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IRAN Doppelter Preis

Ein Attentat auf amerikanische Experten in Teheran brachte es an den Tag: Die USA verkaufen dem waffenhungrigen Iran für Milliarden Waffen-Schrott.
aus DER SPIEGEL 3/1977

Es begann mit 43 Schüssen aus Revolvern und Maschinenpistolen. In dem Kugelhagel starben vergangenen August in Teheran drei Amerikaner von der Rüstungsfirma Rockwell.

Das Attentat wurde moslemischen Terroristen, fanatischen Feinden des Schah, zugeschrieben. Der Herrscher selbst ortete andere Hintermänner: »Da stecken die Russen dahinter«, vertraute er dem US-Botschafter Helms an, der in Washington einst Chef des Geheimdienstes CIA war. Helms hielt die Version gleichfalls für wahrscheinlich.

Die drei Erschossenen hatten an einem streng geheimen Projekt. »Ibex«, gearbeitet, einem elektronischen Überwachungssystem, das der Schah an der Grenze zur Sowjet-Union errichten läßt. Es besteht aus kamerabestückten Flugzeugen, Radar-, Abhör- und Störgeräten, die weit zum großen Nachbarn hin einsehen und hören sollen.

Die Sowjets, die mit dem Anschlag möglicherweise das Geheimprojekt stören wollten, hätten sieh die Kugeln sparen können. »Ibex« ist vermutlich, wie der »Watergate«-Rechercheur Bob Woodward in der »Washington Post« enthüllte, »ein Blindgänger für 500 Millionen Dollar« -- und offenbar nur eine von manchen Nieten, die dem Schahinschah verkauft werden.

»Es ist kein Geheimnis«, so Woodward, »daß der Iran als Schrottplatz für Ausrüstung und Projekte benutzt wird. die der Nationale Sicherheitsrat der USA und der Geheimdienst als nutzlos oder zu kompliziert verwerfen.«

Der Iran gilt bei amerikanischen Rüstungskonzernen als »Traumkunde«, so Generalmajor Williamson, früherer US-Militärberater des Schah. Denn für neue Großmacht-Träume gibt der Kaiser ein Drittel seiner Öl-Milliarden aus. Die iranischen Waffen-Orders brachen alle Rekorde. Mit den USA schloß er den größten Waffenlieferungs-Kontrakt in deren Geschichte.

Er ist sogar bereit, dem US-Konzern Northrop die Entwicklung einer iranischen Version des Kampfflugzeugs F-18 zu finanzieren.

Die 250 bestellten F-18 sollen etwa zehn. Milliarden Mark kosten. Für zweieinhalb Milliarden Mark orderte der Schah schon früher 80 Jets vom Typ F-14 »Tomcat« beim Grumman-Konzern -- dem er aber erst einmal zweihundert Millionen leihen mußte, um der Firma aus akuten Liquiditätsschwierigkeiten zu helfen.

Für seine Milliarden bekommt der Schah zwar das auf dem Papier Neueste, am Himmel aber sind die F-18 nicht erprobt. Die Wartung einer F-14 ist schon so kompliziert, daß selbst US-Techniker zehn Monate Ausbildungszeit brauchen.

»Hier müssen sie hei Null anfangen«, gab ein Grumman-Vertreter im Iran zu. »Man kann sieh vorstellen, wie lange die dafür brauchen werden.«

Und wieviel Geld. Denn auf dem langen Weg vom Werk in Amerika bis zum Persischen Golf harren viele offene Hände. Seit der Waffenstrom fließt, reißen auch die Korruptionsaffären nicht mehr ab.

Die Regierungen beider Partner mußten sieh ebenso wie die Gerichte mit Schmiergeldern und Provisionen, Kommissionen und Unterschlagungen in Höhe von vielen Millionen (allein bei Grumman ging es um 24 Millionen Dollar) befassen. Im Iran wurde die gesamte Führungsspitze der Marine gefeuert, landeten 15 Offiziere und Zivilisten im Gefängnis. In Amerika untersuchte der Kongreß die Skandale.

Der Schah reagierte gereizt auf »offene Betrugsversuche«. Rüde amerikanische Verkaufsmethoden bestärkten seinen Verdacht, daß er vorsätzlich hereingelegt werden sollte.

Als er sieh für ein fliegendes Frühwarnsystem interessierte, das die USA gerade in diesen Wochen auch der Nato aufschwatzen wollen, zeigte sich Washington geneigt, das kostspielige Gerät auch dem Iran zu verkaufen -- zum doppelten Preis. Als die USA dann dem Iran ein fehlerhaftes Radarsystem andrehen wollten, wies Schah Resa den Pentagon-Vertreter Marbod aus.

Doch kaum ein Milliardending schien so dubios wie »Ibex": Die Kameras dieses Systems können bei Nacht und Nebel nicht arbeiten. Das Gehirn des Ganzen ist ein Computer, der, so Woodward, schlicht nicht funktioniert.

Ein Pentagon-Beamter nannte »Ibex«, für das der Schah über eine Milliarde Mark bezahlen soll, »reif für den Müllhaufen«.

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