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In Deutschland, heißt es, herrsche eine »Parteiendemokratie«. Richtig ist, daß die Parteien vom Willen ihrer Führungsschicht beherrscht werden: Die Parteibasis kommt nicht zu Wort, wird nur als Beifallspender für die Oberen gebraucht. Die politische Wirklichkeit hinkt hinter den verfassungsrechtlichen Vorgaben längst weit hinterher.
aus DER SPIEGEL 51/1991

Eintausend Frauen und Männer müssen seit Sonntag in Dresden auf dem Bundesparteitag der CDU ein großes Programm bewältigen. 532 Anträge - die meisten von der Parteibasis gestellt - sollen beraten und entschieden sein: vom programmatischen »Dresdner Manifest« bis zur Asylproblematik.

Doch die aus Flensburg und Passau, Stralsund und Aachen anreisenden Christdemokraten könnten sich die Lektüre des 161 Seiten starken, kiloschweren Antragsbuches sparen - und der CDU Kosten von gut 1,5 Millionen Mark: Denn zu sagen hat die Basis, wie fast immer auf Parteitagen, so gut wie nichts.

Längst hat eine kleine Schar Parteioberer ausgekungelt, welche Fassung des Manifestes letztlich in die CDU-Annalen eingehen soll, welche Anträge der Mitglieder gleich und welche später in den Papierkorb geworfen werden. Dabei könnten Parteitage einer Echtheitsprüfung in Sachen innerparteilicher Demokratie standhalten - wenn die Eliten und _(* CSU-Parteitag im November in München. ) die zu Akklamationsapparaten und Wahlvereinen verkommenen Delegiertenmassen nur wollten.

In weiser Voraussicht hatten Juristen wie Politiker 1967 Feinschliff an ein »Gesetz über die politischen Parteien« gelegt. Vorsorge wollten sie treffen gegen den innerparteilichen Machtmißbrauch mächtiger Polit-Bonzen und ihrer Seilschaften in der Funktionärskaste. Wie eine Anleitung zur Demokratie liest sich Paragraph 15 des Parteiengesetzes. Das Antragsrecht auf Parteitagen, heißt es da, sei »so zu gestalten, daß eine demokratische Willensbildung gewährleistet bleibt, insbesondere auch Minderheiten ihre Vorschläge ausreichend zur Erörterung bringen können«.

Doch die politische Wirklichkeit in den »Catch-all-Parteien«, wie die Volksparteien wegen ihrer großen Integrationskraft von Politologen gern genannt werden, spricht der hehren Norm hohn. »Du darfst«, heißt es für die Delegierten in den Satzungen - und trickreich wird ihnen auf Parteitagen dann Demokratie-Diät verordnet.

»Was da an innerparteilicher Demokratie passiert, genügt gerade noch den Aufforderungen, die das Verfassungsgericht stellt«, moniert selbstkritisch der Leiter der Grundsatzabteilung im Stuttgarter Staatsministerium, Warnfried Dettling, selbst jahrzehntelang CDU-Stratege in Bonn, bis er von Parteichef Helmut Kohl kaltgestellt wurde.

Auch das freidemokratische Fußvolk, das im November auf dem Bundesparteitag im thüringischen Suhl ein Pensum von 122 Anträgen erledigen sollte, war zur Genüge mit Mitbestimmungsrechten ausgestattet. Hochpolitisches wie die vom Landesverband Bayern gewünschte Ablehnung des »Jäger 90« gehörte zum Diskussionsstandard wie Skurriles: etwa das von mittelfränkischen Delegierten propagierte Vorhaben, die Nützlichkeit von Pflanzenölen in Verbrennungsmotoren zu untersuchen.

Da half auch das Parteiengesetz nicht: Des Pflanzenöls mögliche Verwendungsbreite wurde ebensowenig zum Parteitagsthema wie ein Vorstoß der Zwickauer Professorin Elke Mehnert: Die Ost-Liberale hatte sich, ganz im Geist gesunder Basis-Demokratie, sechs Wochen vor dem Bundesparteitag im FDP-Kreisverband zu Eibenstock im Erzgebirge dafür stark gemacht, bundesweit alle Kulturveranstaltungen mit einer Zehn-Pfennig-Abgabe zu belegen - zur Förderung der unter arger Finanznot leidenden Ost-Kultur.

Dann ging alles seinen demokratischen Gang. Der Landesverband Sachsen machte sich die Initiative zu eigen (Begründung: »Die FDP ist nicht nur Partei der Händler und Banker, sondern auch der Künstler und Denker") und transportierte sie zum Parteitag. Das für die Delegierten frustrierende Ergebnis: keine Diskussion in Suhl, sondern Verweisung an den Bundesfachausschuß Kultur. Wann sich die Liberalen dort mit dem sächsischen Ein-Groschen-Opfer beschäftigen werden, ist völlig offen. Kommentar der Initiatorin Mehnert: »Solange ich atme, hoffe ich.«

Solch utopisches Denken ist bei jedem Parteitag aufs neue zum Scheitern verurteilt. Der Soziologe Robert Michels begründete das mit dem »ehernen Gesetz der Oligarchie": Eliten halten die Basis klein - und diese dualistische Parteistruktur, die Michels schon für das Kaiserreich nachwies, lebt auch im Nachkriegsdeutschland fort.

Verlangt die Basis einen Kulturgroschen, liegt gewiß nur ein minder schwerer Fall innerparteilichen Demokratieversuchs vor. Herausgefordert fühlt sich die Elite, wenn kritischer Delegiertenwille an die politische Substanz geht.

Das Delikt, das der FDP-Spitze in Suhl zu schaffen machte, war das Aufbegehren vieler Delegierter gegen die Wehrpflicht. Schon Ende Mai hatte Außenminister Hans-Dietrich Genscher die Delegierten auf einer Bundeshauptausschußsitzung in Hamburg nur mühsam auf Kurs halten können und die Wehrpflichtarmee als »Ausdruck des Selbstverständnisses einer demokratischen Gesellschaft« festschreiben wollen. »Dreimal«, empörte sich ein Beteiligter, wurde »abgestimmt, bis es stimmte«.

Das ärgerte die Basis. Die Hamburger FDP um ihren antimilitaristischen Vorsitzenden Robert Vogel beantragte die Abschaffung der Wehrpflicht und die Einführung einer Berufsarmee. Das Ergebnis: Der Parteitag überwies das koalitionsbrisante Thema an eine Kommission, die erst noch gebildet werden muß. Kleiner Trost: Ein Papier des Bundesvorstandes mit dem exakt gegenteiligen Inhalt wurde auch nicht verabschiedet.

Haben die Parteiführer auch »allüberall Macht über die wählenden (Delegierten-) Massen« (Michels), bedarf solch politische Omnipotenz ausgeklügelter Herrschaftsinstrumente, um den demokratischen Schein zu wahren und dennoch das Wohlverhalten der Basis zu steuern.

Eine diesem Ziel äußerst dienliche Einrichtung sind die Antragskommissionen, in denen von etablierten Funktionären, so wissen Parteikommissare, »jede Falte glattgebügelt« wird.

Initiativen der Ortsvereine und Kreisverbände, einzelner Delegierter oder ganzer Landesverbände werden, so gut es geht, in die Form sogenannter Leitanträge des Vorstandes gepreßt - nach der Einschätzung des SPD-Abgeordneten und früheren FDP-Generalsekretärs Günter Verheugen eine »fatale Tendenz«, die zu einem »für die Ortsvereine frustrierenden Erlebnis« führt.

Der formulierte Basis-Wille findet sich allenfalls in Neben- oder Halbsätzen wieder - das Resultat ist eine unverbindliche, politische Positionen verwässernde »Konsensualsprache« (SPD-Organisator Bodo Hombach), deren formelhafte Redewendungen »keinem weh tun« sollen.

Das stets wiederkehrende Kommissionsritual auf Parteitagen beschreibt Hombach, ehedem Wahlkampfmanager Johannes Raus, ebenso plastisch wie drastisch: »Die badenwürttembergische SPD fordert die Freilassung aller Ameisen. Die Genossen aus Bayern, die noch nie regieren mußten, wollen die Ameisen sogar sofort und unverzüglich befreit wissen. Die pragmatischen Nordrhein-Westfalen bestehen erst einmal auf einer Kommission, die untersuchen soll, ob es überhaupt Ameisen gibt und wie sie leben - und schon haben wir den Salat.«

Doch Antragskommissionen, rekrutiert aus den Repräsentanten der wichtigsten Strömungen der Partei, wissen sich zu helfen. Hombach über seinen Antragsprototyp: »Heraus kommt ein Leitantrag, in dem die Sozialdemokratische Partei Deutschlands die Freilassung aller Ameisen als moralisch geboten, ökologisch notwendig und sozial gerecht anstrebt.«

Das Eingehen auf Anträge der Basis, weiß man auch in der CDU, »hat meistens nur einen pädagogisch-therapeutischen Charakter«. Höchst selten mucken Delegierte wie einst die schleswigholsteinische Genossin Silke Seemann auf: »Wir wollen keine netten Formulierungen, wie sie sich in der Fassung der Antragskommssion finden.«

Oder wie der Südbayer Klaus Barthel, der auf einem Berliner SPD-Parteitag genervt zu Protokoll gab: »Ich habe es satt, daß immer so lange abgestimmt wird, bis das herauskommt, was man vorn offensichtlich will.«

Die Techniken, derer sich die Parteioberen bedienen, um das Wilde an der Basis zu domestizieren, sind stets vom Grad der Renitenz des Fußvolks abhängig. Gelingen im Vorfeld des Parteitages nicht alle Absprachen und können Emissäre der Führung zu wenige Erfolge beim Kungeln vor Ort verbuchen, muß geschickte Parteitagsregie zum gewünschten Ergebnis führen.

Trägt zum Beispiel ein bundesweit unbekannter Delegierter wie der Pinneberger Sozialdemokrat Hans-Helmut Birke eine vom Vorstandswillen abweichende schleswig-holsteinische Position vor, schreitet nach ihm schon mal ein Partei-Promi wie Horst Ehmke zum Mikrofon: »Der hat mich zur Minna gemacht, der Ehmke«, erinnert sich Birke.

Die Autorität derer, die das Delegierten-Volk aus der Perspektive des Fernsehzuschauers kennt, wiegt so schwer, daß Parteitagsneulinge schon mal »rote Ohren« (Birke) bekommen. Und über die Strategie-Erfolge der Parteitagslenker wundert sich der heutige SPD-Kreisvorsitzende: »Ich weiß nicht, wie die das machen, aber sie schaffen es immer.«

»Das Geheimnis aller Siege«, weiß denn auch der frühere CDU-Bundesgeschäftsführer Peter Radunski aus der Erfahrung von 20 Bundesparteitagen zu berichten, »liegt in der Organisation des Unscheinbaren.«

Doch die ständige Suche nach Kompromissen, unter deren Deckmantel CDU-Wirtschaftsflügler ebenso schlüpfen sollen wie Delegierte der Frauenvereinigung oder gar der Sozialausschüsse, bereitet Radunski ernste Sorge: »Da wird auf den Parteitagen durch das bewußte Verkleistern von Gegensätzen eine Integration vorweggenommen, die besser dem weiteren politischen Prozeß, etwa in den Koalitionen, vorbehalten sein sollte.«

Unverdrossen glauben Politologen wie Kurt Sontheimer daran, daß das »Gespenst der Parteienoligarchie« überhaupt nicht existiere, sondern nur »ein Produkt ideologisch besorgter Wandmaler« sei.

Doch die Professoren finden nur alle paar Jahre spärliche Anhaltspunkte für ihre Hoffnung - dann, wenn ein starkes Beben an der Basis zum größten anzunehmenden Unfall in der Parteitagsregie führt: zum Abstimmungssieg der Delegierten über eine Vorstandsempfehlung, zum Triumph der Knechtschaft über die Herrschaft.

Einen solchen Parteitags-GAU durchlitt die SPD-Führung 1973, als sie die Kontrolle über die Delegiertenschar verlor. Die beschloß in Hannover, aufgewiegelt von linken Vordenkern aus Hessen-Süd, das Verbot des Makler-Berufes - obwohl Vorstand Hans-Jochen Vogel mit dem Knüppel der Autorität versucht hatte, das Fürcherliche abzuwenden.

Der Marsch der Linken durch die Institution SPD wurde, kaum begonnen, jäh gestoppt: Zwei Jahre danach wurde der kecke Makler-Beschluß aufgehoben.

Funktionieren Parteien, die sich »strikt auf das Ziel der Stimmenmaximierung bei Wahlen« abrichten lassen, wie Parteiforscher Oskar Niedermayer beobachtete, einmal nicht so, wie es dem Wunsch der Oligarchen entspricht, ist das letzte Wort längst nicht gesprochen, die Oberen suchen Revanche.

Als 1978 beim Mainzer FDP-Parteitag eine freidemokratische Kernschmelze drohte, entschloß sich die Führungsriege um den damaligen Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff zur Schnellabschaltung - mittels einer kollektiven Rücktrittsdrohung.

Die Basis hatte sich, damals sensationell, gegen den Wunsch der Oberen für einen Baustopp beim Schnellen Brüter ausgesprochen. Sechs FDP-Abgeordnete, die den Delegierten-Beschluß umsetzen wollten, gaben im Bundestag mit einer Stimmenthaltung klein bei, als alle vier FDP-Minister mit Demission drohten.

Helga Schuchardt, damals FDP-Rebellin und heute parteilose Wissenschaftsministerin in Niedersachsen, hat den Atom-Krach als Lehrbeispiel innerparteilicher Oligarchie erlebt: »Parteitagsbeschlüsse sind der Polit-Prominenz doch völlig egal. Was mißliebig ist, wird in der Fraktion glattgebügelt.«

Wenn die CDU-Basis, wie 1988 in Wiesbaden, um die Reform des Abtreibungsparagraphen 218 zehn Stunden lang über die »Würde von Eisprung und Samenzelle« (tageszeitung) streitet, gilt das schon als rühmliche Ausnahme auf einem Konvent der Christdemokraten.

Daß innerparteiliche Demokratie dort sonst allenfalls Worthülse ist, erklärt der Publizist Peter Grafe mit dem Phänomen des »konsensbildenden Faktums« - der Regierungsbeteiligung: Wohlverhalten und Loyalität sind eins. Die CDU, wann immer sie den Regierungschef stellt, läßt sich zum ergebenen PR-Unternehmen für den Mann auf dem Kanzlersessel degradieren - weit über das in den wenig streitfreudigen deutschen Parteien übliche Harmoniemaß hinaus.

Das war schon immer so. Ungestraft durfte Kanzler und Parteichef Konrad Adenauer spötteln, seine Partei sei »ein Wesen, das in Wirklichkeit gar nicht existiert«. Ohne Widerspruch blieb, wenn er Parteitage als »Propagandatage« klassifizierte und sich einer ernsthaften Diskussion seiner Politik regelmäßig versagte. Zweifelhafte Frucht seiner Arbeit als CDU-Vorsitzender: Bis Ende der sechziger Jahre gab es nur dreimal eine Kampfabstimmung auf Bundesparteitagen.

Daß bis heute »praktisch nur die Partei-Elite politisch-programmatisch diskutiert« (Radunski), liegt daran, so wissen Kohl-Kenner, daß der Kanzler sich schon vor langer Zeit die Erkenntnisse Allensbacher Empirie zu eigen gemacht hat.

Die um das Wohl der Konservativen stets besorgte Meinungssucherin Elisabeth Noelle-Neumann meinte in Umfragen herausgefunden zu haben, daß öffentlicher Streit der CDU schweren Schaden zufüge. Und tatsächlich kam Kohl an die Macht, nachdem es ihm - sein ewiger Rivale Franz Josef Strauß hatte 1980 den Kampf um die Kanzlerschaft verloren - gelungen war, den innerparteilichen Dauerstreit zu beenden.

Querdenker wie Radunski wissen, daß die Parteiführung, will sie Parteitage als »Initialzündungen für die Politisierung der Bevölkerung« nutzen, »weit mehr kontroverse Themen als bisher anbieten« muß. Doch der Parteitheoretiker Dettling, der immer noch die Vision einer »öffentlichen Streitkultur« hat, in der Streit zur Normalität gehört, ahnt: »Das ist alles so schwierig, weil es die Urtypen deutscher Seele berührt - die Harmoniesucht zum Beispiel.«

Dort, wo die deutsche Seele am innigsten west, ist die Parteiwelt noch in Ordnung - in Bayern. Subtile Vorstandsgewalt gegen das Fußvolk, Aufmucken gegen die Parteilenker, mutig artikulierte Wut auf dem Parteitagspodium - »das gibt es bei uns nicht«, sagt CSU-Vize Edmund Stoiber und verweist auf die »herzliche Geschlossenheit« zwischen Basis und Parteiführung.

Die Willensbildung in der CSU, gibt Stoiber zu, funktioniere »nicht nach dem klassischen Modell«, sondern in kleineren Gremien wie Bezirksparteitagen, dem Parteiausschuß, der Landtagsfraktion oder, auf Parteitagen, in den Arbeitskreisen. Daß die Parteitage daher durchaus »bloße Legitimatoren längst und woanders gefällter Entscheidungen« sind, hat auch der Passauer CSU-Forscher Alf Mintzel bestätigt - aber ebenso die »große politische Konformität zwischen Führern und Geführten«.

Das soziologische Fundament solch harmonischen Gleichklangs liegt in der sozialen Homogenität der Bauern- und Handwerker-Partei: Mehr als 80 Prozent der Mitglieder sind katholisch. Die in allen anderen Parteien typischen und immer wieder aufbrechenden Rechtslinks-Konflikte hat es in der CSU nie gegeben. Der ideologische Konsens ist nahezu absolut; und wenn Delegierte einbis zweimal in zehn Jahren aneinandergeraten, dann sind regionale Kabbeleien um die Machtbalance die Ursache.

In keiner Partei läßt sich die Basis mit so wenig Druck ruhigstellen. 60 von 110 Anträgen sind beim Parteitag Ende November in München so brav formuliert, daß die Führung den 1100 Delegierten nur »Zustimmung« empfehlen kann. Auch das große, seit zehn Jahren einzig wirkliche Streitthema »Tempolimit« wird gerade noch 38 Minuten im Plenum diskutiert - danach setzen sich mit 90 Prozent die Anhänger der »Freien Fahrt für freie Bürger« durch.

1100 Polit-Marionetten in der Bayernhalle beim CSU-Parteitag - das macht einfach nichts in Bayern. Die Fremdbestimmung gilt den Delegierten als normal und wird nur jenseits der weißblauen Grenzen als Kritik der »Sprachlosen« und als »nahezu gespenstisch« empfunden (Frankfurter Rundschau).

Tatsächlich muckt niemand auf, wenn 107 Anträge im »Weltrekordtempo« (Süddeutsche Zeitung) von ein paar Parteitagsstunden erledigt weden - oder wenn ein Parteitagspräside wie Franz Heubl Diskussionen mit dem Satz beendet: »Oder möchte partout noch jemand das Wort haben?«

Es hat sich in der Nach-Strauß-Ära nicht viel geändert. Im Gegensatz zur Hauspostille Bayernkurier ("Die Uhren gehen deshalb anders, weil sie von der CSU anders gestellt werden") sieht lediglich Politologe Mintzel »ein parteienrechtliches Problem, wenn Parteitage nur noch ein Akklamationsorgan für die Steuerungstechniken der Partei-Eliten sind«.

Wie sich in Dresden die 1000 CDU-Delegierten (750 aus Deutschland-West, 250 aus dem Osten) verhalten werden, erwartet CDU-Stratege Radunski mit Spannung. Seine Berliner CDU will mit dem Antrag »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« einen konkreten Schritt für die Annäherung der deutsch-deutschen Lebensverhältnisse getan wissen.

Der Ex-Bundesgeschäftsführer und heutige Berliner Senator ahnt, daß seiner Parteispitze soviel Gleichheit zuviel ist. Jetzt selbst Teil des Parteitagsfußvolks, hat er sich für Dresden Mut gemacht: »Die Basis muß zäh sein können.«

* CSU-Parteitag im November in München.

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