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2000: Ausland Ein Knick in der Kurve lässt hoffen

Mit wachsender Schnelligkeit vermehrte sich die Weltbevölkerung bis in die neunziger Jahre. Jetzt haben sich die Zuwachsraten erstmals abgeschwächt.
aus DER SPIEGEL 52/1999

Am 12. Oktober begrüßte Uno-Generalsekretär Kofi Annan den sechsmilliardsten Erdenbürger: Adnan Mevic, der Sohn eines muslimischen Ehepaares, war kurz nach Mitternacht in Sarajevo geboren worden. Die Entscheidung für das Bosnien-Baby war symbolisch. Annan befand sich gerade in dem Balkanland, in dem während des Kriegs tausende Kinder umgekommen waren. Die Sechs-Milliarden-Grenze, so schätzen Demografen, war wahrscheinlich bereits im Juli überschritten worden.

Nie zuvor war die Zahl der Menschen so schnell von einer Milliarde zur nächsten gestiegen, ganze zwölf Jahre hatte es gedauert. Und hätte nicht China (Einwohnerzahl 1,25 Milliarden) seit Ende der siebziger Jahre eine strikte Ein-Kind-Politik vorangetrieben, wäre die Weltbevölkerung bereits Jahre früher auf die Sechs-Milliarden-Marke hochgeschnellt.

Die Zahl der Erdenbewohner ist immer rascher gewachsen. Fast zwei Millionen Jahre benötigte die Menschheit, bis sie 1804 die Kopfzahl von einer Milliarde erreichte. Pestepidemien im 14. Jahrhundert und der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) hatten die Bevölkerung ganzer Landstriche dahingerafft.

Doch wer immer überlebte, gehorchte dem christlichen Gebot: »Seid fruchtbar und mehret euch.« Von 1804 bis 1927 verdoppelte sich die Weltbevölkerung auf zwei Milliarden; schon 33 Jahre später, 1960, wurde die dritte Milliarde erreicht, 1974 die vierte, 1987 die fünfte - hygienischer und medizinischer Fortschritt machten es möglich. Aufgebracht empfahl der amerikanische Biologe Paul Ehrlich den Regierungen der Welt, »das Krebsgeschwür des Bevölkerungswachstums herauszuschneiden«, sonst »vermehrt sich die Menschheit zu Tode«.

Neuerdings aber registrieren die Demografen einen Knick in der Kurve. Erstmals haben sich die Zuwachsraten leicht abgeschwächt. In Industriestaaten wie Deutschland und Japan liegt die Fortpflanzungsrate schon seit Jahren unter der Erhaltungsmarke von 2,1 Kindern pro Einwohnerin. In etlichen Entwicklungsländern sind Eltern davon überzeugt worden, dass ein Verzicht auf viele Kinder den Wohlstand mehrt.

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