Ein Held des B-Films
Wenn ein Erdnußfarmer aus Georgia ins Weiße Haus gelangen und seine Mutter als Sonderbotschafter einsetzen kann«, so schrieb der Londoner »Spectator« kürzlich, »dann gibt es keinen Grund, warum ihm ein alternder Ex-Schauspieler, der seine Frau 'Mami' nennt, darin nicht folgen sollte.«
Ronald Reagan, 69, Amerikas rechtsrepublikanischer Präsidentschaftskandidat, hat solche schlechte Presse derzeit nicht nur, doch vor allem in Europa, und seine Vergangenheit als Hollywood-Darsteller spielt dabei keine geringe Rolle. Ein unfair verzeichnetes Image? Filmexperten erinnern sich immerhin, daß auch der Schauspieler Reagan meistens keine gute Presse hatte. Ohnehin spielte er oft in sogenannten B-Pictures, Billigproduktionen, die in Doppelvorstellungen nach dem Haupt-Film liefen, wie etwa dem Western »Tennessee's Partner«.
Reagan war ein »schwacher Held« in »The Bad Man«, dem »unbeweglichsten und geschwätzigsten Western seit langer Zeit«; er gab eine »sehr matte« Vorstellung in dem »schwunglosen« Musical »She's Working Her Way Through College«; ob er einen berühmten Baseball-Star ("The Winning Team") oder einen kommunistischer Gehirnwäsche widerstehenden US-Offizier in nordkoreanischsowjetischer Gefangenschaft ("Prisoner of War") darstellte -- er war stets höchstens »Durchschnitt« (alle Zitate aus der »New York Times").
Nach Deutschland kamen die meisten Reagan-Filme nie. In »Desperate Journey«, einem »Action-Melodram der wildesten Sorte«, spielte er 1942 einen US-Offizier, der mit einem alliierten Kommando in deutscher Uniform ins NS-Reich eindringt. »Junge, Junge, wie diese Schauspieler von Warner Bros. die blöden Nazi-Offiziere reinlegen und das arme Deutschland auseinandernehmen]« amüsierte sich damals die »New York Times«. »So was hat man außerhalb der Comics noch nicht gesehen.«