Eine gefährliche Gratwanderung
Nr. 24/2004, Titel: Der Fall Kaplan oder: Wie der Staat sich von seinen Gegnern vorführen lässt
Bei aller Kritik an den Behörden in diesem Fall: Wir sollten uns bewusst sein, dass diese Schlagzeile besser ist als eine, die da lauten könnte: »Der Fall Kaplan: In Polizeizelle gefoltert«.
DARMSTADT MAX ROBITZSCH
Was für ein Menschenbild hat man eigentlich von einem mündigen Ausländer, wenn man ihm nicht einmal zutrauen kann, dass er in der Lage ist, sich in Deutschland an die Gesetze zu halten, vor allem, wenn er um die Folterzustände in seinem eigenen Heimatland weiß? Schwerstkriminelle Ausländer, auch wenn ihnen in ihrem Heimatland Folter droht, sollten abgeschoben werden können. Wir haben ihnen hier eine Chance auf ein besseres Leben gegeben, und damit den Menschenrechten Genüge getan. Mehr ist Deutschland ihnen nicht schuldig.
AUGSBURG MICHAEL WEHNER
Die Politiker haben Bedenken und suchen den Konsensus, die Polizei versteckt sich hinter Zuständigkeiten und guckt gern weg, die Justiz verhängt meist die mildeste aller möglichen Strafen. Dieser Staat wehrt sich nicht. Er hat keinen Biss, sondern Schiss.
BUCHHOLZ (NIEDERS.) JOHANNES HALLER
Arme deutsche Justitia, wie tief bist du gesunken, du hast den Kakao, durch den dich Kaplan gezogen hat, auch noch getrunken.
REINBEK BEI HAMBURG JOHANN BURES
Man entnimmt dem Artikel, dass wir leider in Deutschland keinen rechtsfreien Raum wie in Guantanamo zur Verfügung haben. Mancher Politiker hätte so etwas sicher auch gern. Mein Vorschlag: Eine der ostfriesischen Inseln an Kuba verkaufen, notfalls für einen Dollar und dann langfristig pachten, da wäre Platz für Deutschlands Terrorverdächtige.
KIEL HEINER BLÖBAUM
Ihr Titel hat mich sehr verunsichert. Muss ich mich mehr um Hassprediger oder um den Erhalt eines demokratischen Rechtsstaats sorgen? Wenn ich lese: »Das ist der GAU für den Rechtsstaat« (Sonntag-Wolgast) oder: »Bosbach fürchtet ums gesunde Rechtsempfinden«, könnte ich schlaflose Nächte kriegen. Der Weg vom »gesunden Rechtsempfinden« zum »gesunden Volksempfinden« ist eine gefährliche Gratwanderung. Das hatten wir schon mal bis vor 60 Jahren - bei den Nazis. Wer bestimmt also die »Gesundheit« des Gefühls? Die »Bild«-Zeitung mit Riesenlettern? Mit Sicherheit spielen wir den Terroristen in die Hände, wenn wir bei jedem Anschlag sofort nach Änderung und Verschärfung bestehender Gesetze rufen.
NORDERSTEDT (SCHL.-HOLST.) MAREN PLASCHNICK
Man merkt, Ihre Reporter sind von der ersten bis zur letzten Zeile vom sehnlichsten Wunsch durchdrungen, gemeinsam mit Schily die bösen »Islamisten« loszuwerden. Raus aus Deutschland - Problem weg! Und weil das nicht so leicht geht, ein Lamento von mehreren Seiten. Hetze gegen Minderheiten, Schüren von Rassenhass et cetera ist doch sowieso verboten, da heißt die Devise eben Einschreiten: Strafe, bei Wiederholung härtere Strafe. Warum sind die Deutschen gegenüber Ausländern so machtlos? Weil euch immer nur ein Gedanke einfällt: abschieben! Behandelt und verfolgt sie wie jeden anderen Bürger auch. Das ist vielleicht anstrengender, aber sicher erfolgreicher.
WIEN DR. ALFRED SCHWARZ
Ein Mann, der unser Wertesystem nicht respektiert und es am liebsten mit Gewalt niederschlagen würde, hat hier nichts verloren! Was mir aber noch viel größere Sorgen bereitet, ist, dass dieser Mann eine nicht zu verachtende Anhängerschar besitzt, die seinen Hasspredigten aufmerksam lauscht und bereit ist, den Botschaften zu folgen! Also nicht nur von diesem Mann geht die Gefahr aus, sondern auch von seiner gesamten Anhängerschar. Das kann und darf man nicht übersehen oder schönreden.
BONN HOLGER STAWITZ
Die Gegner einer Verschärfung des Asylrechts und der Abschiebepraxis bemühen ständig den Rechtsstaat und bemerken nicht, dass dieser längst zum Nachtwächterstaat degeneriert ist.
BAD KROZINGEN (BAD.-WÜRTT.)
ERHARD VETTERS
Ich hoffe nur, dass die Bemühungen des Bundesinnenministers erfolgreich sind, um solche Typen nach Hause zu schicken. Ich habe privat und geschäftlich viele türkische Freunde, aber die beanspruchen keine Sozialhilfe, um den deutschen Wohlfahrtsstaat um 150 000 Euro zu erleichtern.
WENNIGSEN (NIEDERS.) DIETER DAUM