DANIEL DOPPLER Ein bayrischer Briefwechsel
Lieber Fonsä, alter Spezi!
Wie ich zu meiner außerordentlichen Betrübnis hören mußte, willst Du zurücktreten, und zwar möglichst rasch. Im Prinzip möchte ich lieber Nordlichter ausblasen oder Ananas in Alaska züchten, aber wenn Du meinst. Würde es Dir im Herbst passen? Herzlichst Dein Franz Josef.
P. S. Daß der Tandler neulich an Deinem Stuhl gesägt hat, darfst Du nicht mißverstehen. Es ist sein Freizeit-Hobby und hat ihm der Arzt Bewegung verordnet.
Lieber Franz Josef,
ich möcht ja schon, Dir zuliebe auch gleich. Aber, was meine Alte anbetrifft, so ist sie der Meinung, daß ich lieber weiter ins Büro gehen soll, weil ich ihr daheim nur im Weg herumstehe und sie beim Aufräumen und Kochen störe. Da hat sie's schon lieber, wenn ich regiere. Vielleicht solltest Du doch eine Vierte Partei gründen, auch wenn ich Dich ungern unter den Preußen weilen sehe. Nichts für ungut Dein Alfons.
Lieber Fonsä,
nichts liegt mir ferner, als Deine guten Absichten mißzuverstehen. Du magst Dich noch so bescheiden geben, ich durchschaue Deine hinterfotzige Art, mir das Amt aufzudrängen. Bleib doch bitte wenigstens noch bis April. In alter Verbundenheit Dein Franz Josef.
P. S. Die Bilder mit den Sauhatzszenen, die meine Mitarbeiter heute in Dein Büro bringen, kannst Du ja vorläufig an die Wand lehnen. Lieber Franz Josef.
Deine Fürsorge ist rührend und danke ich Dir vielmals, alter Bazi. Aber ich habe die Leute, die meine Akten raustragen wollten, mit einer Brotzeit versorgt und heimgeschickt. Wir haben nämlich zu Hause keinen Platz, sagt meine Frau. Stets der Deine Alfons.
P. S. Danke für die zugesandten selbstgepflückten Schwammerln. Leider hat mir mein Hausarzt kategorisch Pilze verboten. Wenn S' weiter regieren wollen, hat er gsagt, dürfen S' dös net essen.
Lieber Fonsä,
da ich schon den ganzen Tag wie Herkules den Erdball stemmen muß (es ist ein Kreuth), kann ich erst nächste Woche Dein Amt übernehmen. Gern tu ich's gewiß nicht. Wie geht es Deiner gebrochenen Haxen? Der Zimmermann sagt, es sei ihm schrecklich peinlich und er möcht schwören, daß er Dir an der Treppe der Staatskanzlei kein Bein gestellt hat, sondern Dich im Gegenteil vor einem Sturz bewahren wollte. Servus Dein Franz.
Lieber Franz Josef.
Wenn Du mein Büro brauchst, kann ich ja vielleicht von daheim aus weiter regieren. Daß Du mein Telephon gesperrt hast, um mir unnötige Aufregung zu ersparen, weiß ich zu schätzen. In Treue fest Alfons.
Lieber Alfons.
daß Du Ministerpräsident werden willst, ehrt Dich. Hast Du in Deinem aufopfernden Eifer vergessen, daß Bayern nur einen Ministerpräsidenten braucht, und der hin seit gestern ich? Laß keinen Parteitagshader zwischen Dich und mich kommen, Pygmäen können nicht entscheiden, was zwischen zwei alten Freunden vorgeht. Du mußt jetzt vor allem an Dich denken. Wie immer Dein Franz Josef.
P. S. Wie ich höre, benutzt Du immer noch das Briefpapier mit dem Briefkopf »Der Bayerische Ministerpräsident«. Mich stört's ja nicht, aber andere könnten das mißverstehen.