"Ich mache den Deutschen ein Angebot" Einen Feldzug des Sparens
hat der Schah seinem Land als neues Programm verordnet. Die »Orgie der Verschwendung«, die der Vervierfachung des Ölpreises Ende 1973 folgte, sei, so ein kaiserliches Dekret von Anfang November, »endgültig vorbei«.
Damals, als die Öl-Erlöse jäh von etwa 12 auf rund 50 Milliarden Mark pro Jahr stiegen, war der Iran, wie andere Ölländer auch, einem Kauf- und Investitionsrausch verfallen. Der Schah, seit 35 Jahren an der Macht, wollte sein Land binnen einer Generation zu »einem der fünf mächtigsten Staaten der Welt« machen. Mit seinen Öldollars kaufte er Anteile an Krupp und das Tafelgeschirr der Hohenzollern, stützte er die marode Wirtschaft Indiens und half Frankreichs Zahlungsbilanz auszugleichen.
Ein Fünf-Jahres-Plan mit geplanten Ausgaben von etwa 175 Milliarden Mark sollte den Iran -- 34 Millionen Einwohner, mit 1,6 Millionen Quadratkilometern dreimal so groß wie Frankreich -- mit an die Weltspitze der Industrienationen rücken.
Doch der Preisschock drückte den Ölverbrauch, die Einnahmen erreichten nur 1974 die vorgesehene Höhe von 50 Milliarden. Mangelnde Planung, fehlende Infrastruktur und ein Engpaß an Facharbeitern auf allen Gebieten bremsten den Entwicklungsschwung:
In den Häfen am Persischen Golf dümpelten Frachter bis zu fünf Monate, ehe ihre Ladung gelöscht wurde, auf den Piers und in Grenzzollämtern vergammelten die Güter. Bahn wie Bürokratie waren dem jähen Ansturm nicht gewachsen. Persien mußte nicht nur Zehntausende Lastwagen, sondern auch die dazugehörigen Fahrer importieren -- aus Korea und von den Philippinen.
Nach nur einem goldenen Jahr des Überflusses war der Iran gezwungen, wieder Geld im Ausland zu leihen -- in diesem Jahr allein etwa zwölf Milliarden Mark. Der Fünf-Jahres-Plan wurde in seinen wichtigsten Punkten um 15 Prozent zusammengestrichen, seine Laufzeit um bis zu anderthalb Jahre verlängert.
Nicht gekürzt wurden die Militärausgaben: Der Vater des Schah war noch von Briten und Russen 1941 zum Abdanken gezwungen und ins Exil geschickt worden, der Schah selbst war in seinen frühen Regierungsjahren hilfloses Objekt ausländischer Interessen. Deswegen rüstet er seine 200 000-Mann-Armee mit enormem Aufwand zur stärksten Streitmacht Asiens außer der Sowjet-Union hoch.
Jahr für Jahr kauft der Iran für 12 bis 20 Milliarden Mark Waffen, vor allem in den USA und England, und gibt dafür ein Drittel seiner Ölerlöse aus. Seine Soldaten bekommen dafür das Modernste, was auf der Welt zu kaufen ist: F-16-Kampfflugzeuge, die zweimal so schnell wie der Schall fliegen und auf die selbst die US-Streitkräfte noch warten müssen, die einzige Luftkissen-Flotte der Welt und mehr Hubschrauber, als die Bundeswehr ihr eigen nennt.
Um dieses Gerät nutzen und warten zu können, braucht der Iran schon jetzt 24 000 Experten und Berater, bis in die 80er Jahre wird dieser Bedarf nach einer Schätzung von »Newsweck« auf 50 000 Ausländer ansteigen -- zusammen mit den anderen Folgekosten der Hochrüstung eine enorme Belastung, die Persiens derzeitige finanzielle Kräfte übersteigt.
Nicht nur deshalb braucht der Schah einen höheren Preis für sein Öl: Die Erdölvorräte des Iran -- etwa ein Zehntel der bekannten Weltreserven -- werden in zwei bis drei Jahrzehnten erschöpft sein. Bis dahin muß das Land, will es auch nur die schon modifizierten Vorstellungen seines Herrschers erfüllen -- den Standard Europas von heute -, eine Industrie aufgebaut haben, deren Produktion das Öl ersetzen kann: Eine gewaltige, kaum lösbare Aufgabe, denn zur Zeit macht Erdöl allein noch 90 Prozent der iranischen Exporte aus.