vor der Krise. Die Arbeitslosigkeit, die 1929 bei 3,2 Prozent gelegen hatte, blieb gar bis 1940 auf über zehn Prozent.
Wie anderthalb Jahre zuvor die Briten, ließ der seit März 1933 amtierende Präsident Franklin D. Roosevelt schon bald nach seinem Amtsantritt den Goldstandard aufheben - das heißt, Dollar-Noten und -Depositen konnten nicht mehr zu einem festen Kurs bei den US-Notenbanken in Gold umgetauscht werden. Darüber hinaus ließ er Amerikas Bürgern und Unternehmen den Besitz von Gold verbieten.
Die Briten waren gezwungen gewesen, das Pfund vom Gold zu lösen, weil die Bank von England sonst schon bald keinen einzigen Goldbarren mehr im Tresor gehabt hätte. Roosevelt hingegen hatte es keineswegs nötig, das feste Band zwischen Dollar und Gold zu kappen.
Die USA besaßen nämlich damals rund 40 Prozent aller staatlichen Welt-Goldreserven. Nur der Schweizer Franken war noch besser durch Gold gedeckt als die US-Valuta.
Doch der neue amerikanische Staatschef war überzeugt, feste Paritäten der Währungen untereinander und zum Gold seien nur »alte Fetische sogenannter internationaler Bankiers«. Es gelte, so Roosevelt in einer Botschaft an eine internationale Währungskonferenz im Sommer 1933, »nationale Währungen mit dem Ziel zu planen, diesen Währungen eine stabile Kaufkraft zu geben« - ohne Rücksicht auf den Außenwert, also den Wechselkurs, der Währungen.
Roosevelt hoffte zudem, sein Land durch Manipulation des amtlichen Gold-Dollar-Kurses aus der Depression herausführen zu können. US-Ökonomen hatten nämlich vorgeschlagen, den in Dollar festgesetzten Goldpreis schrittweise zu erhöhen. Die Banken, die über Gold verfügten, würden dann größere Reserven haben und ihre Kreditvergabe steigern können. Roosevelt hielt diesen Weg für so erfolgversprechend, daß er sich selbst die Festsetzung des ständig steigenden Goldpreises vorbehielt.
Gelegentlich zog der Präsident beim Frühstück seinen Schatzminister Henry Morgenthau zu Rate, gelegentlich folgte er seinen ganz persönlichen Inspirationen, wenn er den Goldpreis für den nächsten Tag bestimmte.
So entschied sich Roosevelt einmal für einen Anstieg des Goldpreises um 21 Cent - mit der Begründung, 21 sei eine Glückszahl, sie ergebe sich aus drei mal sieben. »Wenn jemals bekannt wird«, notierte Morgenthau in seinen Privatpapieren, »daß wir den Goldpreis durch Kombination von Glückszahlen festgesetzt haben, muß den Leuten angst und bange werden.«
Mit solch willkürlichen Mini-Stößen schubste Roosevelt den traditionellen Goldpreis von 20,67 Dollar je Unze über mehrere Monate hinweg bis auf glatte 35 Dollar hoch. Dann fand der Dollar-Stratege, das Gold sei nun teuer genug.
Am 31. Januar 1934 trat ein von Roosevelt gefordertes Gold-Gesetz in Kraft, das den Preis des Edelmetalls bei 35 Dollar einfror. Und auf exakt diesem _(Panzerwagen sichern einen ) _(Lebensmitteltransport in London. )
Stand blieb der amtliche Gold-Dollar-Kurs dann fast 38 Jahre lang.
Das Kreditgeschäft belebte sich allerdings nicht wie erhofft. Roosevelt hatte ja schon vor der Goldpreis-Erhöhung allen US-Bürgern und -Firmen, also auch den Banken, den Besitz von Gold verboten. Der höhere Goldpreis stärkte also keine privaten Reserven, sondern kam nur dem Staat zugute. Dessen Goldreserven hatten nun einen deutlich höheren Dollar-Wert.
Um den riesigen Staats-Schatz zu sichern, ließ Roosevelt in Kentucky die Gold-Festung Fort Knox erbauen. Dort bewachte fortan eine 1000köpfige Spezialtruppe den Goldhort.
Für die Handelspartner der Amerikaner hatte die eigenwillige Gold-Aktion schlimme Folgen. Weil Länder wie Deutschland, Frankreich und die Schweiz nicht auch an ihrer nationalen Goldparität drehen mochten rutschte der gegenüber dem Gold um 40 Prozent abgewertete Dollar automatisch gegenüber der Mark und den anderen Währungen um den gleichen Prozentsatz ab. Der Mark-Kurs des Dollar beispielsweise sank von 4,20 auf 2,50.
Ausgerechnet die USA das Land mit der stärksten Wirtschaft und den größten Währungsreserven, konnten nun also ihre Exportgüter stark verbilligt anbieten und die drastisch verteuerten Waren der anderen Industrienationen abblocken.
Der internationale Handel erhielt noch mehr Schlagseite zu den Amerikanern hin als er seit dem Ersten Weltkrieg ohnehin schon hatte.
Die Goldreserven in Fort Knox stiegen, als residierte dort König Midas höchstpersönlich. Im Zweiten Weltkrieg verfügten die Amerikaner über rund 80 Prozent aller monetären Goldvorräte des Planeten.
Um ihre Exportwirtschaften vor dem Zusammenbruch zu retten, mußten drei Jahre nach den USA auch so hartnäckige Verfechter einer unveränderten Goldparität wie die Franzosen und Schweizer ihre Währungen abwerten. »Beggar-myneighbour-policy« wurde zum Schlagwort für eine Währungs- und Handelspolitik, mit der die Staaten damals ihre binnenwirtschaftlichen Schwierigkeiten durch exportfördernde Abwertungen und importhemmende Handelsbeschränkungen in andere Länder zu verlagern suchten - sollte doch der Nachbar zum Bettler werden.
Nur die Deutschen hielten stur ihre Währung hoch. Das gelang ihnen allerdings allein dadurch, daß sie sich durch eine immer schärfere Devisen- und Außenhandel-Zwangswirtschaft von den Weltmärkten abschotteten.
»Wer damals für die Abwertung eintrat, tat dies fast unter Lebensgefahr«, erinnerte sich später der Frankfurter Bankier und Wirtschaftsprofessor Albert Hahn, der schon nach der Pfund-Abwertung von 1931 eine Anpassung des Mark-Kurses gefordert hatte. »Landesverrat und die Absicht, persönlich einen Abwertungsgewinn erzielen zu wollen«, so Hahn weiter, »waren noch das geringste, was den Abwertungsfreunden vorgeworfen wurde.«
Noch vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs machten sich die westlichen Alliierten daran, eine Weltwährungsordnung zu entwerfen, die endlich wieder zu stabilen Wechselkurs-Relationen führen sollte. Auf einer Konferenz im Juli 1944, zu der die Amerikaner ihnen genehme Staaten ins idyllische Bretton Woods in den Bergen von New Hampshire geladen hatten, waren sich die Delegierten aus allen 44 Teilnehmer-Ländern einig, daß Währungswirren wie nach dem Ersten Weltkrieg und in den dreißiger Jahren künftig durch internationale Kooperation vermieden werden sollten.
Allerdings hatten Amerikaner und Engländer unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie diese Zusammenarbeit am besten gewährleistet werden könne. Lord Keynes, der ökonomische Chef-Denker der britischen Regierung und bedeutendste Wirtschaftswissenschaftler dieses Jahrhunderts, legte einen Plan für eine internationale Währung, den »Bancor«, und für eine Art Welt-Zentralbank, die »International Clearing Union«, vor.
Die Amerikaner dagegen hielten solch eine künstliche Leitwährung für überflüssig. Es genüge, wenn der in Dollar festgesetzte Goldpreis stabil sei und alle anderen Länder verpflichtet würden den Wert ihrer nationalen Währung in Gold und indirekt damit auch in Dollar festzulegen und innerhalb einer schmalen Bandbreite konstant zu halten. Wechselkursänderungen sollten nur bei »fundamentalen« Ungleichgewichten in der Zahlungsbilanz eines Landes erlaubt sein.
Die Währungsreserven eines Landes sollten nicht nur aus Gold, sondern auch aus Devisen - also aus Guthaben in ausländischer Währung- bestehen können. Die Rückkehr zum reinen Goldstandard der Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg war nämlich schon allein deshalb nicht mehr möglich, weil die Amerikaner fast alles Währungsgold der Welt besaßen: Wenn ein Spieler alle Chips an sich gebracht hat, geht nichts mehr.
Der Plan von Lord Keynes hatte den Charme, intellektuell bestechend zu sein. Der Entwurf seines amerikanischen Gegenspielers in Bretton Woods, des Staatssekretärs im US-Finanzministerium Harry D. White, hatte dagegen den Vorzug, daß er vom Chef-Delegierten der weitaus mächtigsten Nation ausgearbeitet worden war. White obsiegte.
Theoretisch war der US-Dollar in der später als Bretton-Woods-System bezeichneten Währungsordnung eine Valuta wie jede andere: Die Devisenreserven eines Landes hätten sich aus den verschiedensten Währungen - aus Pfund, Yen, Mark, Schweizer Franken oder Lire - zusammensetzen können.
In der Praxis aber brachte Bretton Woods die Inthronisierung des Dollar als Welt-Reservewährung, als internationales Zahlungsmittel und als allgemein anerkanntes Wertmaß. Außer den Commonwealth-Ländern und einigen anderen
Staaten der Dritten Welt, die aus nostalgischen Gründen das Pfund in ihren Währungsreserven beließen, packten die Welthandelsländer fortan nur noch Dollar in ihre Devisenreserven. Der in Bretton Woods vereinbarte Gold-Devisen-Standard entwickelte sich rasch zum Dollar-Standard.
Die Sowjets, die auch nach New Hampshire gekommen waren ahnten schon damals, daß alle Befürworter des amerikanischen Währungsplans bald nur noch in Dollar denken rechnen und zahlen würden. Sie und elf andere Konferenz-Teilnehmer schlossen sich dem Bretton-Woods-System nicht an.
Doch was immer auch in den Bergen Neu-Englands vereinbart worden wäre, dem Dollar als der Währung des politisch, militärisch und wirtschaftlich mächtigsten Landes der Welt wäre in jedem Fall eine Leitfunktion zugefallen. Während der Produktionsapparat fast aller anderen Industrieländer schwer beschädigt worden war, hatte sich die Kapazität der amerikanischen Wirtschaft im Zweiten Weltkrieg fast verdoppelt. Alle Welt war auf Maschinen, Nahrungsmittel und andere Güter aus den USA angewiesen, die mit Dollar zu bezahlen waren.
Die US-Währung war daher vor allem im vom Krieg verwüsteten Europa ebenso begehrt und knapp wie Gold. Die meisten Ökonomen und Politiker fürchteten angesichts der erdrückenden Wirtschaftskraft der Amerikaner gar, daß die Europäer niemals genug exportieren und somit auf ewig nach Dollar dürsten würden. Die Frage, wie die chronische »Dollar-Lücke« geschlossen werden könne, entwickelte sich zu einem der beliebtesten Themen politischer Debatten und wirtschaftswissenschaftlicher Seminare.
Lord Keynes hatte schon in Bretton Woods für einen riesigen Fonds plädiert, aus dem die ins Hintertreffen geratenen Handelspartner der USA mit Devisen versorgt werden sollten. Doch die US-Delegierten lehnten mit der Begründung ab, so hohe Summen werde der Kongreß in Washington nie genehmigen.
Die Amerikaner stimmten lediglich der Gründung eines Fonds zu, der mit relativ bescheidenen Mitteln - 2,75 Milliarden Dollar von den USA, vier Milliarden Dollar aus anderen Quellen - ausgestattet wurde. Dieser Internationale Währungsfonds, der seinen Sitz in Washington zu nehmen hatte, konnte die weltweite Dollar-Knappheit nur wenig lindern.
Doch schon bald sahen die Amerikaner ein, daß ihre Industrieunternehmen und Farmer nur dann Maschinen und Getreide ins Ausland verkaufen konnten, wenn dieses über Dollar zum Kauf der Waren verfügte. Außerdem galt es, mit Dollar-Darlehen und -Zuschüssen einen Damm gegen die Gefahr kommunistischer Infiltration in Westeuropa zu errichten. Im Jahre 1948 rollte die Marshall-Plan-Hilfe an, insgesamt 16 Milliarden Dollar bis 1952.
Das gigantische Hilfsprogramm wurde später als Musterbeispiel erleuchteten Eigennutzes bezeichnet. Erleuchtet wohl deshalb, weil die Regierung des US-Präsidenten Harry S. Truman begriffen hatte, daß Europa ohne die hilfreiche Hand der Amerikaner noch auf unabsehbare Zeit unter den schweren Kriegsfolgen leiden müßte. Eigennützig war es, weil das wiedererstarkte Europa zu Amerikas bestem Kunden wurde.
Nach den Marshall-Plan-Geldern ergoß sich Anfang der fünfziger Jahre völlig unerwartet noch ein weiterer Dollar-Strom ins Ausland: Das Eingreifen der Amerikaner in den Korea-Krieg brachte die jahrzehntelang positive US-Zahlungsbilanz 1950 erstmals wieder ins Defizit. Die Vereinigten Staaten gaben also mehr Geld im Ausland aus, als sie von dort erhielten.
Auch nach dem Ende des Korea-Kriegs und dem Auslaufen der Marshall-Plan-Hilfe blieben die USA fast ununterbrochen im Defizit. Freizügig machten sie Milliarden und Abermilliarden Dollar für Militärhilfe und Entwicklungsprogramme, für Firmengründungen und Unternehmensaufkäufe im Ausland locker.
Vor allem nach Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 hielten es Amerikas Konzerne für unerläßlich, sich europäische Stützpunkte zuzulegen. Die US-Firmen fürchteten, beim Export in die EWG-Länder an deren gemeinsamer Zollmauer zu scheitern,
und bauten eine eigene Produktion innerhalb der Gemeinschaft auf.
Von 1958 bis 1973 schnellten die Buchwerte der amerikanischen Direktinvestitionen in Europa von 7,6 Milliarden auf 38,3 Milliarden Dollar hoch. Die Europäer sorgten sich, daß sie eine Wirtschaftskolonie von IBM und ITT, General Electric und General Motors werden könnten.
Dabei waren die Deutschen, Franzosen, Italiener und Holländer nach Gründung der EWG keineswegs mehr so schwach, daß sie auf amerikanische Finanzspritzen angewiesen waren. Die wiederaufgebaute Industriemaschinerie der Europäer lief auf vollen Touren, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit war weitgehend wiederhergestellt, und auf den Konten ihrer Zentralbanken hatten sich inzwischen stattliche Dollar Reserven angesammelt.
Gegen Ende der fünfziger Jahre redete denn auch niemand mehr über die vermeintlich säkulare Dollar-Lücke. Die Angst vor der Dollar-Dürre wich vielmehr der Besorgnis vor einer Dollar-Flut. Das Vertrauen auf den Dollar als Fixstern des Bretton-Woods-Systems schlug in Mißtrauen gegen die Welt-Leitwährung um.
Das Mißtrauen war durchaus berechtigt. Allzusehr hatten die Amerikaner sich schon an das prächtige Privileg gewöhnt, das einem Land zufällt, dessen nationale Währung zugleich Welt-Reservewährung ist: Im Gegensatz zu allen anderen Staaten, die für ihre Auslands-Ausgaben Gegenleistungen in Form von Waren und Dienstleistungen zu erbringen oder Gold- und Devisenreserven einzusetzen haben, konnten die USA in eigenem Geld zahlen.
Die Überschußländer packten diese Dollar in ihre Währungsreserven, tauschten sie also nicht bei den Amerikanern in Gold oder andere Währungen um. Die USA brauchten mithin nur die Notenpresse anzuwerfen, um jedes Zahlungsbilanz-Defizit zu »decken«.
Bis weit in die fünfziger Jahre hinein hatten die Europäer die mangelnde Zahlungsbilanz-Disziplin der Amerikaner noch als sehr angenehm empfunden. Nur wenn die USA im Defizit waren, flossen ja die Dollar ins Ausland, die dort zum Auffüllen der Währungsreserven dringend benötigt wurden.
Schließlich aber strömten weit mehr Dollar über den Atlantik, als die Europäer in Reserve halten mochten. »Früher verlangten die Vereinigten Staaten immer wieder von den Ländern, denen sie Kredite gaben, daß sie energisch ihre Finanzen in Ordnung bringen sollten, heute fragt man sich im Ausland warum wir das nicht endlich auch selber tun«, räumte schon Ende 1958 der damalige amerikanische Notenbank-Chef William McChesney Martin ein.
Vor allem die stabilitätsbewußten Deutschen bekamen zu spüren, daß sie mit den vielen Dollar zugleich auch die Inflation importierten. In einem System fester Wechselkurse nämlich, wie es in Bretton Woods installiert worden war hat die Notenbank eines Überschußlandes die Währung eines Defizitlandes an den Devisenbörsen aufzukaufen, damit der Kurs zwischen beiden Währungen konstant bleibt. Muß nun die Zentralbank sehr häufig und stark intervenieren, gelangt dadurch zwangsläufig zuviel nationales Geld in den Wirtschaftskreislauf des Überschußlandes. Die Preise steigen.
Bekämpft die Notenbank diese Inflation durch Anhebung der Zinsen, lockt sie zusätzliches ausländisches Geld ins Land. Sie bewegt sich in einem Teufelskreis: Die importierte Inflation wird noch verschlimmert.
Umgekehrt hat ein Defizitland zur Kursstabilisierung beizutragen, indem es Gold- und Devisenreserven zum Aufkauf der eigenen Währung an den Devisenmärkten einsetzt. Aber die USA als Leitwährungs-Land fühlten sich an diese Regel nicht gebunden.
Washingtons Geldpolitiker empfanden es geradezu als grotesk, daß sie Rücksicht auf den Kurs zur Mark, zur Lira oder zum Franc nehmen sollten. Die Europäer sollten sich gefälligst am Dollar ausrichten. Nur der war nach amerikanischem Selbstverständnis »real money«, allein die US-Valuta galt als echtes Geld.
Um den Dollar-Zustrom und damit die importierte Inflation zu bremsen wertete die Bundesregierung im März 1961 die Mark erstmals gegenüber dem Dollar auf. Der in Mark festgesetzte Preis des Dollar wurde von 4,20 auf 4,00 Mark abgesenkt.
Doch die Wirkung der geringfügigen Mark-Aufwertung verpuffte schnell. Mehr noch als andere europäische Länder litten die Deutschen bald wieder unter dem Dollar-Andrang.
Gerät die Leitwährung in Mißkredit, wird sogleich das Gold wieder aufpoliert. Das zeigte sich auch in den sechziger Jahren.
Statt weiterhin treu und brav sämtliche Dollar in die Währungsreserven zu stopfen, präsentierten etliche Zentralbanken dem US-Schatzamt einen - zunächst noch geringen - Teil der Dollar zum Umtausch in Gold. Die US-Behörde war verpflichtet, für je 35 Dollar eine Feinunze
Gold herauszurucken, und damit begann der seit 1914 angesammelte Goldschatz der USA erstmals zu schrumpfen.
Auch immer mehr private Anleger stiegen von Dollar auf Gold um. Weil die das begehrte Metall aber nur an freien Märkten kaufen konnten, kletterte der Goldpreis dort deutlich über den amtlichen Kurs hinaus.
Im Oktober 1961, als der freie Goldpreis schon über 40 Dollar betrug, schlug Präsident John F. Kennedy Alarm. Der neue amerikanische Staatschef sah die international privilegierte Stellung des Dollar gefährdet.
Wild entschlossen, die gegen den Dollar gerichtete Gold-Spekulation ein für allemal zu brechen, trommelte Kennedy die Verbündeten in Europa zu einer gemeinsamen Rettungsaktion für die einst von Roosevelt festgesetzte und in Bretton Woods bestätigte Gold-Dollar-Parität zusammen.
Die Notenbanken der USA und sieben europäischer Länder brachten einen Teil ihrer Goldreserven in einen »Gold-Pool« ein, aus dem jeder Käufer fortan Gold zum offiziellen Kurs erhielt. Die Bretton-Woods-Parität war vorerst gesichert.
Doch die private Goldspekulalion beruhigte sich nur vorübergehend. Bereits 1966 waren die privaten Goldkäufe so hoch wie die Welt-Jahresförderung, so daß den Notenbanken insgesamt kein neu gefördertes Gold mehr zufloß.
Im nächsten Jahr dann setzte ein solcher Run aufs Gold ein, daß die Goldpool-Mitglieder fürchten mußten, eines Tages nur noch Dollar in ihren Währungsreserven zu haben. Vor allem die Goldvorräte der Bank von England wurden so knapp, daß sie das Pfund im November 1967 um 14,3 Prozent abwerten mußte.
Als in den vier Tagen nach der Pfund-Abwertung der Umsatz am Londoner Goldmarkt von durchschnittlich 2,5 Tonnen auf 80 Tonnen hochschnellte, gab Frankreich seinen Austritt aus dem Gold-Pool bekannt. Staatspräsident Charles de Gaulle mochte nicht länger das Gold der Banque de France zum Preis von 35 Dollar je Unze verschleudern lassen.
Mit der Verkündung der »unzweideutigen Entscheidung der Vereinigten Staaten, Gold zum gegenwärtigen Preis zu kaufen und zu verkaufen«, konnte US Präsident Lyndon B. Johnson den Sieg der Gold-Spekulation nur um wenige Monate hinausschieben. Im März 1968 kam das Ende für den Goldpool.
Am 8. März wurden erstmals 100 Tonnen Gold pro Tag am Londoner Markt umgesetzt. Fünf Tage später waren es 225 Tonnen. Der Tag, an dem Fort Knox leer sein würde, schien nicht mehr allzu fern.
Da endlich kapitulierte Präsident Johnson. Am 15. März bat er den britischen Premier Harold Wilson, den Londoner Goldmarkt vorübergehend zu schließen. Zwei Tage später beschlossen die in Washington versammelten Goldpool-Mitglieder, kein Gold mehr an private Anleger abzugeben.
Die ehemaligen Pool-Partner einigten sich auf ein Goldhandels-System, das US-Zentralbankchef McChesney Martin in einem vertraulichen Gespräch mit Washingtoner Senatoren als »monetäre Trickserei« kennzeichnete: Der Preis, zu dem private Interessenten Gold kaufen konnten, wurde nun dem Spiel von Angebot und Nachfrage am freien Markt überlassen. Nur für Gold-Transaktionen zwischen den Notenbanken sollte noch der Kurs von 35 Dollar je Unze gelten.
Aber auch dieser angebliche Eckpfeiler des Bretton-Woods-Systems war längst morsch. Seit langem schon überstiegen die Dollar-Reserven der Notenbanken außerhalb der USA den Wert der amerikanischen Goldvorräte. Hätten alle Notenbanken diese Dollar zum Umtausch in Gold vorgelegt, hätten die USA ihre Zahlungsunfähigkeit offen eingestehen müssen.
Um eine solche nationale Blamage zu verhindern, hatte die US-Regierung schon unter Kennedy zunächst sanften, dann immer stärkeren diplomatischen Druck auf die Länder mit hohen Dollar-Reserven ausgeübt. Die Amerikaner gaben diesen Staaten zu verstehen, daß es der gemeinsamen Sache des Westens am besten diene, wenn der ausländische Dollar-Hort in verzinslichen amerikanischen Staatspapieren statt in nicht verzinslichem Gold angelegt werde. Die ausländischen Dollar-Besitzer erhielten so attraktive Zinsen, und die Amerikaner mußten nicht fürchten, daß ihnen Fort Knox ausgeräumt wurde.
Willig fügten sich Amerikas Muster-Verbündete, die Deutschen. Im April 1967 versicherte die Deutsche Bundesbank, »unter Rücksichtnahme auf die Interessen anderer Länder« habe sie in den fünf Jahren zuvor »nur 225 Millionen Dollar beim US-Schatzamt in Gold konvertiert«. Und wenig später verpflichtete sie sich, überhaupt keine Dollar mehr in Gold einzulösen.
Andere Länder waren nicht so folgsam - vor allem nach dem massiven Einstieg der Amerikaner in den Vietnam-Krieg nicht. Um zu demonstrieren, daß ihnen das amerikanische Eingreifen in Vietnam mißfiel, tauschten einige Länder vermehrt Dollar in Gold um.
Aber nur einer wagte es, sich den Amerikanern offen zu widersetzen:
Frankreichs General de Gaulle. Der lehnte es nicht nur ab, Amerikas Engagement in Vietnam durch Kauf amerikanischer Staatsanleihen mitzufinanzieren. De Gaulle hielt das gesamte »auf dem Privileg der Reservewährungen beruhende System« für »ungerecht«.
Wer würde die Amerikaner daran hindern, so sorgte sich der General, ständig neue Dollar zu drucken und damit die Welt zu überschwemmen? Wer sollte es ihnen verwehren, schließlich ganz Frankreich aufzukaufen?
Nach Ansicht des Generals und seines währungspolitischen Beraters Jacques Rueff gab es nur eine Rettung vor der Dollar-Lawine - die Rückkehr zu einem Währungssystem, in dem allein das Gold regierte. Nur Gold, so war de Gaulle überzeugt, hatte den »unveränderlichen, unparteiischen und universellen Charakter«, der für ein Reserve-Medium unerläßlich war.
Folglich ließ Charles de Gaulle jeden Dollar, der seiner Banque de France zufloß, in Gold umtauschen. Und im Gegensatz zu anderen, die bei den Amerikanern Dollar gegen Gold einlösten begnügte er sich nicht damit, für die Goldbarren ein Depot im Keller der New Yorker Federal Reserve Bank einrichten zu lassen. Der mißtrauische General schickte Sondermaschinen der Air France los, die das Gold nach Frankreich brachten.
Zum Leidwesen des Generals waren Frankreichs Deviseneinnahmen für eine durchschlagende Attacke gegen den Dollar jedoch nicht hoch genug. Wenige Monate nach dem Rücktritt de Gaulles im April 1969 mußte sein Nachfolger Georges Pompidou den Franc sogar um 12,5 Prozent abwerten, weil die Devisenvorräte der Banque de France arg zusammengeschmolzen waren.
Doch auch der Dollar geriet mehr und mehr unter Druck. Kaum jemand gab noch etwas auf das Wort der Amerikaner, wenn die wieder einmal gelobten, ihr Zahlungsbilanzloch zu stopfen.
So kündigte Präsident Johnson Anfang 1968 die härtesten Sanierungsmaßnahmen an, die es seit dem Weltkrieg gegeben habe. Er versprach, »jeden Muskel dieser Regierung für den Dollar und die Aufrechterhaltung der Ordnung in unserem Haushalt einzusetzen«.
Johnson drückte ein Moratorium amerikanischer Direktinvestitionen auf dem europäischen Kontinent durch und forderte die US-Banken auf ihre Auslands-Darlehen zu beschränken. Der Präsident versuchte auch, die Ausgaben von US-Touristen im Ausland zu vermindern: Er appellierte an seine Landsleute, zwei Jahre lang nicht ins Ausland zu reisen.
Johnsons Programm entlastete den Dollar nur sehr kurz. Schon im Frühjahr 1969 flüchteten so viele Anleger aus dem Dollar in die Mark, daß Washington die Regierung der Großen Koalition in Bonn zu einer Aufwertung drängte. Als die Bundesregierung ablehnte, klagte die US-Administration über den »Einfluß nationalistischer Elemente« und den »mangelnden Willen« der Bonner »zur Anpassung an die Weltwirtschaftslage«.
Im Oktober 1969 - nach fast einem Monat freier Kursbildung und nach einem öffentlich ausgetragenen Kabinett-Streit - sahen die Bonner ein, daß weiterer Widerstand gegen die geballte Kraft der Währungs-Spekulation sinnlos sei. Auf Betreiben von Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller wertete die Bundesregierung die Mark zum zweitenmal nach der Währungsreform auf.
Auch die 8,5prozentige Mark-Aufwertung sorgte nur für kurze Ruhe an der Währungsfront. Im Jahre 1970 geriet erstmals seit dem Ende des 19. Jahrhunderts die amerikanische Handelsbilanz ins Defizit. Bis dahin waren die Lücken in der amerikanischen Kapitalverkehrsbilanz wenigstens zum Teil dadurch kompensiert worden, daß Amerikas Wirtschaft mehr Güter ins Ausland verkaufte, als sie von dort bezog. Nun aber tat sich ein weiteres Loch in der Zahlungsbilanz auf, aus dem Dollar über die Grenzen strömten.
Im Frühjahr 1971 setzte abermals eine Spekulation gegen den Dollar ein - heftiger denn je zuvor. Wie schon im Herbst 1969 gaben die deutschen Währungshüter den Wechselkurs frei. Das heißt: Die Deutsche Bundesbank kaufte keine Dollar mehr zu einem garantierten Festpreis auf.
Die Schweizer und Österreicher werteten auf. Die Franzosen, in dirigistischen Maßnahmen erprobt, verbarrikadierten sich mit Devisenkontrollen gegen den Dollar-Zustrom. Am 4. August 1971 verbot die Pariser Regierung beispielsweise den Banken, Dollar von Personen zu akzeptieren, die der Spekulation verdächtig waren. _(Oben: am 15. August 1971; ) _(rechts: am 2. März 1973. )
Wir können uns nicht an einen monetären Standard halten«, kritisierte der französische Staatspräsident Georges Pompidou, »der aufgrund amerikanischer Innenpolitik ständig an Wert verliert. Man kann ja auch seine Uhr nicht nach einem Chronometer stellen, der nach- oder vorgeht.«
Am 15. August 1971 kam das Ende für den von Pompidou geschmähten Gold-Dollar-Standard. Ohne vorherige Konsultation der Partnerländer knallte US-Präsident Richard Nixon an jenem Tag das »Goldfenster« zu: Er erklärte, sein Land werde keine Dollar mehr in Gold einlösen.
Das war ein offener Bruch des Bretton-Woods-Abkommens. Aber im Grunde bestätigte Nixon nur, was ohnehin schon seit langem klar gewesen war: Es kursierten viel zu viele Dollar auf der Welt, als daß die jemals in Gold hätten eingelöst werden können.
Mitte 1971 verfügten die USA nur noch über Goldreserven von 10,5 Milliarden Dollar - nicht einmal mehr die Hälfte dessen, was sie noch 20 Jahre zuvor besessen hatten. Die Dollar-Reserven der westlichen Zentralbanken dagegen hatten sich aufgrund der heftigen Währungsspekulation im Zeitraum Mai 1970 bis Mitte 1971 wie ein Heißluftballon von 15 Milliarden auf 32 Milliarden Dollar gebläht.
Nach Nixons Not-Abkoppelung des Dollar vom Gold mußten geschockte US-Touristen in London, Paris und Rom die Schmach hinnehmen, daß Taxifahrer, Hoteliers und Oberkellner kein »real money«, keine US-Dollar, mehr akzeptierten. Das Magazin »U.S. News & World Report« berichtete gar, daß selbst Bettler in Paris eine milde Dollar-Gabe verschmähten.
Auf einer Währungskonferenz im Dezember 1971 versuchten die Finanzminister und Zentralbankpräsidenten der zehn größten westlichen Industrieländer noch einmal, das zerdepperte Bretton-Woods-System zu kitten. Im schloßartigen roten Backsteinbau der Smithsonian Institution in Washington einigten sie sich auf ein großes »Realignment«, eine Neufestsetzung der Kurse von Dollar, Yen, Mark, Pfund und der sechs anderen Währungen.
Die Währung der neuen Handels macht Japan wurde um 17 Prozent gegenüber dem Dollar aufgewertet, der Schweizer Franken um 13,9 Prozent. Die Deutschen konzedierten eine Mark-Aufwertung von 13,5 Prozent. Der holländische Gulden und der belgische Franc wurden um 11,5 Prozent angehoben, die anderen Währungen legten um einige Prozentpunkte weniger zu.
Der US-Dollar wurde auch gegenüber dem Gold abgewertet - nämlich um 8,6 Prozent. Das war allerdings eine rein kosmetische Operation; die Amerikaner weigerten sich weiterhin. Dollar in Gold umzutauschen.
So bedeutete die Dollar-Abwertung gegenüber dem Gold lediglich: Die Amerikaner, die zum alten offiziellen Preis von 35 Dollar je Unze kein Gold mehr aus Fort Knox herausgerückt hatten, taten dies nun auch zum neuen Goldpreis von 38 Dollar je Unze nicht.
Trotz solch sinnloser Zahlenspielchen feierte Präsident Nixon das Konferenz-Ergebnis als »die bedeutendste Währungs-Entscheidung in der Geschichte der Menschheit«. Doch der angeblich historische Währungsfriede dauerte nur ein paar Wochen.
Schon im Januar 1972 gerieten Yen und Mark erneut in Aufwertungsverdacht. Im Februar mußte die Bundesbank so viele Dollar aufkaufen, daß sie erstmals zu dirigistischen Abwehr-Maßnahmen griff.
»Es ist absurd«, wetterte der frühere deutsche Notenbank-Chef Wilhelm Vocke öffentlich, »daß der in Milliardenströmen die Welt überschwemmende, abgewertete und für uneinlösbar erklärte Dollar als Deckung für die Deutsche Mark, den Schweizer Franken und so weiter fungiert und aufgrund des gegenstandslos gewordenen Bretton-Woods-Abkommens von 1944 unbegrenzt weiter zu pari angenommen werden muß. Er ist eine nach Wert, Inhalt und Wesen andere Währung als die von 1944, nur den Namen hat sie behalten.«
Als die Währungsspekulanten neben dem Dollar auch Pfund und Lira mieden, kommentierte Nixon diese Entwicklung auf die ihm eigene Art: »Ich ... (expletives deleted - Schmutzwort gestrichen) auf die Lira, und was mit dem Pfund passiert, ist mir egal.«
Im Februar 1973 wurde der Dollar erneut abgewertet, und am 2. März ging die laut Nixon »bedeutendste« Währungsvereinbarung der Menschheitsgeschichte endgültig zu Bruch. An jenem Tag schlossen neben der Bundesrepublik noch drei weitere europäische Länder die Devisenmärkte; der Dollar-Strom war einfach nicht mehr zu kanalisieren.
Als die Devisenbörsen am 19. März wieder öffnen durften, war die Währungs-Welt eine andere. Zwischen den wichtigsten Währungen der Welt gab es keine festen Kurse mehr, Europas und Japans Zentralbanken ließen ihre Währungen gegenüber dem Dollar »floaten«.
Doch Finanzminister und Zentralbankiers sahen die flexiblen Kurse zunächst nur als Notlösung an. Sie hofften, nach Reparatur- und Modernisierungsarbeiten am zusammengebrochenen Bretton-Woods-System wieder zu festen Kursen zurückkehren zu können.
Ein schon 1972 gegründetes Komitee der Zwanzig, dem Vertreter aus Industrie- und Entwicklungsländern angehörten, sollte die Vorschläge für eine reformierte Währungsordnung erarbeiten. Kernstück dieser neu en Ordnung sollten »stabile, aber anpassungsfähige Wechselkurse« sein.
Aber bereits im September 1973 machte der US-Vertreter im Komitee der Zwanzig, der damalige Staatssekretär im Schatzministerium und heutige Zentralbankchef Paul Volcker, den überraschten Kollegen klar, daß es seine Regierung mit der Wiedereinführung stabiler Kurse keineswegs eilig habe. Volcker beanspruchte für sein Land die »absolute Freiheit zu floaten«.
Die Amerikaner waren überzeugt, daß ihr Dollar gegenüber Mark und Yen
noch immer beträchtlich überbewertet sei. Nur durch ein längeres ungestörtes Floaten, so glaubten sie, werde sich der Dollar auf einen Kurs einpendeln, der im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der US-Währung angemessen sei.
Kurz darauf geschah dann etwas, was selbst die eifrigsten Befürworter fester Wechselkurse, die Franzosen, zu der Einsicht kommen ließ, daß eine rasche Rückkehr zu einem System stabiler Währungs-Relationen illusorisch sei: Die Ölpreis-Explosion zum Jahreswechsel 1973/74 rüttelte die Weltwirtschaft derart durch, daß es allen Währungspolitikern ratsam schien, die Arbeit an einer neuen internationalen Geldordnung abzubrechen und erst einmal die weitere weltwirtschaftliche Entwicklung mit ihren schon voraussehbaren riesigen Zahlungsbilanz-Verwerfungen abzuwarten.
Schließlich aber drangen vor allem die Amerikaner darauf, die nach dem Statut von Bretton Woods verbotene Praxis des Floatens vertraglich abzusichern. Die Wirtschafts-Vormacht der westlichen Welt fürchtete, daß sie sonst ständig der Verletzung ihrer internationalen Verpflichtungen beschuldigt werden könne.
Wieder einmal waren es vor allem die Franzosen, die sich den amerikanischen Forderungen widersetzten. Jean-Pierre Fourcade, Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister, lehnte eine Legalisierung flexibler Wechselkurse als »falsch und gefährlich« ab. Der Festkurs-Befürworter beharrte darauf, daß das Floaten so rasch wie möglich beendet werden müsse.
Nach mühsamen Verhandlungen behielten am Ende natürlich die Amerikaner die Oberhand. Während einer Konferenz im Januar 1976 auf Jamaika einigte sich der zuständige Ausschuß der IWF-Mitgliedsländer darauf, die seit März 1973 geübte Praxis des Floatens endlich zu legalisieren.
Damit war das Festkurs-System von Bretton Woods auch juristisch tot. Und die Amerikaner hatten erreicht, was sie wollten: Sie brauchten bei ihrer Wirtschaftspolitik keine Rücksicht auf den Außenwert ihrer Währung mehr zu nehmen.
Wie alle anderen IWF-Mitgliedsländer auch verpflichteten sich die USA zwar »unordentliche Verhältnisse auf den Devisenmärkten« und »erratische Fluktuationen« der Wechselkurse zu vermeiden. Aber sie blockten alle Versuche der Europäer ab, Leitlinien für Interventionen der Währungsbehörden auf spekulativ aberhitzten Devisenmärkten einzuführen.
Statt dessen taten Washingtons Dollar-Taktiker so, als sei es besonders tugendsam, die Währungsmärkte auch in turbulenten Zeiten sich selbst zu überlassen. Sie plädierten dafür, möglichst »sauber« zu floaten, das heißt, möglichst wenig in das freie Spiel von privatem Devisen-Angebot und privater Devisen-Nachfrage einzugreifen.
Bei Devisenmarkt-Interventionen der Japaner oder der Deutschen argwöhnten die Amerikaner, daß dadurch nicht der Devisenhandel in geordnete Bahnen gelenkt, sondern der Kurs von Yen und Mark künstlich niedrig gehalten werden sollte. Kun: Sie warfen ihren schärfsten Welthandels-Konkurrenten »schmutziges« Floaten vor.
Die Amerikaner allerdings hatten ein weit billigeres und wirkungsvolleres Mittel als das »schmutzige« Floaten zur Hand, um den Wechselkurs ihrer Währung herauf- oder hinuntermanipulieren zu können. Sie redeten den Dollar einfach in die gewünschte Richtung.
Denn an der Sonderstellung der Amerikaner und ihres Dollar in der Weltwirtschaft hatte sich trotz Ablösung der US-Währung vom Gold und trotz Floatens, trotz Ölpreis-Explosion und trotz wachsender amerikanischer Leistungsbilanz-Defizite nichts geändert: Die Amerikaner verfügten nach wie vor über den weitaus stärksten Produktionsapparat der Welt, über den größten Binnenmarkt und über die Währung, die den internationalen Waren- und Kapitalverkehr dominierte.
Was ein US-Präsident oder -Schatzminister zum Dollar verlautbaren ließ, hatte daher durchschlagendere Wirkung auf die Dispositionen der Devisenhändler als Milliarden-Interventionen der japanischen oder der deutschen Notenbank. Das zeigte sich beispielsweise 1978, als US-Schatzminister Michael Blumenthal öffentlich meinte, der Dollar müsse rutschen, damit der defizitäre US-Außenhandel wieder ins Gleichgewicht komme. Die Währungsspekulanten reagierten prompt und jagten den Dollar in den Keller.
Allerdings fiel die US-Valuta dann so tief, daß die Amerikaner über stark erhöhte Einfuhrpreise eine hohe Inflation importieren mußten. Nur nach etlichen Jahren ständiger Währungsunruhen und einem Regierungswechsel in den USA konnte das Vertrauen in den Dollar für einige Zeit wiederhergestellt werden.
Das gleiche gefährliche Spiel des Herunterredens treibt nun auch Ronald Reagans Finanzminister James Baker, der den Dollar seit 1985 systematisch zu drücken sucht. Wie einst Blumenthal will auch Baker mit einem niedrigen Dollar die Wettbewerbskraft der US-Wirtschaft stärken und so das 170-Milliarden-Defizit in der amerikanischen Handelsbilanz vermindern.
Dem Amerikaner genügt offensichtlich noch nicht, daß der Dollar mit einem Rückgang von fast 40 Prozent gegenüber der Mark in den vergangenen anderthalb Jahren schneller gefallen ist als je zuvor. Vergangene Woche ließ er erkennen, daß er den Dollar gern noch tiefer hätte.
Der Rückgang des Dollar sei bislang »geordnet und mäßig« gewesen, meinte Baker. Dann fuhr er fort: »Ich habe den Dollar noch nicht im freien Fall gesehen.«
Die Dollar-Achterbahn ist den Amerikanern wohl noch nicht steil genug.
Ende
Als Schatzkanzler mit dem »Budget-Koffer« vor einer HaushaltsredeMitte der zwanziger Jahre.Panzerwagen sichern einen Lebensmitteltransport in London.Oben: am 15. August 1971;rechts: am 2. März 1973.