PARTEISTIFTUNGEN Durch die Seitentür
Zur Rechten saßen ehemalige Minister des 1975 verstorbenen Diktators Franco, dazu konservative Bankiers und Industrielle. Zur Linken tafelten Gewerkschafter, von denen viele während der Diktatur lange Haftstrafen im Gefängnis verbüßt hatten. In der Mitte thronte ein fröhlicher Deutscher: Dieter Koniecki, der Mann der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Spanien.
Die so antagonistische Gruppe hatte sich im feinen Madrider »Club 24« mit dem Stiftungsmann versammelt, um ihm öffentlich zu danken. Denn Koniecki trug mit seiner Arbeit in den Jahren der Demokratisierung Spaniens dazu bei, die traditionell verfeindeten Lager, die ihre Gegensätze früher mit Klassenkämpfen
und Bürgerkriegen ausgefochten hatten, zu versöhnen.
Nicht alle Stiftungsvertreter, die nach dem Tod Francos mit bundesdeutschen Steuergeldern in Spanien ihre Arbeit begannen, hatten soviel politische Weitsicht gezeigt.
Die Hanns-Seidel-Stiftung von Franz Josef Strauß versuchte anfangs, nostalgische Franco-Anhänger bei Laune und Kampfstimmung zu halten. Die CDUnahe Konrad-Adenauer-Stiftung sowie die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP bemühten sich in den Jahren nach 1975 erst einmal vergeblich um geeignete Partner.
Nur der Ebert-Mann hatte gleich von Anfang an einen glücklichen Start - dank Willy Brandt. Schon als Spanien und Portugal noch von tattrigen Diktatoren beherrscht wurden, schaute der SPD-Vorsitzende auf der Iberischen Halbinsel nach Männern mit Zukunft.
Zusammen mit dem portugiesischen Exil-Politiker Mario Soares gründeten deutsche Sozialdemokraten 1973 in Münstereifel die sozialistische Partei Portugals, PS. Und in Spanien förderte Brandt seit 1974 ganz zielstrebig den damals weitgehend unbekannten Rechtsanwalt Felipe Gonzalez und dessen zu dieser Zeit noch illegale sozialistische Arbeiterpartei PSOE.
Beide Parteien stellen heute, in Portugal wie in Spanien, die Regierung. Und beide Männer sind heute die Ministerpräsidenten dieser Länder.
Als Stiftungsmann Koniecki ein Jahr nach dem Tod Francos nach Spanien kam, war noch so ziemlich alles verboten, was er sich unter »Förderung der Demokratie« vorstellte. Zwar hatte der damalige konservative Innenminister Fraga Iribarne die Arbeit der Stiftungen erlaubt. Doch die sozialistischen Partner, mit denen Koniecki zusammenarbeiten wollte, lebten - ganz anders als die Partner der rechten Stiftungen - praktisch noch in der Illegalität. Politische Parteien außer Francos Falange waren verboten.
Wichtigstes Merkmal des ersten Büros der Ebert-Stiftung in Madrid war deshalb ein separater Eingang, der von keinem Pförtner kontrolliert werden konnte. Nur so konnten die ersten politischen Seminare ohne staatliche Bespitzelung stattfinden. Die Stiftung entwickelte sich bald zu einer Drehscheibe, auf der wichtige Bereiche der Demokratisierung Spaniens projektiert und vorgedacht wurden. »Anders als die Nelkenrevolution in Portugal war der friedliche Wandel zur Demokratie in Spanien eine Revolution von Professoren«, erinnert sich der Staats- und Verwaltungsrechtler Hans-Peter Schneider von der Universität Hannover.
Er war einer der Referenten bei drei Seminaren, in denen Politiker und Intellektuelle die Grundlagen der spanischen Verfassung erarbeiteten - zu einem Zeitpunkt, als noch keineswegs feststand, daß es überhaupt zu einer demokratischen Verfassung kommen würde.
Über 1500 Veranstaltungen führte die Ebert-Stiftung durch, stets mit dem Leitgedanken, Brücke zu sein in einem Land, in dem Gegensätze bislang meist mit Gewalt ausgetragen wurden. So brachte Koniecki im Land der Gegenreform zum erstenmal ketzerische Protestanten mit erzkonservativen Katholiken auf einem Luther-Symposium zusammen, und das auch noch in der päpstlichen Universität von Salamanca.
Mit Hilfe der Ebert-Stiftung rauften sich rechte Unternehmer und linke Gewerkschafter in insgesamt 23 Seminaren zu einem, wenn auch brüchigen, Sozialfrieden zusammen. So dankbar zeigten sich die bislang nur klassenkampf-erfahrenen Kontrahenten gegenüber dem vermittelnden Stiftungsmann, daß sie ihm jetzt in dem Madrider Club ein Festmahl ausrichteten.
Ehrung wurde ihm danach auch von allerhöchster Stelle zuteil: König Juan Carlos ließ Koniecki über seinen Botschafter in Bonn, Eduardo Foncillas, das »Gran Cruz de la Orden de Merito Civil« überreichen, einen Orden, den in der Regel nur ausländische Botschafter in Madrid bekommen.
Fast jeder, der heute in der Regierung, im Parlament, in den Regionalverwaltungen, in der sozialistischen Gewerkschaft oder in der Partei etwas zu sagen hat, ist durch die Kurse, Seminare und Kolloquien der Ebert-Stiftung gelaufen. Koniecki kennt sie alle. Viele deutsche Politiker suchen deshalb Hilfe und Rat beim einflußreichen Stiftungsmann in Madrid. Selbst Franz Josef Strauß trifft sich heimlich mit dem Alleswisser.
Doch die erfolgreiche Arbeit hat auch ihre Kritiker. Franco-Anhänger wie Kommunisten werfen Koniecki vor, sich mit viel Geld allzu sehr in innerspanische Angelegenheiten eingemischt zu haben.
Koniecki dagegen: »Meine Arbeit ist nur eine kleine Wiedergutmachung für die großen Investitionen des Hitler-Deutschlands, mit denen Franco unterstützt wurde, um die frei gewählte, demokratische Regierung der Republik zu stürzen.« _(Mit Bruno Kreisky, Felipe Gonzalez und ) _(Willy Brandt im Garten des Madrider ) _(Regierungssitzes. )
Mit Bruno Kreisky, Felipe Gonzalez und Willy Brandt im Garten desMadrider Regierungssitzes.