OLDENBURG Edles Roß
Niedersachsens FDP leidet unter dem kommunalen Ehrgeiz des Freidemokraten Jan Eiters aus Oldenburg.
Eilers, seit Juni dieses Jahres niedersächsischer Finanzminister, hatte der ehemals großherzoglichen Residenz Oldenburg, deren langjähriger Oberstadtdirektor er war, bei jeder Gelegenheit eine Universität versprochen. Vor allem im letzten Herbst empfahl Eilers seinen Untertanen in der Heimat, sie sollten nur die nächsten Landtagswahlen abwarten, dann werde für Oldenburg schon die allseits begehrte Hochschule herausspringen.
Es gelang Eilers auch, seine niedersächsische FDP zu dem Wahlversprechen zu verleiten, sie wolle in der neuen Legislaturperiode für »eine zweite Universität im Nordwesten unseres Landes, in Oldenburg« sorgen.
Damit freilich hatte Eilers sich - und seine Oldenburger - getäuscht: Nach der Landtagswahl im Mai mußte der zum Finanzminister in Hannovers SPD -FDP-Koalition aufgestiegene Oldenburger erkennen, daß er ein nicht erfüllbares Wahlversprechen gegeben hatte.
Mit dem Ausbau der Landesuniversität Göttingen, der Errichtung einer Medizinischen Akademie in Hannover und den laufenden Ausgaben für zwei Technische Hochschulen sind die niedersächsischen Hochschulfinanzen schon über Gebühr strapaziert.
Ohne Betonung las der sozialdemokratische Ministerpräsident Dr. Georg Diederichs dem niedersächsischen Landtag Ende Juni vor, was von den hochtrabenden Ideen seines Ministers Eilers übriggeblieben war: lediglich, daß »der Empfehlung des Wissenschaftsrates, im nordwestdeutschen Raum eine Universität zu errichten, Rechnung getragen« werde.
Diese vage Formulierung dämpfte die Hoffnung der Oldenburger auf die von Eilers avisierte Universität. Über den Standort war praktisch schon ein Jahr zuvor entschieden worden: Die neue Universität wird in Bremen gebaut. Ungeklärt ist nur noch, in welcher Form sich der Bund an der Finanzierung beteiligt.
Oberstadtdirektor Eilers hatte sich damals durch diese Entscheidung für Bremen nicht beeindrucken lassen. Drängte der Oldenburger: »Der Raum zwischen Weser und Ems schreit geradezu nach einer Universität, und Oldenburg ist der Mittelpunkt dieses Gebiets.«
Der Staatssekretär im niedersächsischen Kultusministerium, Dr. Konrad Müller, unternahm es daraufhin, die Kultur-Geographie des Kommunalpolitikers zu zerrupfen. Müller: »Es wäre ein Verhängnis für das deutsche Hochschulwesen, wenn man die Universitäten wie Tankstellen über das Land verteilen wollte.«
Doch Eilers ließ nicht locker und focht nicht mehr allein. Hinter ihm marschierten die Alt-Oldenburgischen Heimatbündler, die sich noch immer nicht damit abfinden wollen, daß ihr ehrwürdiges Großherzogtum Oldenburg nach Kriegsende dem Land Niedersachsen einverleibt wurde; die Patrioten singen
bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihre Nationalhymne: »Heil dir, o Oldenburg, heil deinen Farben, Gott schütz dein edles Roß, er segne deine Garben.«
So klagten die 14 Bürgervereine der ehemaligen Residenz im vergangenen August in einer Resolution zur Universitätsfrage: »Es zeigt sich, daß die Position Bremens deshalb weit stärker ist,
weil es noch ein eigener Bundesstaat ist, während Oldenburg die 800jährige Reichsunmittelbarkeit durch ein Diktat der Engländer genommen worden ist.«
Das Oldenburger Selbstbewußtsein zeitigte immerhin den Erfolg, daß sich fortan auch andere niedersächsische Gemeinwesen auf ihre Eignung als Universitätsstadt besannen. Im hannoverschen Kultusministerium gingen Bewerbungen aus Helmstedt, Rinteln und Salzgitter ein.
Obschon Helmstedt und Rinteln ihre akademischen Qualitäten unter anderem mit Vorzügen wie »Ruhe, gesundes Klima, keimfreie Luft« begründeten, fanden sie in Hannover kein Gehör und stellten wie Salzgitter ihre Bemühungen daraufhin wieder ein.
Oldenburgs Eilers hingegen kapitulierte nicht, sondern mußte zur Kapitulation gezwungen werden. Regierungschef Diederichs strich in seiner Regierungserklärung alle von Eiters inspirierten Oldenburg-Passagen.
Hannovers Finanzminister Eilers: Universitäten wie Tankstellen?